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VfGH entscheidet, ob "Bundestrojaner" legal ist

Heute Redaktion
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Das "Sicherheitspaket" der türkis-blauen Koalition steht heute am Höchstgericht auf dem Prüfstand. Ist der "Bundestrojaner" erlaubt?

Die Opposition und mehrere NGOs hatten massive Zweifel am türkis-blauen "Sicherheitspaket" - unter anderem wegen dem "Bundestrojaner", der Verkehrsüberwachung und der Datenspeicherung.

NEOS und SPÖ haben die Sache vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) gebracht und fechten das bereits beschlossene Paket an. Ist es verfassungswidrig? Das werden nun die obersten Verfassungsrichter entscheiden.

Verhandlung am Dienstag

Am Dienstag gibt es dazu eine Verhandlung. VfGH-Vizepräsident Christoph Grabenwarter, der übernahm, als die bisherige Präsident Brigitte Bierlein zur Kanzlerin wurde, wird die Verhandlung leiten.

Überblick

Worum geht es eigentlich? Besonders der sogenannte "Bundestrojaner" birgt ein hohes Missbrauchsrisiko, wie Gegner der Maßnahme betonen. Das "Sicherheitspaket" insgesamt soll gegen die Grundrechte verstoßen.

"Bundestrojaner", geplant ab 1. April 2020

Mit dem "Bundestrojaner" können Behörden eine staatliche Spionagesoftware anwenden, um an Handy-Daten zu kommen. So haben Ermittler in Zukunft auch Zugriff auf verschlüsselte Kommunikation über Messenger-Dienste wie Whatsapp oder Signal. Auch Kontakte einer verdächtigen Person, etwa auf Facebook, werden durchleuchtet.

Das Gesetz sieht vor, dass der "Bundestrojaner" erst zum Einsatz kommen soll, wenn die Person eines Verbrechens mit Strafmaß von mehr als zehn Jahren verdächtigt wird. Auch bei Verdacht auf terroristische Straftaten, Straftaten gegen Leib und Leben und gegen die sexuelle Integrität (Strafmaß über fünf Jahre) soll er eingesetzt werden.

Juristen sehen das äußerst kritisch. Denn: schon allein der Verdacht reicht aus, um derart weitreichend überwacht zu werden. Wie schnell das gehen kann, zeige etwa der Tierschützerprozess 2011. Die Tierschützer, die am Ende freigesprochen wurde, waren der Bildung einer kriminellen Vereinigung verdächtigt worden - und wären damit schon im Visier des "Bundestrojaners" gewesen.

Videoüberwachung: Polizei schaut mit

Die Polizei wird Zugriff auf Überwachungskameras von öffentlichen und privaten Einrichtungen, denen ein staatlicher Versorgungsauftrag zukommt, bekommen (Verkehrsbetriebe, Autobahnen, Flughäfen). Und das auch in Echtzeit. Aufnahmen müssen zudem vier Wochen lang gespeichert werden.

Die Rechtsanwaltskammer kritisierte diese "verdachtsunabhängige Echtzeitüberwachungsmöglichkeit ohne vorherige richterliche Bewilligung" als massiven Grundrechtseingriff im öffentlichen Raum.

Datenspeicherung: Telefonüberwachung

Obwohl die Vorratsdatenspeicherung seit 2014 nicht mehr erlaubt ist, müssen Telekombetreiber die Daten einzelner Kunden auf Geheiß der Staatsanwaltschaft speichern ("Anlassdatenspeicherung"). Wer mit wem telefoniert, wo der Standort ist - all das kann bei einem drohenden Strafrahmen von schon sechs Monaten - gespeichert werden. Auch die Speicherdauer wird von sechs auf zwölf Monate verdoppelt.

Verkehrsüberwachung Plus

Auch die Section Control ist vom "Sicherheitspaket" betroffen. Sie soll in Zukunft neben den Kennzeichen auch Marke, Typ und Farbe sowie Infos zum Lenker automatisch erfassen. Dies soll zwei Wochen lang gespeichert werden, im Verdachtsfall sogar fünf Jahre.

Rechtsanwälte kritisieren, dass man damit ein flächendeckendes Bewegungsprofil von Verkehrsteilnehmer erstellen kann - ohne gerichtlichen Rechtsschutz.

Wertkarten und Briefe

Bereits in Kraft ist die Registrierungspflicht von Wertkartenhandys. Auch die Verwendung von sogenannte IMSI-Catchern, die einem Handy ein Funkzelle vortäuschen um an Infos zu kommen, wird gesetzlich geregelt.

Zum Schluss ist auch noch das Briefgeheimnis gelockert worden. Weil Drogen aus dem Darknet immer öfter per Post versendet werden, können Sendungen nun - mit gerichtlicher Bewilligung - abgefangen werden. (csc)