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Tausende demonstrieren in Wien gegen Rassismus

Bei der #blacklivesmatter-Demo in Wien werden heute über 3.000 Menschen erwartet. Mugtaba Hamoudah, einer der Organisatoren, spricht im "Heute"-Interview über Rassimus und Aktivismus.

Amra Duric
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    Das US-Militär hat nach eigenen Angaben rund 1600 Soldaten auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt, um die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt angesichts der anhaltenden Proteste bei Bedarf unterstützen zu können.
    Das US-Militär hat nach eigenen Angaben rund 1600 Soldaten auf Militärstützpunkte rund um Washington verlegt, um die Sicherheitskräfte in der Hauptstadt angesichts der anhaltenden Proteste bei Bedarf unterstützen zu können.
    Reuters

    Um 17 Uhr startet heute die #blacklivesmatter-Demo am Platz der Menschenrechte in Wien, die Abschluss-Kundgebung findent um 20 Uhr am Karlsplatz im Resselpark statt. Über 5.000 Menschen werden erwartet, einer davon ist Organisator Mugtaba Hamoudah. Der Wiener (19) will gemeinsam mit u.a. Politikerin Mireille Ngosso aktiv etwas gegen Rassimus tun. "Das Video von George Floyds Tod hat uns rassistische Strukturen nochmal vor Augen geführt. Es nimmt einen extrem mit. Ich sehe meine Mutter, meinen Vater und meine Geschwister in dem Video", so der Student im Gespräch mit "Heute".

    Das Video, von dem Hamoudah spricht, wurde in der Stadt Minneapolis im US-Bundesstaat Minnesota aufgenommen. Der Vorfall entflammte die aktuellen Proteste in den USA und führt zu weltweiten Solidaritätsbekundungen. "Ich kann nicht atmen", fleht der Afroamerikaner George Floyd in dem aufgenommen Clip immer wieder, während ein weißer Polizist ungerührt mehrere Minuten lang auf seinem Hals kniete, bis Floyd schließlich das Bewusstsein verlor und wenig später in einem nahen Spital verstarb. In weniger als fünf Minuten hatte Floyd, laut "New York Times", 16-mal zu den Beamten gesagt, er könne nicht atmen. Eine unabhängige Autopsie bestätigte nun, dass Floyd bei dem Polizeieinsatz erstickt ist. 

    "Polizeigewalt in Wien fängt bei zufälligen Kontrollen an"

    In Österreich hat es allein zwischen Anfang 2017 und Ende Mai des vergangenen Jahres 3.677 Misshandlungsvorwürfe gegen Polizisten und Polizistinnen gegeben. In 1.244 Fällen wurden sogar Strafanzeigen gegen die Polizei gestellt. Das zeigt die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage der Neos durch das Justizministerium. Der Grüne Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr sagte laut Aussendung, Racial profiling, Polizeigewalt und Misshandlungen dürften "nicht verharmlost oder gedeckt werden. Es braucht hier die konsequente Aufklärung. Daher haben wir uns für die Einrichtung einer Behörde zur Untersuchung von Polizeigewalt eingesetzt, die selbstständig Ermittlungen anstellt, aber auch als Beschwerdestelle für Betroffene fungiert". Für den 19-jährigen Hamoudah fängt Polizeigewalt bereits bei zufälligen Kontrollen an. "Wie viele Österreicher oder Österreicherinnen können sagen, dass sie zufällig von der Polizei angehalten und nach ihrem Ausweis oder Pass gefragt wurden?"

    Instagram-Postings und Hashtags allein reichen nicht

    In einem Facebook-Posting erklärte Mireille Ngosso (SPÖ), Ärztin und Bezirksvorsteher-Stellvertreterin von Wien-Innere Stadt: "Mit dieser Kundgebung soll nicht ein 'wir' gegen 'ihr' oder ein 'schwarz' gegen 'weiß' entstehen. Wir wollen ein UNS schaffen, in dem wir alle mit gleichem Respekt behandelt werden und uns auf Augenhöhe begegnen." Was es laut Hamoudha dazu braucht: "Bei Diskussionen das Framing ändern und auf die Wortwahl achten. Bei der Polizei sollten Diskriminierungsschulungen eingeführt werden. Weiters kann struktureller Rassismus durch Bildungsarbeit in der Schule aufgebrochen werden. Es ist wichtig, dass junge Menschen informierter und somit reflektierter aufwachsen und dadurch auch ein anderes Klima schaffen."

    "Auch als weiße Person kann man aktiv dazu beitragen, Klischees aufzubrechen und Rollenbilder zu hinterfragen. Das fängt beim Abendessen mit der Familie an, wenn jemand ein rassistisches Kommentar oder einen rassistischen Witz von sich gibt."
    Der Wiener Mugtaba Hamoudah (19), einer der Organisatoren der heutigen #blacklivesmatter-Demo in Wien.
    Der Wiener Mugtaba Hamoudah (19), einer der Organisatoren der heutigen #blacklivesmatter-Demo in Wien.
    privat

    Doch was kann jeder Einzelne im Kampf gegen Rassismus tun? Reicht es, schwarze Kästchen in sozialen Netzwerken zu posten, Hashtags zu benutzen und auf Demos zu gehen? Die Antwort lautet Nein. "Es ist wichtig, dass man aus seiner Bubble rauskommt. Wer keinen Kontakt zu marginalisierten Gruppen hat, kann auch nicht verstehen, mit welchen Problemen diese tagtäglich konfrontiert werden", so Hamoudah. "Als Mann frage ich mich bewusst, welche Privilegien mit meiner Männlichkeit einhergehen. Wie viel Raum nehme ich ein. Ich nutze mein Privileg, bei sexualisierter Gewalt einzugreifen. Auch als weiße Person kann man aktiv dazu beitragen, Klischees aufzubrechen und Rollenbilder zu hinterfragen. Das fängt beim Abendessen mit der Familie an, wenn jemand einen rassistischen Kommentar oder einen rassistischen Witz von sich gibt."

    Eckdaten zur #blacklivesmatter-Demo in Wien: Auf dem Platz der Menschenrechte beim Museumsquartier ist heute eine Kundgebung der #BlackLivesMatter-Bewegung mit anschließender Demonstration geplant. Die Route führt die Teilnehmer vom Getreidemarkt – Rechte Wienzeile – Treitlstraße zum Resselpark, wo die Abschluss-Kundgebung stattfindet. Staus werden laut ÖAMTC zeitweise auf der Rechten/Linken Wienzeile sowie rund um den Karlsplatz nicht ausbleiben.