Ukraine

Experte teilt im ORF aus: Planlos-EU vergeigt Embargo

Dank der Orban-Blockade fällt das EU-Embargo auf Russen-Öl relativ zahnlos aus. Damit schade sich die Union selbst mehr, kritisiert Guntram Wolff.

Roman Palman
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Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Screenshot ORF

Zu Beginn des Ukraine-Kriegs ging es auf EU-Seite ruckizucki mit den Sanktionen, doch inzwischen bröckelt die Einigkeit wieder. Besonders Viktor Orban, der beste Beziehungen zu Wladimir Putin und dem Kreml unterhält, erweist sich als Blockierer. Beim jüngst zu beschließenden Öl-Embargo legte sich der ungarische Premier quer und presste den anderen Staaten Zugeständnisse ab.

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Zum einen setzte er durch, dass die Österreich-Nachbarn Ungarn, Slowakei und Tschechien wegen ihrer großen Abhängigkeit weiterhin russisches Öl durch die Druschba-Pipeline ins Land pumpen dürfen. Als wären damit diesem Embargo noch nicht alle Zähne gezogen, kommt es noch dicker. Der Boykott betrifft nur Öllieferungen, die auf dem Seeweg in die EU kommen – und soll sowieso erst 2023 in Kraft treten. Bis dahin finanziert Europa noch ein halbes Jahr den russischen Staatshaushalt voll weiter.

Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Screenshot ORF

Ein schrecklicher Kompromiss, findet auch Guntram Wolff, der Direktor des Bruegel-Instituts in Brüssel, am Donnerstag in der ZIB2. Die Frage von ORF-Moderatorin Margit Laufer, ob die EU eine wichtige Chance für Druck auf Wladimir Putin vergeben habe, beantwortete er mit einem klaren Ja.

EU schadet sich selbst mehr

Die russischen Einnahmen aus dem Öl-Export seien nicht gesunken, sondern im Gegenteil stark nach oben gegangen. Zwar bleibe die gelieferte Menge noch gleich, doch der enorme Preisanstieg spült satte Gewinne in die Kreml-Kassen. Wolffs düsteres Fazit: "Dieses Jahr ist die Finanzierung des russischen Haushalts durch Öl- und Gas-Exporte gesichert." Heißt: Putin muss sich trotz aller Sanktionen keine Sorgen machen, dass ihm mitten im Krieg das Geld ausgeht.

Im kommenden Jahr könnte das dann aber ganz anders aussehen. Das Embargo könnte Russland finanziell schon ins Strudeln bringen, denn noch ist unklar, ob Putin genug liquide Abnehmer für sein Öl finden kann.

Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Guntram Wolff zu Gast in der ZIB2 mit Margit Laufer am 2. Juni 2022.
Screenshot ORF

Bis dahin schade sich die EU damit mehr selbst, mahnt der Bruegel-Chef. Die Ankündigung des Embargos habe die Preise weiter nach oben schnellen lassen. Putin verdient daran umso mehr, während die europäischen Staaten mit einem Kaufkraftverlust und hoher Inflation zu kämpfen bekommen.

Zölle statt Embargo

Für Wolff ist klar: anstelle eines Embargos wären Zölle das weitaus bessere Mittel gewesen, um die russischen Profite einzuschränken. Im ORF-Talk unterstellte er EU-Politikern in diesem Punkt Planlosigkeit: "Ich glaube, viele politische Entscheidungsträger verstehen nicht, dass ein Zoll nicht eins zu eins auf den heimischen Konsumenten weitergegeben wird." Den Großteil der zusätzlichen Kosten müsste in der derzeitigen Konstellation erstmal der Kreml tragen.

Und: Ein Zoll würde die Weltmarktpreise sogar eher entspannen, da weiterhin die selbe Menge an Öl und Gas abgefragt werden würde und auch die Versorgungssicherheit der Länder gegeben bliebe. Auch das würden auf EU-Ebene die wenigsten verstehen, kritisiert der Experte.

Gegen Lohn-Erhöhungen

Dass die Mitgliedsstaaten nun Maßnahmen gegen die Teuerung ergreifen müssten, ist auch für ihn klar. Die Europäische Zentralbank müsse nun auch die Zinsen erhöhen, um den Inflationsdruck zu senken. "Das hat aber wieder Auswirkungen auf Aktienmärkte und andere Teile der Gesellschaft."

Gleichzeitig spricht er sich aber gegen eine Anpassung der Löhne auf das neue Preisniveau aus. Das würde zu einer Lohn-Preis-Spirale führen. Stattdessen sollte armutsgefährdeten Haushalten besser mit satten Einmalzahlungen gegen die Teuerung geholfen werden.

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