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So klagt eine Wiener Lehrerin über den Schul-Lockdown

Der Schul-Lockdown ab Dienstag fordert nicht nur Schüler und Eltern sondern auch Lehrende heraus. Eine junge Lehrerin berichtet. 

Marlene Postl
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Schulklassen steht bald wieder Distanzlehre bevor
Schulklassen steht bald wieder Distanzlehre bevor
Jens Büttner / dpa / picturedesk.com

Im ersten Lockdown sahen sich Lehrer mit harter Kritik konfrontiert. Der bevorstehende Schul-Lockdown stellt viele von ihnen jetzt vor die schwierige Aufgabe, abermals auf Distanzlehre umzustellen. Besonders in Volksschulen gestaltet sich das schwierig. Die 29-jährige Lehrerin Anna* (Name von der "Heute"-Redaktion geändert) unterrichtet in einer Brennpunktschule im 10. Bezirk. Sie hat jetzt einen Tag Zeit, um ein funktionierendes Konzept für Home-Learning auszuarbeiten.

Wie genau sich der Lockdown gestalten soll, ist nach wie vor unklar. Schulen werden zwar geschlossen, Kinder sollen aber trotzdem noch die Möglichkeit haben, betreut zu werden, wenn ihre Eltern berufstätig sind oder sie Lernschwierigkeiten haben. "Es liegt jetzt an mir, zu entscheiden, welche Kinder unbedingt Förderung brauchen. Ich unterrichte in einer bekannten Brennpunktschule in Favoriten. Wenn es danach geht, kann gleich meine ganze Klasse reinkommen. Es gibt keine Empfehlung, keine Leitlinie von Seiten der Regierung. Es fühlt sich so an, als würde man die Verantwortung auf uns abwälzen", erzählt die Lehrerin.

Bildungsminister kann sich nicht entscheiden

Laut der 29-Jährigen würden solche Maßnahmen in Kreisen mit einem höheren Bildungsstandard funktionieren, nicht jedoch an Schulen wo viele Kinder einen Migrationshintergrund haben. Besonders die erste Klasse sei prägend für ein Kind und daher sei eine genaue Betreuung wichtig. "Wenn ich mich jetzt um Kinder vor Ort kümmern soll, kann ich nicht gleichzeitig Präsenzlehre für die anderen Kinder online machen. Die Eltern zuhause mit den Kindern lernen zu lassen, ist für uns auch keine Lösung. Die Eltern meiner Schüler sind alle sehr bemüht, aber viele haben keine ausreichenden Deutschkenntnisse, um ihren Kindern die Sprache beizubringen. Man spürt, dass hinter diesen Maßnahmen kein Konzept steckt." 

Nach Ankündigung der Schulschließung in einer Pressekonferenz am Samstag traf zeitnah ein Brief des Bildungsministers bei Eltern und Erziehungsberechtigten ein. "Wenn Ihnen oder Ihren Kindern die Decke auf den Kopf fällt, dann lassen Sie Ihr Kind am besten vorübergehend wieder zur Schule gehen", war dort zu lesen.

Die Digitalisierung

Die Digitalisierung des Unterrichts birgt Herausforderungen. "Einige Familien haben nur einen Computer, aber mehrere Kinder. Die Kinder sind gewzungen, über ein Smartphone am Unterricht teilzunehmen." Zusätzliche Erschwernisse seien schlechter Internetempfang und kleine Wohnungen, in denen Kindern aus verschiedenen Schulstufen gezwungen seien, nebeneinander zu arbeiten.

Wie das Bildungsministerium gegenüber "Heute" erklärt, wurden bereits 11.000 Laptops ausgegeben. Jedes Kind, das Betreuung braucht, soll diese auch in der Schule bekommen. Und: Ein fehlender Laptop zu Hause ist ein valider Grund, das Kind zur Betreuung in die Schule zu schicken, wo es eine Lernbegleitung gibt.

Anna ist zuversichtlich: "Ich glaube, wir können das trotz allem schaffen. Ich möchte mich auf jeden Fall bei den Eltern bedanken. Sie sind nach wie vor sehr bemüht und ausgesprochen verständnisvoll. Irgendwie werden wir es hinbekommen, für die Kinder."