Niederösterreich

Vor Balkanlokal verprügelt: "Nun bin ich Beschuldigter"

Vladimir S. ist fassungslos: Er war nach einer Schlägerei von einem Pkw gerammt, dann mit einem Golfschläger verprügelt worden, gilt nun als "Täter".

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Das "Opfer" Vladimir S. mit Anwalt Florian Höllwarth
Das "Opfer" Vladimir S. mit Anwalt Florian Höllwarth
privat

Noch immer gezeichnet ist Vladimir S. nach der brutalen Golfschläger-Attacke vor rund vier Wochen in Wien-Favoriten. Zunächst war der 24-Jährige von einem Seat-Lenker gerammt worden. Dann prügelte ein noch unbekannter Schläger mit einem Golfschläger auf den 24-Jährigen immer und immer wieder ein - bis der Golfschläger abbrach!

Wieder Operation

Der 24-Jährige überlebte schwer verletzt, die Kopfwunden (Anm.: dass Vladimir S. keine schweren Kopfverletzungen davongetragen hat, verdankt er seinem harten Schädel) sind verheilt, nur: "Der Unterschenkel macht große Probleme. Der Bruch bzw. die Wunde von der Pkw-Attacke heilt nicht gut", berichtet der renommierte Opfer-Anwalt Florian Höllwarth.

"Ja, ich muss in den nächsten Tagen noch mal unters Messer", bestätigt Vladimir S., der es kaum glauben kann: "Ich werde bei der Polizei nicht als Opfer, sondern als Beschuldigter geführt." Darum möchte sich der 24-Jährige zur ganzen Causa nicht weiter äußern. "Er konzentriert sich jetzt auf die Gesundheit und wartet die Einvernahmen bzw. Entwicklungen im Fall ab", sagt Advokat Höllwarth.

"Fetzerei" mit 15 Männern

Wie berichtet war es am 9. August 2020 (in der Nacht von Samstag auf Sonntag, Anm.) nach einer Geburtagsfeier im "Club Village" in Wien-Favoriten vor dem Balkan-Lokal zu einer Auseinandersetzung gekommen. Plötzlich zerbrach eine Flasche, ein "Klescher" und schon flogen die Fäuste, rund 15 junge Männer waren an der Schlägerei beteiligt. Dabei wurde unter anderem Leo R. schwer verletzt, er erlitt einen Arm- und Nasenbeinbruch. Plötzlich eine laute Stimme aus der Menge: "Der Leo verblutet!"

Unbekannter nahm Golfschläger

Laut Anwalt Nikolaus Rast wurde daraufhin der stark blutende Leo R. in den Seat von Lubomir S. gebracht, gleichzeitig soll Freund Milos S. zu seinem BMW gelaufen sein, um Verbandszeug zu holen. "Und dabei nahm ein noch Unbekannter den Golfschläger aus dem BMW", berichtet Rast. 

Dann fuhr Lubomir S. mit seinem Seat los, rammte Vladimir S., der mit einem komplizierten Unterschenkelbruch schmerzverzerrt am Boden liegen blieb. Plöztlich kam der Unbekannte mit dem Golfschläger und drosch wie von Sinnen auf den 24-Jährigen ein. Dabei brach der Golfschläger sogar ab!

Vier Festnahmen, 2 in U-Haft

Kurz darauf löste sich der Tumult auf, die Schläger samt Lenker und Beifahrer des Seats flüchteten, nur Minuten später traf die Polizei ein und fand den schwer verletzten Vladimir S. Der gab an, von einem Auto angefahren und mit einem Golfschläger verprügelt worden zu sein. Wenig später konnte die Polizei vier mutmaßlich Verdächtige festnehmen ("Heute" berichtete). 

Anwalt Nikolaus Rast vertritt die beiden Seat-Insassen.
Anwalt Nikolaus Rast vertritt die beiden Seat-Insassen.
Denise Auer

Die Verletzten kamen schließlich in Krankenhäuser, dann wurden vier Verdächtige - der lädierte Leo R., Lubomir S., Mitar D. und Milos S. – festgenommen. Zwei der Verdächtigen kamen schnell wieder auf freien Fuß, die anderen Zwei, Lubomir S. und Leo S. (Anm.: also Fahrer und Beifahrer des Seats) wanderten in Untersuchungshaft. Gegen sie wurde anfangs wegen Mordversuches ermittelt. Die vier Verdächtigen beauftragten drei renommierte Anwälte: Nikolaus Rast (vertritt Lubomir S. und Milos S.), Philipp Wolm und Christian Werner.

"Es war Unfall"

Für Anwalt Nikolaus Rast war die "Seat-Attacke" ein Unfall: "Lenker Lubomir S. fuhr panisch los, der schwer verletzte Leo R. krümmte sich am Beifahrersitz vor Schmerzen, blutete stark, kippte ins Lenkrad. Zudem schaute Lubomir S. nicht auf die Straße, sondern auf den Verletzten. Und dabei wurde der 24-Jährige erfasst. Das war nie im Leben Absicht, es war ein Unfall" - mehr dazu hier.

Polizei hat es schwer

Mittlerweile ist der Mordversuch-Verdacht vom Tisch, die Ermittlungen wegen absichtlich schwerer Körperverletzung laufen indes weiter. Fakt ist: Die Ermittlungen gestalten sich für die Exekutive schwierig, denn es waren rund 15 Beteiligte bei der Schlägerei dabei und der Polizei wurden gleich mehrere Versionen präsentiert. Fünf davon, darunter auch Opfer Vladimir S. (24), werden als Beschuldigte geführt (die restlichen vier nach Alter und Staatsbürgerschaft: 19, Stbg: Ö; sowie 18, 18, 26, alle Stbg: Serbien). Nach dem unbekannten Golfschläger-Prügler wird noch gefahndet. Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.