Politik

So sollte Kickls geheimer Späh-Staat aussehen

Neue Dokumente sollen zeigen, was FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl als Innenminister geplant hatte. Selbst seine Mitarbeiter warnten vor den Plänen.

Heute Redaktion
Teilen
Kameras, Wanzen, Eindringen in Wohnungen und Autos, komplette Kommunikationsüberwachung: Herbert Kickl (FPÖ) hatte offenbar radikale Überwachungspläne.
Kameras, Wanzen, Eindringen in Wohnungen und Autos, komplette Kommunikationsüberwachung: Herbert Kickl (FPÖ) hatte offenbar radikale Überwachungspläne.
Bild: picturedesk.com

In internen, geheimen und der "Krone" zugespielten Dokumenten offenbart sich mutmaßlich, was Kickl in seiner Zeit als Innenminister beim Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) vorhatte. Demnach hätte es ein Geheimprojekt geben sollen, das wie ein Überwachungsstaat anmutet: Geheime Durchsuchungen von Autos und Wohnungen ohne Wissen der Besitzer, Überwachung von Telefonie und Diensten wie Whatsapp, Installieren von Wanzen und Kameras in Räumlichkeiten.

Von der "Krone" veröffentliche angebliche Prüfseiten zeigen auch, wie bedenklich Kickls eigene Rechtsexperten im Innenministerium die Pläne offenbar gefunden haben. Es hätte dazu die Verfassung geändert werde müssen und "eine vollständige Umwandlung des derzeitigen Rechtsschutzsystems" erfolgen müssen.

"Bedenklich, Verhältnismäßigkeit nicht ersichtlich"

Außerdem bewerten die Experten, dass ein geheimes (ohne Richterbeschluss) Eindringen in Wohnungen, Häuser und Autos "aus Gründen der Verhältnismäßigkeit (...) bedenklich" sei. Bei einer Durchsuchung von durch das Hausrecht geschützten Räumen sei "nicht ersichtlich", zu welchem Zweck dies erfolgen solle und die Maßnahme sei ebenso "bedenklich". Schlicht "nicht umsetzbar" seien Online-Durchsuchungen von Kommunikationskanälen und Informationsplattformen. "Nicht zielführend" wird eine Vorratsdatenspeicherung erachtet.

Bereits Ende des Vorjahres wurde bekannt, dass Kickl das Innenministerium und vor allem das BVT drastisch habe umbauen wollen. Damals war die Rede davon, dass die Staatsschutz-Ermittlungen nicht an das Bundeskriminalamt abgetreten werden sollten, sondern in einer eigenen Einheit in das BVT eingegliedert werden. Die Opposition sprach von "einer Art FPÖ-Geheimdienst" und einer "blauen Stasi". Rund 100 Mann hätten dazu eingestellt werden sollen.

Peschorn übernimmt Kontrolle über das BVT

Die neuen Pläne werden nur einen Tag nach dem Auftritt des neuen Innenministers Wolfgang Peschorn im ZIB2-Interview bekannt. Darin hat sich der amtierende Innenminister selbst zum Chef der Reformgruppe des BVT ernannt.

Der betreffende Unterausschuss des Parlaments wird schon am 12. September – und damit mehr als zwei Wochen vor der Wahl – zusammentreten. "Ich habe als oberster Ressortchef die Aufgabe, dieses Amt (BVT) in gute und bessere Fahrwasser zu führen". Peschorn geht davon aus, dass die Reform noch in diesem Jahr, unabhängig von der nächsten Regierung, finalisiert werden kann.

"Ohne Ibiza wäre 'blaue Stasi' bereits Realität"

Ohne das Ibiza-Video und seine Folgen wäre "die von Kickl geplante 'blaue Stasi' bereits Realität", heißt es vom SPÖ-Fraktionsführer im BVT-Untersuchungsausschuss Jan Krainer. Er fordert einen unabhängigen Rechtsschutzbeauftragten, der vom Parlament bestellt und finanziert wird und dem Nationalrat Rechenschaft abgeben muss, dazu mehr Rechte wie ein Minderheitenrecht für Geheimdienstausschüsse im Parlament und schließlich einen unabhängigen Generalstaatsanwalt.

"Mein Verdacht, dass Kickl aus dem BVT eine FPÖ-Stasi machen wollte, bestätigt sich jetzt. Massenüberwachungen, Ausschaltung der richterlichen Kontrolle, Parteispitzelsysteme – das sind totalitäre Überwachungsinstrumente, die in einem Rechtsstaat nichts verloren haben", so Peter Pilt von Jetzt. Er will wissen, "wie weit Norbert Hofer in die FPÖ–Stasipläne eingeweiht war" und bei Ausbleiben von Antworten das Thema auf die Tagesordnung des kommenden Nationalen Sicherheitsrats setzen. "Herbert Kickl ist eine Gefahr für unsere liberale Demokratie. Es ist unfassbar, welche brandgefährlichen Machenschaften da unter der FPÖ-Herrschaft im Innenministerium vonstatten gingen", so NEOS-Klubobmann Niki Scherak. "Was hier geplant war, ist nicht mehr nur ein Angriff auf die Grund- und Freiheitsrechte der Österreicherinnen und Österreicher – was hier geplant war, ist verfassungswidrig", so Scherak. (rfi)