Gesundheit

Start-Up bringt "gesundes Koks" auf den Markt

"Energy Sniff" wird durch die Nase gezogen und soll fit für Partys und Prüfungen machen. Ein Mediziner verrät, ob das Produkt problematisch ist.

Die Einnahme von "Energy Sniff" erfolgt über die Nase, vom Handrücken oder einer Oberfläche.
Die Einnahme von "Energy Sniff" erfolgt über die Nase, vom Handrücken oder einer Oberfläche.

Ein weißes Pulver, das man durch die Nase zieht, um wach zu werden – klingt erstmal nicht wirklich neu. Doch das Produkt der Vorarlberger Firma Wildkraut ist komplett legal: Es enthält Koffein und Guarana sowie Alpenkräuter wie Meisterwurz und Rosenwurz und soll eine entgiftende, wachmachende Wirkung haben und dein Wohlbefinden sowie deine Konzentrations-, Gedächtnis- und Reaktionsfähigkeiten verbessern.

Neben Koffein und Guarana sind noch weitere altbekannte Wachmacher, wie etwa die in grünem Tee enthaltene Aminosäure Theanin, enthalten. Letztere soll die Nebenwirkungen des Koffeins – Herzrasen und Bluthochdruck – verhindern und guten Schlaf garantieren. Anders als Schnupftabak enthält der Energy Sniff kein Nikotin. Geschnupft werden soll vor Prüfungen, Partys oder dem Sport.

Reaktionen

Auf Social Media wird über das kontroverse Produkt heftig diskutiert: "Damit muss man aufpassen, dass der Türsteher einen nicht aus dem Club wirft", sagt etwa ein TikToker. Wer so ein Produkt öffentlich konsumiert, müsse davon ausgehen, dass es konfisziert wird.

So wird das Pulver eingenommen

Die Einnahme erfolgt über die Nase, vom Handrücken oder einer Oberfläche. "Über die Nasenschleimhäute werden einige der Wirkstoffe schneller und vor allem besser aufgenommen", so Gründer Eugen Fulterer. Die Tageshöchstdosis liegt bei einem Fläschchen, etwa zehn Portionen pro Nasenloch und hängt laut Website "von Müdigkeit und Appetit" ab. Es wird eine erbsengroße Prise empfohlen oder eine streichholzlange Line "für den vollen Kawumm-Effekt". Kaufen kannst du das Pulver über den eigenen Online-Shop.

"Tradition des Schnupfens gibt es schon lange"

"Ich wollte die Lücke zwischen dem boomenden Energydrink-Segment und dem eher angestaubten Schnupftabakmilieu füllen, aber naturbelassen arbeiten und Schnupfen wieder salonfähig machen", so Fulterer. "An einer Energydrink-Dose zu nippen, macht ja nicht wirklich Spaß." Und was sagt er zur Ähnlichkeit zu illegalen Drogen wie Kokain? "Die Tradition des Schnupfens ist schon so alt. Die gab es schon, bevor der Mensch mittels Chemikalien illegale Drogen herstellen konnte." Eine Ähnlichkeit mit seinem Produkt sehe er lediglich in der nasalen Konsumationsform.

Das sagt der Experte

Präventivmediziner und Gesundheitswissenschaftler Dr. David Fäh von der Berner Fachhochschule (Schweiz) meint: "Mein persönlicher Eindruck ist, dass sich hier ein paar junge Leute überlegt haben, was sie zusammenmischen können, damit es für die Zielgruppe attraktiv wirkt", so der Ernährungs- und Bewegungsexperte. Die Inhaltsstoffe wie Koffein aus Kaffee oder Guarana seien bereits als Wachmacher bekannt – dies sei förderlich fürs Marketing. "Doch ich sehe auch einen Widerspruch. Tryptophan, eine der Zutaten im Energy Sniff, ist eine Vorstufe des Schlafhormons Melatonin. Soll denn der Sniff nun wach oder müde machen? Die Kombination macht nicht unbedingt Sinn."

Wirkt der Energy Sniff wirklich?

Fäh sei es fragwürdig, ob die Inhaltsstoffe wirklich über die Nasenschleimhaut appliziert in einer Konzentration in die Blutbahn gelangen, von der eine spürbare Wirkung erwartet werden kann. Studien zu dieser Art von Einnahme gebe es bislang nur zu Nasensprays oder von Stoffen, die bereits in sehr niedriger Konzentration wirken – etwa Oxytocin. Koffein sei als Inhaltsstoff grundsätzlich aber sinnvoll, da Studien deren positive Wirkung bestätigt haben. "Doch ich würde einfach Kaffee auf herkömmlichen Wege konsumieren."

Kann es die Atemwege gefährden? "Wenn man das Pulver korrekt appliziert, ist es unwahrscheinlich, dass es in die tieferen Atemwege gelangt, da die Partikel vermutlich zu groß sind", so Fäh. Inhaltsstoffe könnten nach einer intensiven Nutzung jedoch die Nasenschleimhaut reizen, was wiederum ein potentielles Krebsrisiko darstelle, da es hier zur erhöhten Zellteilung und zu Schäden an der Erbsubstanz kommen könnte. "Unter Einhaltung unserer Warnhinweise wird mein Produkt für die menschliche Gesundheit von einer unabhängigen Begutachtungsstelle als unbedenklich bewertet", so der Wildkraut-Gründer.

Eine Gefahr für eine Überdosierung sieht der Experte nicht. "Wenn man jedoch zu intensiv darauf reagiert, mit Herzrasen, Schweißausbrüchen oder Nervosität, sollte die Dosis heruntergefahren werden". Dies empfehle er auch Menschen, die überempfindlich auf Kaffee reagieren.