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Über Internet entschieden, aber mit Knopf überfordert

Heute Redaktion
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Blamage für die EU-Abgeordneten in Straßburg: Einige Politiker, die über die Zukunft des Internet abstimmten, waren mit einem Knopfdruck überfordert.

Mit dem vom EU-Parlament in Straßburg verabschiedeten Gesetz will die EU das Urheberrecht an das digitale Zeitalter anpassen. 348 Abgeordnete votierten dafür, 274 dagegen. 36 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Beobachter gehen davon aus, dass der Beschluss das Internet, wie wir es kennen, grundlegend verändern wird. Was das neue EU-Gesetz für User bedeutet, lesen Sie hier.



Der "Artikel 13" verlangt von Websites, dass sie für alle Inhalte, die unter das Urheberrecht fallen, vorab eine Lizenz erwerben müssen. Damit haften die Plattformen auch für Bilder, Videos oder Musik, die von ihren Nutzern hochgeladen wurden. Außerdem müssen die Dienste im Vornherein Inhalte blockieren, bei denen es sich um unerlaubte Kopien handeln könnte. Google, YouTube, Facebook und Co. dürften also in der jetzigen Funktion nicht mehr arbeiten.

"Versehentlich gedrückt"

Für Aufregung sorgt nun, was von der Abstimmung der EU-Parlamentarier durchdringt. Während in Europa Zehntausende gegen die Reform auf die Straße gingen, es massive Proteste gegen Uploadfilter und Zensur gab und Experten vor den unabsehbaren Folgen warnten, dürften sich genau jene blamiert haben, die letztlich über die Zukunft des Internet entschieden: Die EU-Abgeordneten.

Was war geschehen? Wie die Dokumentation des Europaparlaments zur Abstimmung zeigt, ließen zehn Politiker ihre Stimme, die per Knopfdruck abgegeben wurde, nachträglich ändern. Wäre das während der Knopf-Abstimmung geschehen, wären neue Anträge berücksichtigt worden – dafür hätte man nur fünf Stimmen gebraucht. Zugegeben haben mittlerweile mehrere Abgeordnete der Schweden-Partei, "versehentlich den falschen Knopf gedrückt zu haben."

Der Aufschrei ist groß

"Hätten alle KollegInnen und Kollegen heute richtig abgestimmt, hätte es eine Mehrheit dafür gegeben, über Änderungen an Artikel 13 und Artikel 11 vorzunehmen", so EU-Parlamentarier Tiemo Wölken. Besonders bitter: Die Knopf-Abstimmung ist gültig, obwohl das Ergebnis im nachhinein das Gegenteil zeigt. So sind offiziell 322 Abgeordnete für Änderungen an Artikel 13, 317 dagegen.

Im Netz ist der Aufschrei indes groß und von einer Blamage der EU-Abgeordneten die Rede. Der Vorwurf: Entweder die Abgeordneten hätten nachträglich ihre Stimmen in der Dokumentation ändern lassen, um vor den Bürgern gut dazustehen und ihre Verantwortung zu leugnen – oder es haben Menschen über das Internet abgestimmt, die mit einem simplen Knopfdruck überfordert seien. (rfi)