Niederösterreich

SP-Schnabl: "Akuter Notstand, 71 Ärzte fehlen in NÖ"

Vor der NÖ-Wahl sprach "Heute" mit SPNÖ-Spitzenkandidaten Franz Schnabl über das Gesundheitssystem, Umfragen und seine "persönliche Erklärung".

Erich Wessely
<em>"Heute"</em>-Interview mit SPNÖ-Chef Franz Schnabl
"Heute"-Interview mit SPNÖ-Chef Franz Schnabl
Thomas Lenger

Im vierten Interview vor der Landtagswahl am Sonntag nach den NEOS, Grünen und FPÖ sprach "Heute" mit dem Spitzenkandidaten der SPÖ, Franz Schnabl. Der frühere Spitzen-Polizeibeamte und ehemalige Personalvorstand bei Magna International über ...

Maue Umfragewerte

"Ich sehe bei den vielen Gesprächen mit Wählerinnen und Wählern, dass wir mit unseren Lösungen sehr viel Zuspruch finden. Das einzige, was für mich wirklich relevant ist, ist das Wahlergebnis am 29. Jänner."

Proporzsystem

"Die Wahrheit ist: Das Proporzsystem ist gut, auch mit Blick auf die Schweiz zum Beispiel. Es ermöglicht Mitkontrollmöglichkeiten, die man sonst nicht hätte, gerade in einem Land der absoluten Mehrheiten."

Klima-Proteste

"Die Sorgen sind sicher berechtigt – die mache ich mir auch für meine Enkeln und Kinder. Nur die Form des Aktivismus muss auch passen. Es verstehen viele Österreicher und ich auch nicht, was etwa ein Klimt-Bild mit der Klimazukunft zu tun haben soll. Fakt ist aber: Wir sind zu langsam, was Maßnahmen für den Klimaschutz betrifft. Wir haben in Niederösterreich einen sehr hohen Bodenverbrauch, es gibt kein Klimazielegesetz, auch bei den erneuerbaren Energien müssen wir einen Zahn zulegen. Wir brauchen Photovoltaikanlagen auf allen öffentlichen Dächern, da liegen wir nur auf Platz vier im Vergleich der österreichischen Bundesländer."

Kommt ein Klimagesetz in NÖ?

"Wenn die absolute Mehrheit fällt, bin ich überzeugt davon. Die ÖVP ist aber hier sicher gesprächsbereit, nur die Freiheitlichen stellen den Klimawandel in Abrede."

U-Ausschuss zur Inseratencausa in NÖ

"Dazu sage ich weder ja noch nein. Die Entscheidung über einen U-Ausschuss wird in der nächsten Legislaturperiode getroffen. Es gibt dafür zwei Voraussetzungen. Erstens: Die aktuellen Regeln für einen U-Ausschuss im nö. Landtag sind überarbeitungswürdig. Beispielsweise entscheiden jetzt Mehrheiten darüber, welche und ob eine Frage zugelassen wird. Das kann nicht sein, das muss ein Drittelrecht werden. Es müsste sich also ein Konsens zwischen den Parteien finden, um hier die Regeln zu ändern. Und zweitens: Es werden alle zwölf Rechnungshofberichte vorliegen müssen, die man sich ansehen wird. Dann wird man sich anschauen, gibt es da etwas, das die Abklärung der politischen Verantwortlichkeit erforderlich macht."

Team Rendi-Wagner oder Team Doskozil?

"Bei sehr, sehr vielen Kontakten auf der Straße, hat mich das noch kein einziger gefragt. Alle haben mich gefragt: Wie soll ich meine Wohnung zahlen, die so teuer geworden ist. Wie soll ich den Strom zahlen, der nach oben geht. Die Lösungen interessieren die Menschen. Aber ich bin grundsätzlich jemand, der mit allen redet und mit allen eine gute Gesprächsbasis hat."

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    SPNÖ-Chef Franz Schnabl zu mauen Umfragewerten: "Das einzige, was für mich wirklich relevant ist, ist nicht eine Umfrage, sondern das Wahlergebnis am 29. Jänner.“
    SPNÖ-Chef Franz Schnabl zu mauen Umfragewerten: "Das einzige, was für mich wirklich relevant ist, ist nicht eine Umfrage, sondern das Wahlergebnis am 29. Jänner.“
    Thomas Lenger

    Gesundheitsdebatte

    "Es gibt einen akuten Gesundheitsnotstand. Wir haben 38 Kassenplanstellen für Allgemeinmediziner unbesetzt. Dazu 33 Stellen für Fachärzte, davon ein Drittel im Kinder- und Jugendbereich. In Summe fehlen also 71 Ärzte. Das erzeugt endlos lange Wartezeiten. Lösungsansatz: In Bezirken, in denen keine kassenärztliche Versorgung besteht, zahlt die Wahlarztkosten die Kasse. Wir müssen auch schauen, dass wir Studenten in nötiger Anzahl haben und diese auch nach Niederösterreich bekommen. Wir müssen das NÖ-Kontingent in den allgemeinen Medizinuniversitäten abrufen, das tun wir aber nicht. Zudem bräuchten wir nicht 20 Stipendien mit nachgängiger Verpflichtung, dass sie dann in Niederösterreich arbeiten, sondern 300."

    Bundesheer im Spital

    "Es gibt Tätigkeiten, die auch ein geschulter Präsenzdiener tun könnte. Ein Beispiel: Wenn etwa ein Arzt ein Bett nach der OP auf die Station schieben muss, benötigt es dringend Hilfspersonal. Die Auswirkung bei Personalnot ist, dass Operationen monatelang verschoben werden. Stellen Sie sich vor, Sie brauchen eine neue Kniescheibe und müssen acht Monate lang mit Schmerzmittel durch die Gegend rennen, weil alles so lange dauert und Ärzte statt zu operieren, Betten auf Stationen hin- und herschieben müssen."

    Primärversorgungszentren

    "Da bin ich sehr dafür, weil diese sehr stark die Ambulanzen in den Spitälern entlasten. Aber auch hier sind wir unter Federführung der ÖVP leider säumig. Wir haben im Arbeitsübereinkommen in der vergangenen Legislaturperiode drinnen, dass wir nach Möglichkeit bis zu 25 Primärversorgungseinrichtungen in Niederösterreich schaffen, jetzt sind wir knapp bei der Hälfte."

    Eigene Medizinuniversität in NÖ

    "Das ist eine langjährige Forderung des Städtebundes und des Bürgermeisters von St. Pölten. Die Forderung haben wir in Niederösterreich auch schon 2018 ins Wahlprogramm aufgenommen."

    Teuerungshilfen

    "Es gilt hier: Zu wenig, zu spät und zu zögerlich, ein Markenzeichen der ÖVP und auf Bundesregierungsebene der Politik der Grünen. Ich habe schon im Oktober 2021 auf die Preisentwicklung beim Strom hingewiesen. Die Strompreisexplosion ist einer der Hauptteuerungstreiber."

    Leistbares Wohnen

    "Wir haben ein sehr detailliertes Wohnprogramm, nämlich ,Vier Wände, vier Viertel, ein Plan'. Ich glaube, das ist ein sehr gutes, von sehr vielen Experten mitgetragenes Konzept. Zudem wollen wir einen nö. Bodenfonds schaffen, wie es zum Beispiel auch die Wiener schon gemacht haben. Damit wird die Basis für leistbare Grundstücke sichergestellt."

    Franz Schnabl zur umstrittenen "persönlichen Erklärung": "Eine gezielte Provokation, die Aufmerksamkeit hält bis heute an."

    Wahlziel

    "Oberstes Ziel ist das deutliche Brechen der absoluten Mehrheit der ÖVP. Die ÖVP hat bei fast allen innovativen Lösungsmöglichkeiten, die wir oder andere Parteien vorgeschlagen haben, eine Blockadehaltung gezeigt."

    Würden Sie Landbauer zum LH machen, wenn er mehr Stimmen als Sie bekommt?

    "Zuerst wird gewählt, dann wird gezählt, dann wird verhandelt und erst nachher werden Funktionen im Landtag gewählt, in geheimer Wahl nebenbei bemerkt. Für mich ist eines klar, es kommt auf die Inhalte an: Kinderbetreuung, Teuerung, Gesundheit, Wohnen. Es geht dabei nicht darum, wer was wird. Was ich mir nicht vorstellen kann, sind irgendwelche Experimente."

    Mögliche Koalitionen

    "Ich schließe eine themenbezogene Zusammenarbeit mit niemanden aus."

    Viel debattierte "Persönliche Erklärung"

    "Es war eine gezielte Provokation, die gelungen ist: Sieben Kamerateams, ein ORF-Livestream usw. Die Aufmerksamkeit hält bis heute an, sonst würden Sie mich nicht dazu fragen."

    Gleicher Lohn für 32 Stunden Arbeit fordert Ihre jüngste Kandidatin

    "Die Arbeitszeitverkürzung ist ganz grundsätzlich im Programm der Sozialdemokratie auf Bundesebene, zu dem ich mich voll inhaltlich bekenne – und natürlich auch dazu, was unsere Amelie (Amelie Muthsam, die jüngste Kandidatin auf der Landesliste der SPÖ bei der Landtagswahl mit 20 Jahren, Anm.) hier verlangt."

    Zuwanderung

    "Österreicherinnen und Österreicher helfen immer gerne, wenn Krieg, Not und Bedrohung vorhanden sind. Da gibt es eine unglaubliche Solidarität und Hilfsbereitschaft in Österreich. Wer aber Hilfe in Anspruch nimmt, der muss sich auch an unsere Regeln halten. Und es zählt Integration vor Zuwanderung. Wir müssen aber natürlich sehr sauber hinschauen: Trennen wir zwischen Asyl und der Migrationsdynamik. Da sind wir als Sozialdemokraten übrigens die einzige Partei, die 2018 ein sehr detailliertes Programm entwickelt hat, das heute noch immer eine 100-prozentige Gültigkeit hat. Ich will nur feststellen, dass 20 Jahre Zuständigkeit ÖVP-Innenminister, unter anderem Johanna Mikl-Leitner, und zwei Jahre Zuständigkeit FPÖ-Minister, nämlich Herbert Kickl, gar nichts gelöst haben."

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      "Heute"-Montage, Material APA-Picturedesk