"So schwul!" Ski-Superstar verrät Hass-Nachrichten

"Wenn mir jemand schreibt, ich würde mich ja ,so schwul‘ kleiden, ich solle mich doch umbringen – dann mache ich mir schon Gedanken", lässt der norwegische Ski-Star Lucas Braathen im Interview mit dem "Red Bulletin" tief blicken.
",Du bist schwul!', ,Das ist so schwul!', ,Warum bist du so feminin?', ,Statt auf deine Kleidung solltest du dich besser aufs Skifahren konzentrieren!' – meine Social-Media-Accounts sind voll mit solchen Kommentaren", erzählt Braathen weiter und merkt an. "Die Leute haben keine Ahnung, wer ich wirklich bin, also können sie mich auch nicht beleidigen. Insgeheim freue ich mich sogar über solche Reaktionen. Sie sind der Beweis, dass ich in diesen Menschen etwas auslöse. Ich entzünde einen Funken."
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Braathen ist ein Unikat im Ski-Zirkus – nicht nur wegen seinen lackierten Fingernägeln. Mit 22 Jahren ist er bereits 21 Mal umgezogen. Er hat eine brasilianische Mutter und einen norwegischen Vater. "Ich war drei, als sich meine Eltern trennten. Zuerst lebte ich bei meiner Mutter in Brasilien, dann bekam mein Vater in Norwegen das Sorgerecht. Zuerst war ich Fußballer und wollte werden wie Ronaldinho. Dann führte mich mein Vater ins Skifahren ein."
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Im Weltcup gewann er bereits fünf Rennen und hält einen Rekord: Nie machte ein Läufer einen größeren Sprung zum Sieg als er 2022 beim Slalom in Wengen – von Platz 29 auf 1. Sein größtes Ziel sind aber nicht Siege. "Ich möchte diesen Sport verändern – indem ich nur ich selbst bin", stellt er klar.
"Ich will meine Persönlichkeit nicht einschränken, nur weil das System es erwartet. Oder die Ski-Öffentlichkeit. Oder die norwegische Presse. Ich will mir nicht diktieren lassen wie ich mich als Skifahrer zu verhalten habe. Und ich hoffe, dass ich damit für irgendjemanden eine Inspiration sein kann. Ein Junge, der sich die Fingernägel lackieren will, traut sich vielleicht endlich, es – wie ich – einfach zu tun. Ein Junge, der sich feminin kleiden will, traut sich vielleicht, sich tatsächlich feminin zu kleiden."
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Für Braathen ist es im Ski-Zirkus nicht immer einfach. "Die Welt des Sports ist häufig sehr konservativ, strikt, einengend. Ich allein bin nicht stark genug, um uns von diesen Fesseln zu befreien, aber wenn ich eine kleine Inspiration sein kann, damit der Sport etwas toleranter, farbenfroher und diverser wird – dann macht mich das viel zufriedener als jeder Sieg."
Als Vorbild will er keinen Skifahrer nennen, sondern Apple-Gründer Steve Jobs. "Weil er sich den strengen Regeln, die in der damals noch konservativen Computer-Branche herrschten, widersetzt hat. Er ist einfach ausgebrochen und hat durchgezogen, woran er geglaubt hat."
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Im Sport blickt er zu Basketball-Legende Dennis Rodman auf. "Er ist für mich der Inbegriff des Sportlers, der seinen Weg geht. Er spielte für das größte Basketball-Team der Welt, alle schauten auf ihn – doch das kümmerte ihn nicht. Am Ende musste er die Rebounds machen, nicht die Journalisten, nicht der Trainer, nicht der Klub. Bei mir ist es ähnlich. Familienmitglieder, Trainer, Lehrer, Schulen, Verbände – es gibt so viele Meinungen. Du musst sie dir alle anhören. Aber entscheiden musst du selbst. Denn nur du stehst am Start. Nur du gewinnst das Rennen."
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