Wildtiere

Verstehen wir Raben nimmermehr?

In Bad Vöslau wird der erstaunliche Intellekt und vor allem die sozialen Fähigkeiten von Raben erforscht. Thomas Bugnyar weiß um die Geheimnisse.

Christine Kaltenecker
Vogelexperte Thomas Bugnyar will den Geheimnissen von Raben auf den Grund gehen.
Vogelexperte Thomas Bugnyar will den Geheimnissen von Raben auf den Grund gehen.
Getty Images/iStockphoto

Galgenvogel oder Gottesbegleiter? Es scheint fast so, als könnten Raben nur in zwei Kategorien eingeteilt werden. Verhaltens- und Kognitionsbiologe Thomas Bugnyar weiß um das Stigma der schwarzen Vögel und hat nicht nur deshalb ein Buch geschrieben, welches sich auf seine jahrelange Forschung in der von Konrad Lorenz gegründeten Vogelstation Haidlhof (Bad Vöslau, NÖ) stützt. "Sie sollen weder angebetet, noch verteufelt werden", so der Rabenforscher: "Raben und Krähen sind uns ähnlicher, als wir glauben".

"Handverzogen"

Im ländlichen Forschungszentrum der Universität Wien hört man schon das bekannte "Kra Kra" noch bevor man die schwarzen Vögel zu Gesicht bekommt. Zu allererst und als Vergleichsobjekte werden wir von den nervösen Krähen verwarnt, die alle aus dem Stadtzentrum aus Wien stammen. Meistens aus einer "verzogenen" Handaufzucht, erklärt Bugnyar, der zwar in seiner Forschungsstation ebenfalls Handaufzucht betreibt, jedoch immer mit mehreren Geschlüpften und keinen einzelnen Küken. Denn auch Raben und Krähen gehören mit Artgenossen sozialisiert.

Hitchcock war Fiktion

Wir wissen: Raben und Krähen sind überdurchschnittlich intelligent. In mehreren Studien wurde bereits der Intellekt der Vögel nachweisbar gemessen und bestätigt. Auch in Haidlhof gibt es natürlich diverse "Spielchen", die den Forschern zu allererst die Arbeit erleichtern (Kotprobe, Speichelprobe etc.) und den Tieren in Gefangenschaft auch die Langweile erspart. "Sie kämen draußen nicht mehr zurecht und würden gar nicht weit wegfliegen", sagt der Rabenexperte auf unsere Frage, ob die Vögel denn irgendwann wieder ausgewildert würden. Die Mär vom "bösen Raben", der sich auf Passanten stürzt, widerlegt der Forscher ebenfalls sofort: "Raben sind überhaupt nicht aggressiv und würden niemals einen Menschen aus der Luft attackieren". Nur in der Brutzeit neigen sie dazu, "Eindringlinge" verscheuchen zu wollen - doch immer von hinten und immer als Bluff.

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Die Live-Präsentation findet übrigens am 28.09.2022 im Buchhandel "THALIA", Wien Mitte um 19:00 Uhr statt.

Große Aufregung

Als wir uns den großen Volieren der Raben nähern, können wir ganz unterschiedliche Laute wahrnehmen. Es wird geschrien, gepfiffen, geklickt und geklackt. "Raben sind hervorragende Imitatoren und entwickeln jährlich mehrmals neue Laute, die verschiedene Bedeutungen haben und von den Artgenossen übernommen werden", erklärt der Profi. "Jetzt gerade möchte uns 'Romy' sagen, dass sie den Puschel über dem Kameramikrofon sehr suspekt findet", lacht Bugnyar. "Romy" und ihr Partner "Heinz" sind in der ersten Rabengruppe das einzige - und deshalb dominante - Pärchen und wären ein Leben lang monogam, wenn man sie brüten lassen würde: Erst wenn die Kinderschar zur Welt kommt, bindet sich ein Rabenpaar für's Leben.

"Man weiß noch so vieles nicht"

Gewusst? Ganz genau weiß niemand, wie alt Raben tatsächlich werden können. Erst mit drei Jahren sind die großen Wildvögel geschlechtsreif - überstehen sie diese Zeit und vor allem das erste Jahr, ist vieles weitere ungewiss. Es gibt zwar viele Vermutungen, aber keine Beweise. Der Rabenexperte geht aber von einem realistischen Alter zwischen 20 und 30 Jahren aus. Eines steht fest - alle Geheimnisse um die faszinierenden Vögel hat auch Thomas Bugnyar noch nicht ergründen können, aber er ist auf einem sehr guten Weg. Lesenswert!

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