Neues Rekruten-Mindestalter

Ukrainische Männer fliehen vor neuem Einberufungsgesetz

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski senkte aus verschiedenen Gründen das Mindestalter für die militärische Rekrutierung um zwei Jahre.

Lukas Leitner
Ukrainische Männer fliehen vor neuem Einberufungsgesetz
In der Ukraine kann man bereits ab 25 Jahren zum Wehrdienst gerufen werden. (Symbolbild)
Getty Images

Mit nur einem Einzeiler wird die Gesetzesnovelle auf der ukrainischen Parlamentshomepage veröffentlicht. In ihr geht es um eine Herabsetzung des Mindestalters für eine militärische Rekrutierung. Bislang musste man dafür 27 Jahre alt sein, nun können Ukrainer ab 25 Jahren einberufen werden. Internationale Kritik soll der Grund für die Änderung sein.

Das Gesetz liegt bereits seit über einem Jahr auf dem Tisch des ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Lange wurde über die Änderung des Alters im Parlament gestritten. Selenski sah sich aber praktisch gezwungen, die Novelle jetzt durchzuführen und das aus mehreren Gründen.

Mangel an Soldaten

Einerseits gibt es an der Front einen Personenmangel. Viele Soldaten sind seit Kriegsbeginn im Dauereinsatz und eine Rotation ist kaum möglich, weil Soldaten zum Austauschen fehlen. Das Durchschnittsalter liegt mittlerweile bei 43 Jahren.

Das Einberufungsalter ist auch im internationalen Vergleich sehr hoch. In Israel zieht man schon mit 18 Jahren ein, in der Türkei mit 20. Grund dafür ist die demografische Gegebenheit der Ukraine. Die Generation der 20- bis 30-Jährigen ist stark unterrepräsentiert. Deshalb wolle man den Menschen zuerst eine Familiengründung ermöglichen. Dadurch soll auch die bereits ausgedünnte Bevölkerung nicht weiter schrumpfen.

Druck aus dem Westen

Der andere Grund, für die Novelle, könnte der zunehmende Druck aus dem Westen sein. "Ihr seid in einem Kampf um euer Leben, also sollt ihr dienen – nicht erst mit 25 oder 27", sagte der Trump-nahe US-Senator Lindsay Graham letztens bei einem Kiew-Besuch öffentlich. Wenn Kiew in Zukunft weiter Geld aus dem Westen bekommen möchte, müsse es deshalb selbe etwas leisten. Damit ist auch gemeint, junge Männer zu rekrutieren.

Ukrainer haben Angst

Das neue Gesetz sorgt bei den Ukrainern für Angst. Vor allem in sozialen Netzwerken kursieren viele Videos, in denen junge Männer von Behördenvertreter aus dem Auto gezerrt werden, weil sie sich angeblich der Einberufung entzogen hätten. Viele Clips sollen allerdings ein Fake sein.

Trotzdem gibt es in zahlreichen Städten Telegram-Gruppen, in denen gewarnt wird, an welcher Metrostation man angehalten wird. Die Videos sorgen auch dafür, dass sich immer mehr Männer verstecken. Bereits rund 650.000 Männer im wehrfähigen Alter sollen das Land verlassen haben.

Die Verweigerung des Wehrdienstes ist aber verboten. Gegen 6.000 Verweigerer läuft deshalb schon ein Strafverfahren. Die Bevölkerung selbst aber hat Verständnis für die Flüchtigen. Mehr als die Hälfte sieht im Fronteinsatz ein "One-Way-Ticket".

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Auf den Punkt gebracht

  • Die ukrainische Regierung hat eine Gesetzesnovelle verabschiedet, die das Mindestalter für die militärische Rekrutierung von 27 auf 25 Jahre senkt
  • Dieser Schritt erfolgt aufgrund des Mangels an Soldaten an der Front sowie des internationalen Drucks, insbesondere aus dem Westen
  • Die Bevölkerung reagiert besorgt, da bereits viele Männer das Land verlassen haben und die Wehrdienstverweigerung mit Strafverfahren geahndet wird
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