Die US-Regierung von Donald Trump will den Druck aus der Affäre Epstein nehmen. Soeben hat das Justizministerium eine Befragung der früheren Komplizin Ghislaine Maxwell angekündigt. Auch sollen die Abgeordneten vorzeitig in die Sommerpause geschickt werden, um eine Abstimmung über die Freigabe der Akten zu verhindern.
Trump ist derweil in den Dauer-Kampfmodus übergegangen. Seit Tagen teilt er gegen den früheren US-Präsidenten Barack Obama aus. Zuletzt beschuldigte er diesen, einen Putsch geplant und "Verrat" begangen zu haben - im Oval Office und im Beisein des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr., nota bene.
Auch dem "Wall Street Journal" (WSJ) hat der US-Präsident den Krieg erklärt. Die Zeitung hatte letzte Woche von einem schlüpfrigen Glückwunschschreiben Trumps an Epstein berichtet und damit eine weitere Verbindung zwischen Epstein und Trump hergestellt. Der US-Präsident bestreitet, Urheber des Briefs von 2003 zu sein.
Er überzog die Zeitung und Medienmogul Rupert Murdoch, zu dessen Portfolio das WSJ zählt, mit einer Milliardenklage. "Das kann noch zu einem veritablen Showdown werden", sagt US-Politexperte Guido Weber. "Trump nimmt es da nicht mit irgendjemandem auf."
Der einstige Wahlkämpfer Weber kennt die Kniffe und Tricks im US-Polit- und Medienbetrieb aus eigener Hand. "Das WSJ wird diverse Quellen aufs Genauste geprüft haben und sich die Echtheit der Skizze bestätigen haben lassen", sagt er. "Wenn sie sich in diesen Hosenlupf mit Trump begeben, dürften sie noch mehr Munition haben."
Womöglich hätten die Zeitung und Murdoch bereits weitere Zeugen oder belastendes Material zur Hand, die man nicht gerade am Anfang veröffentliche, so Weber. "Dann ginge es für Trump wirklich in eine Negativspirale."
Es erinnert ein bisschen an die Pentagon Papers. Zudem dürfen wir auch den Dritten im Bund nicht vergessen. Elon Musk verhält sich im Moment auffällig ruhig. Würde sich der X-Chef mit Verleger Murdoch zusammentun, hätten die beiden zahlreiche Informationskanäle gerade auch zu den Trump-Wählern.
Ich wäre zwar nicht besonders überrascht, wenn weitere schlüpfrige Geschichten oder noch Schlimmeres ans Licht kommen würden. Fest steht aber auch, dass Trump den Kontakt zu Epstein seit etwa 15 Jahren abgebrochen hat. Er kann immer noch sagen: ‹Ich war jung und habe ein bisschen Seich gemacht, so waren wir halt damals in New York›. Wenn er es mit dem Brief im WSJ auf diese Art hätte drehen können, dann wäre wohl nicht viel hängen geblieben.
Er stand unter Zugzwang und konnte das nicht einfach stehen lassen. Zudem gehört ja die erratische Kampfform zu Trumps bewährten Mustern. Aber tatsächlich hat er die Diskussion rund um den Epstein-Fall im Moment nicht unter Kontrolle. Trump steckt ja auch in einer unangenehmen Lage: Seine Anhänger erwarteten nach den ganzen Versprechungen aus dem Wahlkampf, dass er den Washingtoner Sumpf trockenlegt und die Elite und alle, die sie hassen, auffliegen lässt. Doch jetzt deckt er nichts auf und sagt ihnen auch noch, sie seien dumm, an so eine Verschwörung zu glauben. So fühlen sich auch Trumps eifrigste Wähler veräppelt: Entweder haben sie sich für nichts so engagiert oder dann hat Trump bei Epstein selbst etwas zu verbergen.
Trump droht ernster politischer Schaden, wenn ein Teil seiner motiviertesten Anhänger aus Enttäuschung den Midterm-Wahlen in rund 15 Monaten fernbleibt. Denn die Handhabung der Epstein-Akten stellte diese letztlich vor das Dilemma: Entweder es gibt keinen Deep State und sie wurden im Wahlkampf verschaukelt - oder die Epstein-Dokumente bleiben unter Verschluss, weil Trump selbst irgendwie involviert ist. Ein Teil der Maga-Bewegung weiß grad nicht mehr, wofür er jetzt eigentlich kämpft. Mit Blick auf die Zwischenwahlen dürfen wir auch die Wähler der Mitte nicht vergessen, die letztes Mal republikanisch wählten und die schlüpfrigen Geschichten um Trump und den Investmentbanker zunehmend eklig finden.
Nein, dafür müsste die Epstein-Sache weitere Kreise ziehen und Trump viel stärker involviert sein. Sollten sich nach den Zwischenwahlen kommendes Jahr aber die Mehrheitsverhältnisse im Repräsentantenhaus zugunsten der Demokraten ändern - etwa weil ein Teil der Maga-Bewegung fernbleibt - kann ein erneutes Amtsenthebungsverfahren eingeleitet werden. Das dürften die Demokraten auch anstreben. Ob so ein Verfahren auch die Hürden im Senat nehmen würde, ist aber fraglich.
So manches ist komisch an der Geschichte. Eben: Wieso sollte Trump nur Teile der Epstein-Akten veröffentlichen, wenn er nicht wirklich etwas zu befürchten hat? Die Frage stellen sich jetzt in den USA viele Wähler. Die Maga-Bewegung ist enorm verunsichert und enttäuscht darüber, dass vieles immer noch nicht aufgeht. Doch Prognosen kann ich keine abgeben - dafür muss ich erst die neue Staffel dieser Show schauen.