Politik

Rudi Anschober zeigt nach Rücktritt sein neues Leben

Persönlicher Blog statt Minister-Seite, Hunde-Spaziergang statt Büro-Terminen: Rudi Anschober zeigt sein "neues Leben" nach seinem Rücktritt.

Rene Findenig
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Altes Foto, neues Leben: So zeigt sich Anschober nach seinem Rücktritt auf Facebook.
Altes Foto, neues Leben: So zeigt sich Anschober nach seinem Rücktritt auf Facebook.
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"Ich verbringe meine freie Zeit gerne in der Natur - liebe ausgedehnte Spaziergänge mit meinem Golden Retriever Agur und gutes, selbstgekochtes Essen!", steht nun auf der einstigen Facebook-Ministerseite von Rudi Anschober. Nach seinem Rücktritt als Gesundheitsminister hat der Grünen-Politiker seine Seite in einen "persönlichen Blog" umgewandelt und erstmals ein Foto seines "neuen Lebens" nach dem Amt des Gesundheitsministers veröffentlicht.

Das Bild zeigt Anschober mit seinem Hund, beide genießen die Sonne auf einer Blumenwiese. Allerdings: Das Bild selbst stammt vom 27. Juni 2017 – es zeigt aber trotzdem gut, in welche Richtung die nahe Zukunft des Ex-Ministers geht. Unter dem Posting stapeln sich Gratulations- und Genesungswünsche für Anschober. Viele User berichten auch davon, wie sehr sie die Abschiedsrede Anschobers bei seinem Rücktritt bewegt habe.

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    Rudolf "Rudi" Anschober, Jahrgang 1960 und aus Wels, arbeitete sieben Jahre lang bis 1990 als Volksschullehrer. 1990 zog er für die Grünen als Verkehrs-, Sicherheits- und Atomsprecher in den Nationalrat ein.
    Rudolf "Rudi" Anschober, Jahrgang 1960 und aus Wels, arbeitete sieben Jahre lang bis 1990 als Volksschullehrer. 1990 zog er für die Grünen als Verkehrs-, Sicherheits- und Atomsprecher in den Nationalrat ein.
    picturedesk.com

    Zum Start seiner "persönlichen Erklärung" vor wenigen Tagen stockte Rudi Anschober erst die Stimme, dann bebte sie. "Es hat mit großer Freude begonnen", sagte Anschober am Dienstag zu seiner damaligen Übernahme des Gesundheitsministeriums und seiner "sehr schönen, herausfordernden" Tätigkeit vor rund 15 Monaten. Und dann: "Die letzten 15 Monate haben sich eher wie 15 Jahre angefühlt."

    Vor 14 Monaten habe die Pandemie alles über den Haufen geworfen und das Gesundheitsministerium sei zur zentralen Steuereinheit des Landes geworden. "Unvorstellbar, was das für dieses Haus, für jeden einzelnen Mitarbeiter bedeutet hat. Verantwortung, Belastung, auch Überlastung", so Anschober. Und ja, das gestand Anschober ganz offen, es seien auch Fehler passiert: "Es ist Neuland, das wir beschritten haben und das wir täglich beschreiten."

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      Rudolf Anschober gab am Dienstag seinen Rücktritt bekannt.
      Rudolf Anschober gab am Dienstag seinen Rücktritt bekannt.
      ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

      Während es in der ersten Corona-Welle einen immensen Zusammenhalt der Bevölkerung gegeben habe, habe Anschober dann in der zweiten Welle eine Spaltung der Gesellschaft, Wut und Aggression gespürt – auch privat, berichtete er. "Es sind Morddrohungen gekommen, ich bin seit November unter Polizeischutz gewesen." Und: "Es wurden auch mir nahestehende Personen bedroht", verriet Anschober. Seine "Quelle der Energie" sei zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dagewesen.

      "Ich habe in diesen 14 Monaten versucht, alles zu geben, mit aller Kraft", so Anschober. "Ich habe seit 14 Monaten praktisch durchgearbeitet. Ich habe mich ganz offensichtlich überarbeitet", so Anschober. Er fühle sich "nicht mehr fit, mir ist zunehmend die Kraft ausgegangen." Ganz offen berichtete Anschober über seine gesundheitlichen Probleme: Beginnender Tinnitus, steigende Zucker- und Blutdruckwerte, Kreislaufschwäche und Kollaps mit anschließendem Spitalsaufenthalt.

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        Oktober 2000 bis April 2003: Herbert Haupt (FPÖ, links im Bild)
        Oktober 2000 bis April 2003: Herbert Haupt (FPÖ, links im Bild)
        HANS KLAUS TECHT / APA / picturedesk.com

        "Da hat man keine Kraft mehr, das ist, wie wenn ein Stecker herausgezogen wird", so Anschober. "Mir ist die Kraft ausgegangen". Er habe schnell gemerkt: "Ich muss für mich eine Notbremse ziehen." Das sei allerdings aktuell nicht möglich gewesen: "Diese Pandemie macht keine Pause, da kann auch der Gesundheitsminister keine Pause machen. Die Republik braucht einen Gesundheitsminister, der zu 100 Prozent fit ist."

        "Ganz klar formuliert: Ich will mich auch nicht kaputtmachen", so Anschober, kurz darauf kamen ihm die Tränen. Er habe mit seinen Ärzten gesprochen und entschieden, seine Funktion als Gesundheitsminister niederzulegen. Hochemotional verabschiedete sich Anschober schließlich: "Irgendwann möchte ich meinen Traum verwirklichen und meinen ersten politischen Roman schreiben. Es bleibt mir zum Schluss nur mehr, mich zu bedanken." Sein Dank gelte seiner Partnerin, der Kabinetts-Chefin und seinem Team sowie Vizekanzler Werner Kogler, "Und Ihnen sag ich 'Auf Wiedersehen'", so Anschober, bevor er die politische Bühne verließ.