Politik

"Schlimmer als Pandemie" – Koglers knallharte Putin

Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg und Teuerungs-Krise stellen die Regierung vor enorme Herausforderungen. "Das wird nicht einfach", sagt Werner Kogler.

Roman Palman
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Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates.
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) im Rahmen einer Sondersitzung des Nationalrates.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

Auf Turnschuhen verkündete Ex-Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein neben Interims-Kanzler Alexander Schallenberg und Landeshauptleuten im November 2021, die Verhängung einer allgemeinen Corona-Impfpflicht. Nach acht Monaten wurde diese nun im Polo-Hemd zu Grabe getragen. "Bringt nichts", erklärte Mückstein-Nachfolger Johannes Rauch am Donnerstag. Noch vor der Sommerpause soll die entsprechende Gesetzesnovelle von der türkis-grünen Koalition durchs Parlament gepeitscht werden.

In der "Kleinen Zeitung" erklärt nun Vizekanzler Werner Kogler, wieso die Regierung plötzlich vom eigenen Impfpflicht-Beschluss wieder abgekommen ist. "Dass die Pflicht geeignet ist, die Leute zum Impfen zu bewegen, war nicht mehr erkennbar", sagt der Grünen-Chef. Zudem sei das Gesetz "derzeit nicht verhältnismäßig".

Offen spricht der 60-Jährige die Spaltung der Gesellschaft an: "[Die Impfpflicht] hat Gräben in der Bevölkerung aufgerissen" und verteidigt den nunmehrigen Rückzieher: "Manchmal auch sinnvoll, einen Schritt zurückzugehen."

Vertrauen zurückgewinnen

Dass die Impfpflicht zu so einem Streitthema werde, habe natürlich nicht überrascht: "Aber in so außergewöhnlichen Situationen wie einer Pandemie kann nichts zu hundert Prozent sicher sein. Im Nachhinein ist die Bewertung immer leichter", sagt der gebürtige Hartberger.

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    Schicksalstag 19. November 2021: Bei der Landeshauptleute-Konferenz in Pertisau am Achensee wurde die Corona-Impfpflicht beschlossen.
    Schicksalstag 19. November 2021: Bei der Landeshauptleute-Konferenz in Pertisau am Achensee wurde die Corona-Impfpflicht beschlossen.
    EXPA / APA / picturedesk.com

    Einen Zusammenhang zwischen dem plötzlichen Impfpflicht-Aus und anstehenden Wahlen dementiert er. Kogler hofft, mit "gut begründeten Entscheidungen" (wie dieser), das verlorengegangene Vertrauen in die Politik wieder zurückzugewinnen.

    "Schlimmer als Pandemie"

    Jetzt kommt zur ohnehin schlimmen Teuerung auch noch eine Gas-Krise dazu. Wladimir Putin dreht die Gas-Hähne Richtung Europa immer weiter zu. In Deutschland wurde bereits die Alarmstufe, die zweite von drei Stufen des dortigen Notfallplans, ausgerufen. Österreich ist diesen Schritt bisher nicht gegangen.

    Wir stünden kurzfristig besser da, weil wir verhältnismäßig größere Gasspeicher und Reserven hätten, erklärt Kogler. Allerdings sei hierzulande mittelfristig die Abhängigkeit von russischem Gas noch viel größer. Deshalb müsse man nun alternative Versorgungsmöglichkeiten auftun und den Ausstieg von fossilen Brennstoffen weiter forcieren.

    "Diese Regierung versucht, den Karren aus dem Dreck zu ziehen, in den ihn andere gefahren haben. Das wird nicht einfach", wettert der Grüne Vizekanzler. Putin setze Gas als strategische Waffe ein. "Ein Lieferstopp hätte Auswirkungen auf uns alle, die viel schlimmer sind, als jene der Pandemie."

    "Vorher kommt eine Millionärssteuer"

    Im weiteren Verlauf des Interviews stellte der Vizekanzler der ÖVP die Route ins Fenster. Mit den Grünen werde es kein Sparpaket geben, das jene belastet, die mit den aktuellen Maßnahmen gegen die Teuerung eigentlich entlastet werden sollten. Koglers klare Ansage: "Vorher kommt eine Millionärssteuer".

    Auch Millionenerben müssten dann einen Beitrag zur Umverteilung von Vermögen von oben nach unten leisten. "Das wird auch langfristig das Ziel sein, die Vermögenskonzentration an der Spitze hat zugenommen. In den nächsten Jahren werden viele Milliarden vererbt – so entsteht leistungsloses Einkommen", erklärt der Vizekanzler die Richtung der Grünen. 

    Klare Absagen von ÖVP

    Sozialminister Johannes Rauch hatte diese Idee bereits am Mittwoch – quasi nebenbei zur Ankündigung des Impfpflicht-Aus – vor versammelter Presse ventiliert. "Da geht es nicht nur um die alte Debatte Vermögens- und Erbschaftssteuer, sondern da geht es darum, die Funktionsfähigkeit des Staates zu erhalten", donnerte der Sozialminister. Die Grundidee müsse jetzt auf die Agenda kommen.

    Nur: in dieser Regierung könnten das Grüne Träume bleiben, denn eine solche Reichensteuer ist laut Rauch auch nicht Teil der geschlossenen Koalitionsvereinbarung. Die türkise ÖVP hat solchen Überlegungen bislang auch immer eine klare Absage erteilt. 

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