Fussball

Topscorer Jantscher verrät uns sein Torgeheimnis

Bundesliga-Topscorer Jakob Jantscher im "Heute"-Talk über seinen Erfolgslauf, das ÖFB-Team, Holz hacken und den Krieg in der Ukraine.

Sebastian Klein
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Jakob Jantscher ist der beste Scorer der Bundesliga.
Jakob Jantscher ist der beste Scorer der Bundesliga.
Gepa

Jakob Jantscher ist mit elf Toren der beste heimische Torjäger der Liga, die Scorerliste führt er ganz alleine an. Am Sonntag will der 33-Jährige mit Sturm den zweiten Platz absichern. Nach dem 2:1-Sieg in Graz treten die Blackys im Rückspiel bei Rapid an. Der Vorsprung auf den Tabellennachbarn beträgt fünf Runden vor Saisonende acht Punkte.

Jakob Jantscher entschlüsselt für "Heute", was Sturm und ihn selbst so stark macht.

Jakob Jantscher beim Torjubel mit Sturm-Partner Rasmus Höjlund.
Jakob Jantscher beim Torjubel mit Sturm-Partner Rasmus Höjlund.
Gepa

Kampf um Platz 2 und Red-Bull-Dominanz

"Heute": Vor dem Rapid-Spiel hat Sturm acht Punkte Vorsprung. Würdet ihr Platz 2 als Erfolg feiern?

Jantscher: "Als Erfolg sehe ich, dass ich einen Titel gewinne. Trotzdem ist es ein Erfolg, wenn du Österreich hernimmst mit Red Bull Salzburg. Um Meister zu werden, da muss schon sehr viel zusammen laufen. Es war von Anfang an unser Ziel, einfach die beste Mannschaft dahinter zu sein. Ich glaube, dass uns das über das Jahr jetzt gesehen ganz gut gelungen ist. Durch den Sieg in Graz (2:1 gegen Rapid, Anm.) haben wir einen großen Schritt in die richtige Richtung gemacht. Wir werden alles daran setzen, dass wir auch die Partie in Wien gewinnen werden."

"Ich glaube, wenn man jetzt die ganze Saison Revue passieren lässt, dass noch einiges drin gewesen wäre. Wenn man den Herbst hernimmt, wo wir durch den Europacup viele Spiele hatten. Da haben wir viele Punkte liegen lassen. Da müssen wir dann schon schauen, dass du die Stärke, die wir im Herbst international auf den Platz gebracht haben auch in der Liga abliefern. Dann wäre, glaube ich, jetzt schon mehr entschieden."

Salzburg durch Schlussviertelstunde Meister

Würden die Ligaspiele nur bis zur 75. Minute dauern, wäre Sturm zum jetzigen Zeitpunkt Meister. Red Bull macht seine Tore in der Schlussviertelstunde …

"Das habe ich gar nicht gewusst. Das ist sehr interessant. Aber ich glaube einfach, dass das Salzburger Spiel das auch mitbringt. Sie spielen sehr intensiv. Hinten raus werden die Gegner sehr müde, sind die Räume besser zu bespielen. Das kann Salzburg sehr gut ausnützen. Trotzdem ist es auch für uns vielleicht eine interessante Sache, dass du sagst: 'Okay, bis dort hin und die letzten 15 Minuten noch einmal mehr drauf, dann wäre noch mehr drin.' Aber um Salzburg über eine ganze Saison zu gefährden, musst du in allen Phasen der Meisterschaft top spielen."

Spielt die Salzburger Kaderdichte eine Rolle?

"Natürlich auch. Sie können Spieler nachwerfen, die genauso schnell und genauso gut sind. Das ist die Qualität von Salzburg."

Du wurdest gegen Deinen Ex-Klub schon Cupsieger …

"In einzelnen Spielen haben wir auch in den letzten Jahren bewiesen, dass du sie schlagen kannst. Viele Spieler haben bei uns zum ersten Mal international gespielt, den Rhythmus noch nicht gekannt. Wir müssen versuchen, die Kluft zu schließen, schauen, dass wir näher ran kommen. Da müssen wir halt wirklich schauen, dass wir eine Konstanz reinbringen, damit wir ganz vorne stehen können."

Jakob Jantscher 2018 beim Cupsieg mit Sturm Graz.
Jakob Jantscher 2018 beim Cupsieg mit Sturm Graz.
Gepa

Was macht Sturm besser als Rapid?

"Kann ich schwer beurteilen. Ich weiß nicht, wie das alles bei Rapid aussieht. Ich kann nur sagen, was wir gut gemacht haben. Und ich glaube schon, dass wir in den letzten zwei Jahren vieles in die richtige Richtung gebracht haben. Ob es jetzt mit Spielstil und System ist, die Spieler dazu. Viele Spieler, die auch einen gewissen Hunger mitbringen. Die in ihrer Karriere noch einiges erreichen wollen. Das ist für mich sehr entscheidend, dass du Spieler hast, die nach Sturm noch einen Schritt machen wollen. Das heißt für mich gleichzeitig, okay, wenn ich bei Sturm bin, muss ich richtig performen, um weiterzukommen. Ich glaube, das zeichnet auch das Trainerteam aus. Es ist sehr erfolgsorientiert. Das schwappt auch auf die Mannschaft über. Wir haben letztes Jahr schon eine sehr ansehnliche Saison gespielt."

Das Erfolgsrezept des Topscorers

Du hältst bei elf Saisontoren, 23 Scorerpunkte – Liga-Spitze! Was ist Dein Geheimrezept?

"Ich glaube, es gibt keinen speziellen Grund. Das Spielsystem kommt mir sehr zugute. Der Trainer hat schnell erkannt, dass in dem System die Stürmerposition gut zu mir passt. Mit dem hohen Anpressen gewinnen wir die Bälle sehr hoch. So kann ich meine Qualitäten gut ausspielen. Das ist der größte Punkt, an dem ich sage, an dem könnte ich es festmachen."

"Wenn du als Stürmer viele Bälle hoch gewinnst, hast du einen kurzen Weg zum gegnerischen Tor. Das macht es einfacher. Statistisch gesehen ist es für mich die beste Saison. Für mich ist es eine andere Rolle, als damals, als ich bei Sturm der junge Bua war. Jetzt bin ich der Älteste. Die Rolle passt gut zu mir. Darin fühle ich mich wohl."

"Ich bin keiner, der viel in den mentalen Bereich investiert. Mit dem Alter bekommst du einfach eine gewisse Erfahrung, mit der du in gewissen Phasen viel wettmachen kannst. Ich kann mich gut in gewisse Spieler reinversetzen, die jetzt 18, 19, 20 sind, zum ersten Mal Liga oder international spielen, weil ich das selber durchgemacht habe. Ich versuche mich da einzubringen und das weiterzugeben, was ich erlebt habe."

Was Höjlund zum idealen Sturm-Partner macht

Blühen deshalb die jungen Stürmer neben dir so auf – erst Kelvin Yeboah, seit Jänner Rasmus Höjlund?

"Wir haben eine Basis aus fünf, sechs älteren Führungsspielern, wo auch die Hierarchie besteht. Und die jungen Buam, die halt dann auch das Tempo vorgeben. Beide profitieren enorm davon. Ich merke es: Die Jungen marschieren, da musst du mitmarschieren. Das hält mich fit und jung. Wir geben die Erfahrung weiter. Wenn es gut läuft, müssen wir ein bisschen stoppen. Wenn es nicht so gut läuft, müssen wir einen Zahn zulegen. Das machen wir als Sturm Graz sehr gut. Wir haben viele junge Spieler, die hungrig sind. Je mehr davon, desto erfolgreicher wirst du sein."

Der 19-jährige Höjlund zeigt mit sechs Toren in neun Spielen auf, schon zwei Gegen Rapid. Was zeichnet ihn aus?

"Er bringt viel Qualität mit. Meine Erfahrung ist, dass die Spieler, die aus dem Norden kommen, sehr anpassungsfähig sind. Ich habe jetzt schon mit vielen zusammengespielt. Die brauchen nicht viel Zeit, sind schnell integriert. Spielerisch: Die Wucht, die er hat, die Schnelligkeit, der Abschluss mit dem linken Fuß – du merkst auch die gute Ausbildung im dänischen Fußball."

"Wenn ich das mit dem Kelvin vergleiche: Der hat das immer ein bisschen unorthodox gemacht. Der Rasmus ist einer, der alles schon mit viel Intelligenz und Bedacht macht. Der weiß, wo er den Ball ablegen und er hinlaufen muss. Ich habe zwei Spieler erlebt, die sehr viel mitbringen für eine große Fußballerkarriere."

Rückkehr ins ÖFB-Team?

Du hältst bei 23 Länderspielen. Aktuell läuft die Suche nach einem neuen Teamchef. Hoffst Du auf eine Einberufung?

"Thema ist es immer, solange ich Fußball spiele. Es ist nur nicht des vorrangige Thema für mich. Für mich ist klar, ich muss beim Klub Leistung bringen. Das ist das, was ich beeinflussen kann. Das andere entscheidet dann der Teamchef. Für mich war es immer eine Ehre, es hat mich mit sehr viel Stolz erfüllt. Das sollte auch so sein, jeder Spieler soll dieses Gefühl haben, wenn er zum Nationalteam fährt."

Du hast Red-Bull-Vergangenheit. Ihre Spielweise ist bei der Teamchefsuche ein großes Thema. Wie stehst Du dazu?

"Da bringe ich mich nicht ein. Für das gibt es Leute, die sich damit intensiv befassen. Die Leute müssen dementsprechend entscheiden. Da habe ich als Jakob Jantscher von Sturm Graz keine Meinung abzugeben."

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    IMAGO Images

    Jantscher, der Obstbauer

    Wenn Du nicht auf dem Platz stehst, bewirtschaftest Du eine Obstplantage mit 3000 Bäumen. Wie kam es dazu?

    "Ich bin außerhalb der Stadt aufgewachsen, war auch bei meinen Stationen zuletzt immer eher im ländlichen Bereich. Ich bin relativ zufällig auf das Grundstück hier gestoßen, habe gesagt, hier kann ich mir gut vorstellen, ein Haus zu bauen – das steht mittlerweile. Es war einfach ein idealer Ort, wo ich gesagt habe: Hier will ich mein Leben verbringen. Du hast Ruhe, kannst gut abschalten, hast viel Platz und Natur. Ein schöner Rückzugsort auch für die Kinder. Es ist ein guter Ausgleich für den Fußball-Alltag. Das habe ich auch gebraucht, um zur Ruhe zu kommen."

    "Ob es ein Standbein ist? Das ist für mich der Ort, wo ich mein Leben verbringe. Ich habe da mein Haus gebaut. Alles, was da dabei ist, ist ein schönes Mitbringsel. Die Bäume, die du bewirtschaften kannst. Ich habe Teiche, Fische, ich hacke Holz, ich fahre mit dem Traktor. Das gehört alles dazu."

    Du brennst auch Deinen eigenen Schnaps. Gibt es schon Kunden unter Deinen Kollegen oder gar Gegnern?

    "Nein, das ist ja erst angelaufen. Ich klopfe auf Holz, aber es lauft bisher wirklich gut an. Es gibt natürlich viele Sturm-Fans, die das interessiert. Die sehen, der Jantscher macht da einen Edelbrand. Deswegen ist es eine coole Geschichte, die ganz gut passt. Es war immer mein Plan: Ich kaufe keine Obstplantage, und drehe dann alles um und mache alles anders. Ich möchte das auch so weiterführen und dementsprechend die Produkte dann auch so verarbeiten, dass ich einen Nutzen davon habe."

    Der Ukraine-Krieg

    In der Saison 2012/2013 hast Du für Dinamo Moskau gespielt. Wie hast Du die russische Invasion in der Ukraine in den vergangenen Wochen verfolgt?

    "Interessiert mich grundsätzlich sehr. Ist eh klar. Das gehört dazu, dass man sich für Sachen interessiert, die auf der Welt passieren. Es ist unmittelbar vor uns. Ich bin jetzt doch auch zweifacher Papa. Wenn man dann sieht, was dort passiert, ist das auch für mich dann schon sehr schwer, nachzuvollziehen, wie eine einzige Person so etwas in Gang setzen kann. Wenn du im Jahr 2022 lebst, ist das in Europa eigentlich relativ schwer vorstellbar. Viele Leute auf der Welt hoffen wie ich, dass das Leid schnell vorbei ist."

    "Ich war nur ein Jahr dort. Es geht mir dann grundsätzlich darum, das ganze Weltgeschehen wird davon beeinflusst, das ist schon sehr zerstörend. Ich finde das dann sehr drastisch, wenn das von einer Person ausgeht. Das ist schon sehr traurig."