Gesundheit

Totimpfstoff oder mRNA: Was ist besser?

"Heute" sprach mit der Virologin Monika Redlberger-Fritz, um mit Mythen und Vorurteilen zu den verschiedenen Impfstoffen aufzuräumen.

Sabine Primes
mRNA-Impfstoffe sind schneller und leichter zu adaptieren als Totimpfstoffe. In einer Pandemie wertvolle Zeit, die gewonnen wird.
mRNA-Impfstoffe sind schneller und leichter zu adaptieren als Totimpfstoffe. In einer Pandemie wertvolle Zeit, die gewonnen wird.
Getty Images/iStockphoto

In der EU könnte es womöglich bald ein einen fünften Corona-Impfstoff geben. Der US-Pharmakonzern Novavax hat eine Marktzulassung beantragt. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA kündigte an, den Zulassungsantrag für das Vakzin beschleunigt prüfen zu wollen. Dieser Impfstoff ist ein so genannter Totimpfstoff der "vorigen Generation", erklärt Virologin Monika Redlberger-Fritz im "Heute"-Gespräch.

Das heißt, das das Vakzin für die Immunisierung abgetötete Bestandteile des neuartigen Coronavirus enthält. Anders als die Hersteller Biontech/Pfizer und Moderna, die ihre Impfstoffe auf Grundlage der neuartigen mRNA-Technologie herstellen, setzt Novavax auf eine recht traditionelle Methode, der vor allem impfkritische Menschen zugetan sind und sie lieber auf die Zulassung dieses Vakzins warten, als sich mit den verfügbaren Impfstoffen immunisieren zu lassen. Warum ist das so?

"Ich denke, dass diese Menschen neuen Technologien kritisch gegenüber stehen oder sich sogar davor fürchten und der alten Technologie daher mehr vertrauen". so Redlberger-Fritz.

Bei der Herstellung eines Totimpfstoffes werden unter anderem Krankheitserreger mit der Hilfe von physikalischen oder chemischen Prozessen abgetötet bzw. inaktiviert. Dadurch können sie sich nicht mehr vermehren und keine Infektion auslösen. Meist werden diese inaktivierte Impfstoffe mit einem so genannten Adjuvans verabreicht. Das bedeutet, sie enthalten einen "Verstärker", damit die Immunantwort verbessert wird, die ansonsten nicht so gut ausfallen würde.
Bei der Herstellung von Lebendimpfstoffen werden Krankheitserreger durch spezielle Verfahren abgeschwächt und verlieren dadurch – teilweise oder ganz – ihre krankmachenden Eigenschaften. Sie können jedoch weiterhin eine Abwehrreaktion des Körpers auslösen. Die abgeschwächten Erreger bleiben zum Teil vermehrungsfähig und können im menschlichen Körper zu ähnlichen Reaktionen wie bei einer Erkrankung führen –  jedoch in der Regel ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen.

mRNA: Die neue Technologie

"mRNA-Imfpstoffe gehören weder zu den Tot- noch Lebendimpfstoffen, sondern stellen eine eigene Technologie dar", hält die Expertin fest. Unterschiedlich dabei ist, wie die Erreger(-bestandteile) in den Körper transportiert werden: Während diese bei anderen Impfstofftechnologien direkt verabreicht werden, wird mit mRNA-Impfungen nur der Bauplan, die so genannte "Messenger RNA", für bestimmte Eiweißstoffe - im Fall von Corona des Spike-Proteins" - im Labor hergestellt und dem Impfstoff hinzugefügt. Damit können Zellen des menschlichen Körpers diesen Eiweißstoff selbst produzieren. Das wird von speziellen Immunzellen erkannt und regt das Immunsystem an, Antikörper dagegen zu produzieren und spezifische - gegen Teile des fremden Proteins gerichtete - T-Zellen zu erzeugen.

Entgegen vieler Mythen, wird die mRNA, die über den Impfstoff verabreicht wurde, wird nach kurzer Zeit (7-10 Tage) vom Körper abgebaut. Danach findet keine weitere Produktion des Virusproteins mehr statt.

Impfung "harmloser als Erkrankung"

"Die Impfung ist deshalb auch x-fach harmloser als eine Covid-Erkrankung. Denn bei einer Infektion habe ich das ganze Virus in mir von dem alles unkontrolliert produziert wird, während ich bei der mRNA-Impfung nur den Bauplan geimpft bekomme, der nach 7-10 Tagen vom Körper wieder abgebaut wird. Sprich, länger als das produziert mein Körper diesen Bauplan auch nicht", sagt die Virologin und entkräftet damit das Gerücht, der Impfstoff würde das menschliche Erbgut verändern.

Der Vorteil von mRNA

Der Vorteil von mRNA-Impfstoffen: Sie können schneller besser adaptiert werden als Totimpfstoffe, bei denen eine Adaption wesentlich länger dauern würde. Im Hinblick auf die neu aufgetretene Omikron-Variante ist das ein wesentlicher Vorteil. "In der aktuellen Pandemie haben keine Zeit, 1 Jahr auf einen adaptierten Impfstoff zu warten. Deshalb ist im Falle von SARS-CoV-2 der mRNA-Impfstoff das Mittel der Wahl."

Wird jetzt jede Impfung auf mRNA umgestellt?

"Nein. Erstens, weil die 'alten' Impfungen sehr gut funktionieren und zweitens, weil sich nicht jeder Erreger für eine mRNA-Impfung eignet. Es kommt darauf an, welcher Erreger es ist, wie er funktioniert, wie er in den Körper eindringt und in in welche Zellen er eindringt", hält Redlberger-Fritz fest und erklärt, dass es beispielsweise deshalb noch keine Impfung gegen Hepatitis C gibt. Weil der Erreger stark krankmachend ist, wäre die Gefahr (noch) zu hoch, von der Impfung eine chronische Hepatitis zu bekommen.

Was wirkt besser?

In Studien zeigte sich eine gleich gute Wirksamkeit von Totimpfstoffen im Vergleich zu mRNA-Vakzinen. Redlberger-Fritz: "Das erreichen die Totimpfstoffe durch das Adjuvans, mit dem sie verabreicht werden. Wäre die Wirkung nicht zumindest gleich gut, würden die Totimpfstoffe gar nicht zugelassen werden." Bezüglich Impfreaktionen seien mRNA wie auch Totimpfstoffe wie Novavax auf demselben Level, sagt die Medizinerin.

Nicht warten, jetzt impfen

Dennoch appelliert die Virologin - wie auch andere Fachkollegen - dazu, nicht auf den Totimpfstoff zu warten, sondern sich jetzt impfen zu lassen. "Wir stecken mitten in einer Welle und da haben wir keine Zeit abzuwarten. Wir müssen jetzt handeln. Die mRNA-Impfstoffe sind sicher und wirken einem schweren Verlauf und Tod durch SARS-CoV-2 entgegen."