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So hat eine Bank weltweit die Börsen abstürzen lassen

Eine Bank in Kalifornien macht einen Milliardenverlust – und die Aktienkurse krachen weltweit zusammen. Wie ist das möglich? Ein Ökonom ordnet ein.

Die US-amerikanische Silicon Valley Bank hat mit dem Verkauf von Wertpapieren 1,8 Milliarden US-Dollar verloren.
Die US-amerikanische Silicon Valley Bank hat mit dem Verkauf von Wertpapieren 1,8 Milliarden US-Dollar verloren.
REUTERS

Aktien rauf, Anleihen rauf, Bitcoin rauf: Der Start ins Börsenjahr 2023 war gut. Nach dem enttäuschenden letzten Jahr sprachen die Anlegerinnen und Anleger plötzlich von einer "weichen Landung", die Angst vor der Rezession schien verflogen. Auch die Inflation und die steigenden Zinsen rückten wieder in den Hintergrund.

Dieser Optimismus ist über Nacht schlagartig verschwunden. Vor allem die Kurse von Banken sind stark eingebrochen, aber auch der Bitcoin hat an Wert verloren. Und ein Unternehmen, das in Österreich bis jetzt kaum jemand kannte, hält die Finanzwelt in Atem: die Silicon Valley Bank aus Kalifornien.

Was ist das für eine Bank? Und gehts jetzt weiter abwärts? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Was ist passiert?

Die Deutsche Bank verlor am Freitag fast zehn Prozent an Wert, die Credit Suisse zeitweise über acht Prozent. Ausgelöst hat den Kurssturz die US-amerikanische Silicon Valley Bank: Sie verbuchte am Donnerstag an der Wall Street ein Minus von gut 60 Prozent. Am Freitag setzte sich der Ausverkauf fort.

Was ist das für eine Bank?

Die Silicon Valley Bank ist auf die Finanzierung von Start-ups spezialisiert und eng mit dem Technologiesektor verbunden. Das Institut vermeldete am Mittwochabend einen Verlust von 1,8 Milliarden US-Dollar beim Verkauf von Wertpapieren und musste deswegen eine Kapitalerhöhung ankündigen.

Wie kann eine einzelne Bank die Börsen zum Absturz bringen?

Das Minus bei der Silicon Valley Bank habe den Märkten ein Signal ausgesendet – "Achtung, hier läuft etwas falsch!" – sagt Matthias Geissbühler, Anlagechef bei Raiffeisen Schweiz. Anlegerinnen und Anleger gingen offenbar davon aus, dass andere Banken mit ähnlichen Problemen kämpfen. Das habe dazu geführt, dass viele ihre Bankaktien verkauften, was die Kurse zum Absturz brachte.

Steigende Zinsen sind schlecht für die Börsen – war das nicht absehbar?

Jein, sagt Geissbühler. Es stimme zwar, dass steigende Zinsen für die Börsen nicht gut seien. Die Aktienmärkte hätten aber seit Oktober stark zugelegt, der Arbeitsmarkt sei robust geblieben und die Inflation wieder zurückgegangen. Die Anleger hätten entsprechend mit einem baldigen Ende der Zinserhöhungen gerechnet. Nun zeige sich, dass der Markt bezüglich Zinsen und Inflation zu optimistisch gewesen sei.

Was bedeutet der Kurssturz für andere Banken?

"Banken funktionieren nur, wenn das Vertrauen in sie hoch ist", sagt Geissbühler. Und das Vertrauen in viele Banken bröckle gerade. Im Extremfall komme es dann zu einem Bank Run, so wie das 1991 bei der Spar- und Leihkasse Thun geschah. Die Kundinnen und Kunden wollten ihr Geld damals alle gleichzeitig abheben. Die überschuldete Bank konnte es nicht auszahlen – und viele verloren ihr Vermögen.

Nun ist von Liquiditätsproblemen die Rede. Was heißt das?

Normalerweise ist die Liquidität an den Börsen hoch: Der Handel floriert und Wertpapiere lassen sich schnell kaufen und verkaufen. Am Donnerstag war das anders: Viele wollten ihre Bankaktien abstoßen, doch kaufen wollte kaum jemand. Eine fehlende Marktliquidität führe oft zu starken Kursstürzen, sagt Geissbühler. Die tiefere Liquidität habe auch damit zu tun, dass viele Investmentbanken ihre Aktivität an den Börsen zurückgefahren haben.

Viele Kurse sind im Keller – soll ich jetzt wieder Aktien kaufen?

"Das ist riskant", sagt Geissbühler. Das Chancen-Risiko-Verhältnis für US-Aktien sei derzeit historisch schlecht und die Auswirkungen der steigenden Zinsen dürften sich in den kommenden Monaten immer stärker in der Wirtschaft bemerkbar machen. Er empfiehlt darum, mit Zukäufen besser noch zuzuwarten.

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    WIFO-Chef Gabriel Felbermayr in der ZIB2 mit Armin Wolf zu Inflation und Mietpreisbremse am 7. März 2023.
    WIFO-Chef Gabriel Felbermayr in der ZIB2 mit Armin Wolf zu Inflation und Mietpreisbremse am 7. März 2023.
    Screenshot ORF
    Kommt es nun doch zu einer Rezession?

    "Je stärker die Notenbanken die Zinsen erhöhen, desto wahrscheinlicher ist es, dass es zu einer Rezession kommt", sagt Geissbühler. Dafür braucht es laut Definition zwei Quartale mit negativem Wachstum in Folge. In den USA und den EU-Ländern sei das fast unausweichlich. Die Schweiz könne eine Rezession aber wohl knapp vermeiden, da sie vom starken Pharmasektor profitiere. Zudem falle der Zinserhöhungszyklus deutlich moderater aus als im Ausland, so Geissbühler.