Alisha Lehmann ist die bekannteste Fußballerin der Schweiz. Die 26-Jährige ist Teil des 36-Frau-Kaders. Sie und 35 Kolleginnen hoffen, ein Teil des finalen EM-Kaders zu sein, das Trainerin Pia Sundhage am 23. Juni bekannt gibt. Ob Lehmann bei der Heim-EM dabei ist? Sie muss bangen.
Nebst der sportlichen Ungewissheit muss sich Lehmann zudem mit stetiger Kritik auseinandersetzen. Etwa seitens der ehemaligen Schweizer-Nationalspielerin-Spielerin Lara Dickenmann. Beim "Blick" fand sie klare Worte: Mit all ihren Aktivitäten abseits des Platzes habe Lehmann eigentlich einen "200-Prozent-Job": "Das beeinträchtigt natürlich die fußballerische Entwicklung und Leistung." Doch stimmt das?
"Alisha ist eine unglaublich gute Spielerin und eine großartige Persönlichkeit", sagt Johan Djourou gegenüber "20 Minuten". Er ist sportlicher Koordinator des Frauen Nationalteams der Schweiz und regelmäßig mit den Spielerinnen im Austausch. "Klar, sie spielt momentan nicht viel bei Juventus, aber das passiert im Fußball. Wichtig ist, dass sie immer 100 Prozent gibt und sich voll in das Team integriert."
Auch die ehemalige Spielerin Rachel Rinast stellt sich vor Lehmann. Sie findet die gesamte Kritik "ziemlich traurig". "Sie investiert viel in den Fußball. Das weiß jede Person, die Alisha kennt. Dass sie eine spezielle Erscheinung ist, darüber muss man nicht diskutieren", sagt Rinast. "Aber deshalb ist sie auf Social Media ja auch ein Star. Schade, dass man ihr das nicht gönnt. Ich glaube, die ganze Kritik blockiert sie auch zu einem gewissen Grad." Die ganze Aufmerksamkeit sei Fluch und Segen zugleich für Lehmann.
Ob Lehmann Teil des EM-Kaders sei? Rinast betont hier die großen Qualitäten der Ex-Teamkollegin - insbesondere ihre Schnelligkeit. "Ich weiß, dass sie der Schweiz helfen kann." Am Ende hält Rinast noch fest, dass Lehmann Gold wert für den Frauenfußball sei. "Es ist schade, dass man sie dafür bestraft."
Sarah Guggisberg verteidigt Alisha Lehmann auf Instagram. Gerichtet an die Hater meint sie: "Schade, dass ihr immer wieder so negativ über meine Tochter lästern müsst. Sie ist geschminkt, ja und? Sie spielt seit Jahren in der höchsten Liga. Ganz sicher nicht, weil sie sich nur schminkt." Und weiter: "Ihr kennt sie überhaupt nicht und wisst nicht, was für ein wunderbarer Mensch sie ist. Und bekannt wurde sie wegen ihrer fußballerischen Leistung und nicht wegen ihrer Schminke."
Die ehemalige Profi-Fußballerin und jetzige Bestseller-Autorin sowie Fußball-Moderatorin kennt Lehmann sehr gut. "Zu sagen, sie sei ‹keine richtige Fußballerin›, nur weil sie 16 Millionen Follower hat, ist schlicht unfair", sagt sie. "Alisha ist in erster Linie Sportlerin und erst danach Influencerin – und daran ist überhaupt nichts falsch."
Solche Vorwürfe könne man vielleicht einem männlichen Fußballstar machen, der 15 Millionen im Jahr verdiene, so Maceri. "Da kann man sagen: Bitte bleib unter der Woche von der Fashion Week in Paris fern. Aber bei einer Frau wie Alisha, die ihre Leistung bringt, sich an Verträge hält und pünktlich beim Training ist – warum sollte man ihr das vorwerfen?"
Nur weil Lehmann Fußballerin sei, heiße das nicht, dass sie sich ausschließlich darüber definieren müsse. "Mit dem, was Frauen im Fußball verdienen, reicht es in vielen Fällen schlicht nicht zum Leben", so Maceri. "Sie finanziert sich über Sponsorendeals – und das ermöglicht ihr, sich voll auf ihren Sport zu konzentrieren, ohne einen Nebenjob machen zu müssen, der ihr Zeit und Energie fürs Training rauben würde."