In der Welt der Mode dreht sich das Kreativdirektoren-Karussell munter weiter - und sorgt jetzt für einen überraschenden Richtungswechsel. Demna Gvasalia, bekannt für seine provokativen Designs bei Balenciaga, übernimmt die kreative Leitung von Gucci. Damit beginnt eine völlig neue Ära für das italienische Traditionshaus.
Die bisherigen Kollektionen von Sabato De Sarno, der für einen schlichteren, eleganten Look stand, konnten nicht an den Erfolg von Vorgänger Alessandro Michele anknüpfen. Nun soll Gvasalia mit seinem avantgardistischen Stil die Marke neu beleben – und das könnte Gucci grundlegend verändern.
Der in Georgien geborene Designer verlässt damit nach zehn Jahren seinen Posten bei Balenciaga. Ab 2015 definierte der heute 43-Jährige mit einer düsteren, breitschultrigen und Streetwear-beeinflussten Identität eine Mode-Ära und verhalf dem alteingesessenen Pariser Couture-Haus zu erheblichem Wachstum.
Nur ein Jahr zuvor, 2014, hatte Demna mit seinem Bruder Guram das Label Vetements gegründet – dabei war der Name bewusst schlicht gewählt worden (auf Französisch bedeutet er "Kleider"). Das Label stellte die Modewelt auf den Kopf, indem es überdimensionale Schnitte, provokante Prints und ironische Designs in den Mainstream brachte, wofür auch immer wieder Kritik hagelte. Eines der berühmtesten Stücke war ein DHL-T-Shirt, das wie eine normale Lieferuniform aussah – aber für 245 Euro verkauft wurde.
Aber auch als Kreativchef von Balenciaga stand Gvasalia in der Kritik: In einer Kampagne aus dem Jahr 2022 halten Kinder Teddybären im BDSM-Look in den Händen. Die Internet-Community und der Kinderschutz verurteilten die Bilder damals scharf. Das Label sowie Gvasalia entschuldigten sich daraufhin für die missglückte Werbekampagne: "Es war unangemessen, Kinder für Objekte werben zu lassen, die nichts mit ihnen zu tun haben."
Zur gleichen Zeit arbeitete der Modeschöpfer eng mit Kim Kardashian und Kanye West zusammen. 2021 sorgte Demna Gvasalia für einen der meistdiskutierten Red-Carpet-Momente des Jahres. Kim Kardashian erschien auf der Met Gala in einem komplett schwarzen, verhüllenden Balenciaga-Outfit – von Kopf bis Fuß verdeckt, ohne dass ihr Gesicht zu erkennen war.
Der Look löste hitzige Debatten aus: Ging es um Anonymität in der modernen Gesellschaft? Um eine Kritik an Celebrity-Kultur? Oder war es einfach nur ein cleverer PR-Stunt? Was auch immer die Absicht war – das Bild von Kardashian auf der Treppe der Met wurde einer der ikonischsten Modemomente der letzten Jahre.
Kanye West hingegen eröffnete auf der Paris Fashion Week 2022 die Balenciaga-Show. Nach antisemitischen Posts von Kanye kündigte die Modemarke jedoch noch im selben Jahr ihre Zusammenarbeit mit dem umstrittenen Rapper. "Balenciaga unterhält mit diesem Künstler keine Beziehungen mehr, es gibt auch keine Pläne für zukünftige Projekte", zitierte "WWD" den Luxuskonzern Kering, zu dem die Marke Balenciaga gehört.
Mit Demna Gvasalia an der Spitze könnte Gucci also vor einem radikalen Wandel stehen. Wird er das Haus in eine düstere, konzeptuelle Richtung lenken, ähnlich wie bei Balenciaga? Oder wird er den verspielten Glamour von Alessandro Michele mit seiner eigenen Ästhetik zu kombinieren? Eines ist klar: Mit Demna wird Gucci auf jeden Fall provokativer und vielleicht sogar gesellschaftskritischer.