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Sputnik V zeigt weniger Wirkung gegen die Delta-Mutante

Vor genau einem Jahr, am 11. August, verkündete Waldimir Putin, dass Russland den weltweit ersten Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen hat.

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Das Vakzin "Sputnik V" aus Russland schützt aktuellen Studien zufolge "nur" zu 83 Prozent vor der Delta-Variante. 
Das Vakzin "Sputnik V" aus Russland schützt aktuellen Studien zufolge "nur" zu 83 Prozent vor der Delta-Variante. 
Alexander Shcherbak / Tass / picturedesk.com

Der russische Impfstoff ist weniger effektiv gegen Infektionen mit der Delta-Variante. Während die Hersteller von Sputnik V im Juni noch von einer 90-prozentigen Effektivität sprachen, liegt sie neuen Daten zufolge nur bei 83 Prozent. Die Wirkung sei damit niedriger als bislang gedacht, sagte der russische Gesundheitsminister Mikhail Muraschko am Mittwoch. Die Delta-Variante des neuen Coronavirus gilt als besonders ansteckend und wird von den russischen Behörden für den markanten Anstieg der Infektionszahlen in den letzten zwei Monaten verantwortlich gemacht.

Das Gamaleja-Institut, das den Impfstoff entwickelt hatte, reagiert widersprüchlich: Auf Twitter bestätigt das Institut die neuen Daten. Dagegen erklärte der Direktor des Institutes in einem Interview, dass Sputnik V gegen alle Varianten des neuen Coronavirus sicher sei, wie Spiegel.de schreibt. Das im Land weit verbreitete Misstrauen gegen den eigenen Impfstoff dürfte sich jetzt nur noch verstärken.

Bevölkerung fühlt sich als Versuchskaninchen

Mit Sputnik V wollte Russland den Wettlauf um den weltweit ersten Impfstoff gewinnen – wie beim Namensgeber, dem ersten Satelliten, den die Sowjetunion 1957 ins All schoss. Am 11. August 2020 verkündete Staatschef Wladimir Putin höchstpersönlich: Zum ersten Mal auf der Welt sei ein Impfstoff gegen das Coronavirus zugelassen worden.

Wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit, des in Rekordzeit entwickelten Mittels, aber legten die Forscher nicht vor. Viele Russen und Russinnen fühlten sich als Versuchskaninchen, weil die wichtige Testphase III mit mehreren Zehntausend Freiwilligen erst parallel zur Freigabe des Impfstoffs begann. Dabei kann erst so herausgefunden werden, ob ein Mittel wirklich zuverlässig wirkt und sicher ist.

Selbst Putin zögerte Impfung heraus

So wundert wenig, dass es mit den Impfungen im Riesenreich stockt. Putin selbst zögerte seine Impfung monatelang hinaus, um sich erst im März – ohne Kameras – einen Impfstoff verabreichen zu lassen. Erst kürzlich verriet er, dass er Sputnik V bekommen hatte.

Obwohl der Ansturm auf den russischen Impfstoff im Land selbst ausblieb, verkündete der staatliche Direktinvestmentfonds RDIF über Monate immer wieder Jubel-Meldungen: In 69 Ländern sei Sputnik V mittlerweile registriert, erklärte der Fonds, der das Vakzin etwa im Ausland vermarktet. Zu den Abnehmern gehören die Staaten der Ex-Sowjetrepublik ebenso wie viele in Südamerika, die Türkei, der Iran und Indien.

Immer noch keine validen Daten geliefert

Fuss fassen möchte Russland auch auf dem lukrativen Markt in der EU. Doch ob es damit etwas wird, ist derzeit ungewiss. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) prüft den Impfstoff bereits seit Anfang März. Ihr Urteil entscheidet, ob die EU-Kommission dann im nächsten Schritt die offizielle Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt.

"Bislang ist es dem Hersteller nicht gelungen, genügend valide Daten zu liefern, um die Sicherheit nachzuweisen", sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vor wenigen Tagen dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Das werfe Fragen auf.

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    Der Impfstoff "Comirnaty" von BioNTech/Pfizer basiert auf mRNA-Technologie und wird in zwei Etappen geimpft. Auch Kinder ab 12 Jahren können damit immunisiert werden.
    Der Impfstoff "Comirnaty" von BioNTech/Pfizer basiert auf mRNA-Technologie und wird in zwei Etappen geimpft. Auch Kinder ab 12 Jahren können damit immunisiert werden.
    Ronny Hartmann / dpa / picturedesk.com

    Trödeln aus ideologischen Gründen?

    Der Kommentar dürfte nicht nur für den russischen Hersteller, sondern auch für die Behörden in den EU-Ländern Ungarn und Slowakei ärgerlich gewesen sein. Sie hatten nämlich «Sputnik V» bereits vor einiger Zeit auch ohne grünes Licht der EMA zur Verwendung freigegeben.

    Es kursiert allerdings auch der Verdacht, dass die Zulassung in der EU aus politischen Gründen und nicht nur wegen fehlender Daten verzögert wird. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte bereits Ende Mai gefordert, das Verfahren um Sputnik V müsse beschleunigt werden. "Es darf nicht aus rein ideologischen Gründen getrödelt werden", sagte der CSU-Politiker.

    Wenig Interesse an Transparenz

    Bayern ist neben Mecklenburg-Vorpommern eines der Bundesländer, die sich Kaufoptionen für den russischen Impfstoff gesichert haben. Auch Moskau warnt immer wieder davor, die Frage einer Zulassung zu politisieren. Moskau selbst lässt jedoch keine ausländischen Vakzine im eigenen Land zu. Man habe genug eigene Impfmittel, heißt es im Kreml.

    Was sein Auslandsgeschäft mit Sputnik V angeht, zeigt Moskau meist wenig Interesse an Transparenz. Im Frühjahr errechneten unabhängige russische Medien, dass nur ein Bruchteil der zugesagten Dosen tatsächlich ausgeliefert worden sei. Zuletzt räumte der Staatsfonds immerhin Lieferengpässe ein, die aber in diesem Monat behoben werden sollten.

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