Politik

SJ-Chef Stich: "Auf die Jugend wird konstant vergessen"

In weniger als drei Wochen beginnt das neue Schuljahr. Der SJ-Vorsitzende bezeichnet das Sicherheitskonzept des Bildungsministers als "leere Phrasen".

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Paul Stich, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Österreich (SJ), im <em>"Heute"</em>-Interview.
Paul Stich, Vorsitzender der Sozialistischen Jugend Österreich (SJ), im "Heute"-Interview.
Clemens Pilz

Distance-Learning wurde zum geflügelten Wort und der Begriff Schulcluster bekam eine neue Bedeutung. Die letzten drei Schulsemester hätten nicht turbulenter und chaotischer sein können und sind nicht spurlos an Österreichs Schülern vorbeigezogen. Eine aktuelle Studie von Mario Steiner vom Institut für Höhere Studien (IHS) zeigt, dass die Umstellung auf Fernunterricht vor allem bei benachteiligten Schülern Kompetenzverluste gebracht hat.

Während der Sommerferien präsentierte Bildungsminister Heinz Faßmann den Plan für den Schulstart im Herbst, der mehrere Schwerpunkte beinhaltet: Der Präsenzunterricht im neuen Schuljahr soll durch ein Frühwarnsystem, eine erweiterte Teststrategie, Impfen und Luftreinigungsgeräte gesichert werden. SJ-Vorsitzende Paul Stich ging beim "Heute"-Interview in den Angriffsmodus, da ihm bestimmte Planungsdetails vom ÖVP-Ministerium fehlen (Video unten).

Stich wettert gegen Plan

Paul Stich malt ein Albtraum-Szenario für Jugend: "Letzte Woche hat sich der Bildungsminister erbarmt, uns seine Pläne für den Schulstart mitzuteilen. Man muss ganz klar sagen, dass nur leere Phrasen und schöne Worte alleine sind zu wenig sind. Wir befürchten, dass wir auf ein ähnliches Chaos wie im Herbst zusteuern, wo Jugendliche in der Prioritätenliste ganz nach unten rutschen."

"Wenn sich eine Sache seit Beginn der Pandemie durchzieht, dann dass auf Jugendliche konsequent und konstant vergessen wird."

Konkret kritisiert er die "Inhaltsleere" des Faßmann-Plans: "Das Konzept des Bildungsministers geht in Schlagworten in die richtige Richtung, aber diese Schlagworte alleine werden zu wenig sein. Nehmen wir die Tests als bestes Beispiel: Wir erwarten, dass selbst geimpfte Personen zwei- bis dreimal einen PCR-Test machen. Für Schülerinnen und Schüler, die in einem Raum zwangsläufig eng zusammenkommen – im besten Fall ohne Maske – soll ein PCR-Test pro Woche reichen. Man spart hier wiedermal an der falschen Stelle."

Auch die Besorgung der Luftreinigungsgeräten in Höhe von zehn Millionen Euro hält er für mangelhaft: "Es wurde angekündigt, es sollen 10.000 kommen, bei knapp über 50.000 Klassen in diesem Land. Da denkt man sich schon nach 18 Monaten, wieso bekommt nicht jede Klasse so ein Luftfiltergerät. Es ist auch fraglich, ob das in dreieinhalb Wochen überall installierbar ist."

Schulschließung als letzte Option

Angesprochen auf abermalige Schulschließungen, stellt Stich klar: "Letztes Jahr hatten wir die Situation, dass Einkaufszentren und Skilifte offen waren, aber die Schulen zu. Das geht sich nicht aus. Schülerinnen und Schüler müssen die Priorität bekommen, die sie verdienen. Es muss sichergestellt werden, dass Schulen, als letzte zusperren und als erste wieder aufmachen."

Laut dem SJ-Chef darf der lockdownbedingte Kompetenzverlust und Nachholbedarf der Schüler nicht unter den Teppich gekehrt werden: "Man kann jetzt nicht zur Normalität übergehen, als hätte es die letzten 18 Monate nicht gegeben. Es braucht ganz klar mehr Ressourcen und Lehrkräfte sowie ein besseres Betreuungsverhältnis in der Schule. Es braucht aber auch Mittel für ganztägige Betreuungen. Beispielsweise wird eine Volksschülerin, die von 8 bis 12 Unterricht hat, am Nachmittag den Stoff wohl kaum selbstständig nachholen. Für jedes Kind muss es eine ganztägige, pädagogisch sinnvolle Betreuung geben."