Spiele-Test

"Rise of the Ronin" mixt "Assassin's Creed" mit "Nioh"

Ein Hardcore-Rollenspiel wie von Team Ninja gewohnt ist "Rise of the Ronin" zwar nicht geworden, dafür dürfte das Werk aber auch Neulinge begeistern.

Rene Findenig
"Rise of the Ronin" mixt "Assassin's Creed" mit "Nioh"
"Rise of the Ronin" sieht zwar wie "Nioh" aus, geht beim Gameplay aber eigene und einsteigerfreundliche Wege.
PlayStation

In unserer Vorschau auf den Action-Rollenspiel-Hit deutete es sich bereits an, nun dürfen wir unsere kompletten Test-Eindrücke mit euch teilen! Also, los geht es: Team Ninja lieferte mit "Nioh" ein Action-Rollenspiel ab, das sich in Sachen Härte und Schwierigkeitsgrad nicht vor den berüchtigten "Souls"-Spielen von From Software verstecken musste. Mit "Nioh 2" nahm man durch bessere Koop-Möglichkeiten und andere Kampf-Unterstützungen etwas an Härte raus, das Game war aber noch immer eines, an dem sich viele Spieler die Zähne ausbissen, während Hardcore-Zocker jubelten. Nun schafft das Entwicklerhaus mit dem am 22. März 2024 erscheinenden "Rise of the Ronin" für PlayStation 5 ein Kunststück, das zuletzt "Elden Ring" gelungen war – eine komplexe Kampf-Herausforderung auch für Anfänger zugänglich machen.

Es ist fast so, als würde man ein "Assassin's Creed" mit seiner offenen Spielwelt und seinen vielen Quests mit einem "Nioh" und seinen vielen Waffen und Kämpfen mischen. Während ein "Elden Ring" die härtesten Bosse optional macht und Spieler ganz selbst entscheiden lässt, in welche der unterschiedlich herausfordernden Regionen sie sich vorwagen wollen, geht "Rise of the Ronin" aber einen anderen Weg. Doch der Reihe nach. "Rise of the Ronin" verzichtet fast vollständig auf die Fantasy-Elemente der "Nioh"-Reihe und versetzt uns in ein realistisches Japan des späten 19. Jahrhunderts am Ende der Edo-Periode. Spieler werden – auch erzählerisch deutlich detaillierter – in den Konflikt des regierenden Tokugawa-Shogunats mit verschiedenen japanischen Fraktionen gezogen, die sich gegen westliche Einflüsse wehren.

Weit detailliertere Handlung und Charakter-Besonderheit

Eine weitere Besonderheit im PlayStation-5-exklusiven Titel neben der historisch akkuraten Darstellung der Geschichte ist der Start ins Game. Anders als bei recht ähnlichen Action-Rollenspielen erstellt ihr nämlich nicht nur einen, sondern gleich zwei Protagonisten – oder Protagonistinnen. Es handelt sich um ein in der Kampfkunst der Samurai ausgebildetes Zwillingspaar, das ausschließlich männlich oder weiblich oder aber auch männlich und weiblich sein kann. Mit diesem startet man in die Handlung, in der die "Schwarze Flotte" des Westens auf das Chaos-gebeutelte Japan zusegelt und Krieg, Hunger und politische Unruhen herrschen. Klar, "Rise of the Ronin" ist keine historische Dokumentation und lässt sich jede Menge kreativen Freiraum bei der Entfaltung, die realen Geschehnisse werden aber weit genauer, ausführlicher und realistischer erzählt, als das in einem Action-Rollenspiel bisher der Fall war.

1/10
Gehe zur Galerie
    Team Ninja will mit "Rise of the Ronin" ein Kunststück schaffen, das zuletzt <a data-li-document-ref="100192621" href="https://www.heute.at/s/elden-ring-im-test-groesser-besser-einfach-epischer-100192621">"Elden Ring"</a> gelungen war – ...
    Team Ninja will mit "Rise of the Ronin" ein Kunststück schaffen, das zuletzt "Elden Ring" gelungen war – ...
    PlayStation

    Und das Game bindet die Spieler auch von der ersten Sekunde an besser an die Protagonisten, als das ein "Elden Ring", "Dark Souls" oder "Bloodborne" mit seinen meist namenlosen Haupt-Charakteren konnte. Anders als in den "Nioh"-"Vorgängern" gibt es dieses Mal auch sehr ausführliche Videosequenzen und noch dazu eine (hervorragende) deutsche Sprachausgabe. Was Soulslike gerne zum Ende hin verbauen, nutzt "Rise of the Ronin" gleich von Anfang an: Je nach Entscheidungen von Spielern nimmt die Geschichte dramatische Wendungen, statt einfach nur drei, vier oder fünf verschiedene Enden zu präsentieren. Das sorgt von Beginn an für einen immensen Wiederspielwert. Gestartet wird damit, sich auf eines der Schiffe der "Schwarzen Flotte" zu schleichen. Schon in den ersten Kämpfen zeigt sich, dass Team Ninja das "Nioh"-Gameplay nicht ganz über Bord geworfen hat. Wieder dreht sich aber alles um Ki.

    Trotz kniffliger Konter-Mechanik fühlen sich Neulinge wohl

    Ki bestimmt wie in anderen Spielen meist die Ausdauer, wie oft und stark wir die vielen Feinde hintereinander attackieren können, bevor sich die Energie wieder erholen muss, wir also quasi einige Momente lang nicht angreifen können beziehungsweise wehrlos sind. "Nioh"-Spieler kennen dies bereits, immerhin war das Ki-Management mit dem Drücken der richtigen Taste nach einem Angriff der entscheidende Faktor, um es durch die beiden Teile und ihre knallharten Bosse zu schaffen. Und auch die übrigen Elemente kennt man so von Soulslikes: Je nach Feind und Situation wählen wir zwischen leichten und starken Attacken, unsere Waffe können wir mit verbrauchbaren Items zusätzliche, vorübergehende Effekte wie eine Feueraura verleihen und feindliche Angriffen lässt sich entweder ausweichen oder man kontert Attacken.

    Und dann springt der Funke über! "Konterfunken" nennt sich in "Rise of the Ronin" das Parieren von feindlichen Attacken, für das es wieder das richtige Timing braucht. Pariert man im letzten Moment, in dem die Spielfigur von einer Attacke getroffen würde, nimmt man selbst keinen Schaden, dem Gegner dafür aber sein Ki. Das macht ihn einige Momente lang wehrlos gegen nachsetzende Angriffe. Das System spielt sich ähnlich wie jene Parier-Mechaniken von "Bloodborne" und "Sekiro: Shadows Die Twice" und muss geübt werden, bis es sitzt. Es ist aber nicht ganz so unverzeihlich, Gegenattacken kann man schon mal einstecken, ohne direkt ins Gras zu beißen. Dennoch ist ein Erlernen der Bewegungs- und Angriffs-Muster der Feinde notwendig, denn die Feinde sind brutal. Aber: Trotzdem werden sich auch Neulinge wohlfühlen. 

    Viele bekannte Soulslike-Mechaniken, aber nicht so brutal

    Fast schon ein Affront gegenüber Hardcore-Rollenspiel-Fans ist der aus drei Stufen wählbare Schwierigkeitsgrad, "Soulslikes" sollen schließlich für alle Spieler gleich und auch noch möglichst schwer sein. Aber es ist auch deshalb etwas leichter, weil es bei vielen Feinden nicht zwingend notwendig ist, die Attacken perfekt zu parieren – bei einigen Bossen allerdings schon. Trotzdem gilt in vielen Fällen, dass man sich das Gameplay selbst so leicht oder schwer machen kann, wie es einem beliebt – man kann entweder schleichen und Gegner einzeln überraschen oder sich frontal ganzen Gruppen im Massenkampf stellen. Beim Schleichen ist es zudem noch weit ausführlicher als in "Sekiro" möglich, einzelne Feinde gleich komplett mit einer Aktion aus dem Hinterhalt auszuschalten. Wer also Geduld hat, braucht in sehr vielen Fällen gar kein Können mitbringen, um die meisten Gegner direkt besiegen zu können.

    "Rise of the Nioh" ist eine  Art "Anti-Bloodborne", denn hier wird abwartendes und defensives statt schnelles und offensives Gameplay belohnt. Auch in Sachen Bewegungsfreiheit ist man ungebundener als in einem "Nioh" oder "Sekiro": Per Ankerhaken schwingt man sich von Dach zu Dach, per Gleitschirm legt man weitere Strecken in der Luft zurück und die Levels der Missionen sind zwar nicht komplett frei erkundbar, bieten aber immer wieder große Bereiche, in denen man sich umsehen oder Finde komplett umgehen kann. Will man so, kann man die Spielwelt durchaus auf Open World bezeichnen. Die einzelnen Hilfsmittel und Werkzeuge nutzen euch in dieser aber nicht nur zur Fortbewegung, sondern auch im Kampf. So lassen sich Objekte per Haken auf Feinde schleudern oder Attentate aus der Luft ausüben – nur kleine Kostproben davon, was das Spiel im weiteren Verlauf noch bereithält.

    Banner statt Leuchtfeuer, aber man erkennt das Konzept

    "Verborgene Schmiede-Banner" wiederum agieren als die traditionellen Soulslike-Punkte, an denen man sich in Levels stärken und durchschnaufen kann. Allerdings auch hier zum Preis, dass die meisten bereits besiegten Feinde eines Levels wieder auferstehen. Ganz so brutal wie bei den Mitbewerbern ist das aber dennoch nicht, denn einerseits kann man sich an den Punkten deutlich umfassender mit Stärkungen eindecken, andererseits gibt es deutlich mehr Feinde in den Missionen, die trotz Rast nicht erneut auftauchen. "Würdige Gegner" nennt das Spiel die etwas stärkeren Feinde, die mitsamt ihrem Gefolge auch dauerhaft besiegt bleiben. Und letztlich auch bei den Waffen gibt es mehr Auswahl – "Rise of the Ronin" motiviert euch, mit unterschiedlichen Gerätschaften wie Schwertern, Speeren und Schießeisen parallel zu experimentieren, statt eine einzelne Waffe immer weiter hochzuleveln und sie nie wegzulegen.

    Ist man anfangs im "Prolog", der euch auch gleich als Tutorial dient, noch in sehr begrenzten Gebieten unterwegs, geht es danach in große und offene Gebiete, die bis auf künstliche Barrieren nach Belieben erkundet werden können. Ganz frei ist man auch hier nicht, immerhin aber darf man neben der Erkundung auch den abwechslungsreichen Haupt- und Nebenmissionen nachgehen. Um die Strecken zwischen den Tätigkeiten zurückzulegen, stehen uns ein Reitpferd, der genannte Greifhaken und, falls wir höhere Gebäude und Strukturen zum Abspringen finden, auch ein Gleitschirm zur Verfügung. Grafisch sieht "Rise of the Ronin" indes nicht nur wegen der abwechslungsreichen Landschaft klasse aus. Ganz auf Hochglanz getrimmt ist das Game zwar nicht, dank Raytracing, superflüssiger Darstellung und detailreichen Umgebungen steckt es ein "Elden Ring" oder "Nioh" aber locker in die Tasche.

    Fazit: "Rise of the Ronin" mixt "Assassin's Creed" mit "Nioh"

    Anders als viele "Soulslikes" und ganz Rollenspiel bietet uns "Rise of the Ronin" auch die Möglichkeit, das Abenteuer im Koop zu erleben und noch dazu mit jeder Menge NPCs nicht nur für Lore und Loot zu kommunizieren, sondern auch die Welt damit zu verändern. Ein richtiges Beziehungssystem gibt es im Game zwar nicht, dafür wirken sich aber Taten und Worte auf das Setting, die Entwicklung der Handlung und das Überleben von verschiedenen Figuren aus. Zurück zum genannten Vergleich, dem Mix aus "Assassin's Creed" und "Nioh". "Rise of the Ronin" ist schlussendlich ein "Soulslike light", das auch Anfänger die Spannung von knackigen Kämpfen erleben lässt und Handlung, Ausrüstung und Fähigkeiten gut erklärt. "Souls"-Profis sollten deshalb aber nicht die Nase rümpfen, der höchste Schwierigkeitsgrad wird ganz nach ihrem Geschmack sein.

    rfi
    Akt.