Gesundheit

Verändert Alkoholkonsum wirklich deine Persönlichkeit?

Du denkst, du hast dich betrunken mal wieder bis auf die Knochen blamiert und bist in Wahrheit gar nicht so? Dann kannst du beruhigt aufatmen.

Sabine Primes
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Alkohol wirkt bei jedem anders. Deswegen den Genuss unter Kontrolle halten.
Alkohol wirkt bei jedem anders. Deswegen den Genuss unter Kontrolle halten.
Getty Images/iStockphoto

Dass sich manche Menschen unter Alkoholeinfluss anders verhalten können, kennt man wohl aus dem eigenen Freundeskreis, wenn es mal zu feucht-fröhlich zugegangen ist. Der eine wird weinerlich, der andere wagemutig und der Dritte möchte überhaupt der Welt einen "Hax'n" ausreißen. 

Diese Veränderungen hat Wissenschaftlerin Rachel Winograd von der Universität Missouri unter Laborbedingungen untersucht. Die Untersuchung wurde mit 156 Teilnehmern durchgeführt und im Clinical Psychological Science Journal veröffentlicht. Zuerst sollten die Probanden eine Selbsteinschätzung zu ihrem nüchternen sowie betrunkenen Ich machen, anschließend wurden diese Angaben im Feld einem Test unterzogen.

Betrunken unter Laborbedingungen

Später kamen die Teilnehmer in Freundesgruppen von dritt oder viert ins Labor. Die Hälfte der Gruppen wurden mit einer abgemessenen Menge Alkohol versorgt – etwa genug, um einen Rausch von 0,09 Promille zu erzeugen – und die andere Hälfte nicht. Die Freunde nahmen an Aktivitäten und Spielen teil, während ihr Verhalten aufgezeichnet wurde, um später von mehreren geschulten Beobachtern gemäß dem Fünf-Faktoren-Modell der Persönlichkeit beobachtet zu werden.

Selbstwahrnehmung versus Fremdwahrnehmung

Die Teilnehmer, die Alkohol tranken, berichteten von Veränderungen in allen fünf Persönlichkeitsfaktoren. Also über ein geringeres Maß an Gewissenhaftigkeit, Offenheit für Erfahrungen und Verträglichkeit, und sie berichteten über ein höheres Maß an Extraversion und emotionaler Stabilität (das Gegenteil von Neurotizismus).

Allerdings – und das ist das interessante Ergebnis der Studie – sahen die externen Beobachter deutlich weniger Unterschiede zwischen den nüchternen und betrunkenen "Persönlichkeiten". Die Einschätzung der Beobachter und die Selbstauskunft stimmten nur in einem Aspekt überein: Extraversion.

Unterschiedliche Perspektive

Während die Studie die Ursache für die gefundenen Ergebnisse nicht erklären kann, vermuten die Autoren, dass die Diskrepanzen zwischen der Selbstwahrnehmung der Trinker und der Einschätzung der Beobachter auf eine unterschiedliche Perspektive zurückzuführen sind.

"Wir glauben, dass sowohl die Teilnehmer als auch die Bewerter sowohl genau als auch ungenau waren – die Bewerter berichteten zuverlässig, was für sie sichtbar war, und die Teilnehmer erlebten interne Veränderungen, die für sie real, aber für Beobachter nicht wahrnehmbar waren", erklärt Winograd.