Vor Kurzem erreichte ein empörtes E-Mail einer Wahlbeisitzerin der eben ausgefochtenen Gemeinderatswahl in Niederösterreich die Redaktion von "Heute". Darin schreibt Beisitzerin und Busunternehmerin Sabine Zuklin-Pollany (Grüne), dass es in Klosterneuburg, im Seniorenwohnheim der Caritas (Wahlsprengel 28) zu Unregelmäßigkeiten bei der Wahl gekommen sei, die das Vertrauen in die Wahl erschüttern würden.
"Um 8 Uhr ging die Wahl los. Um 10 Uhr sind wir dann hinauf zu den einzelnen Zimmern des Heims gegangen", erzählt Zuklin-Pollany. Während die Wahlkommission durch die Zimmer ging, um bettlägrigen und älteren Menschen die Stimmabgabe zu ermöglichen, soll eine Wahlleiter-Stellvertreterin, die von der ÖVP nominiert worden war, alleine unten im Wahllokal gesessen sein. Weil sie nicht gut gehen könne, habe es geheißen.
"Wir sind also weiter durch die Stockwerke gegangen. Irgendwann habe ich mich gefragt, ob denn unten gar niemand mehr wählt. Als ich dann heruntergekommen bin, sehe ich mehrere Kuverts, fertig ausgefüllt und verschlossen am Tisch der Wahlleiter-Stellvertreterin."
Es seien neun Kuverts vor ihr gelegen, angeblich von Wählern, die zwischenzeitlich gewählt haben sollen. "Niemand von uns war dabei. Da ist jede Art von Manipulation möglich."
Sei es doch stets so gewesen, dass bei Wahlen die Wahlkommission stets vollständig anwesend sein musste. Eine Stimmabgabe war nicht möglich, wenn nur einer Person der Wahlkommission vor den Urnen saß.
"Es ist erschütternd, wie hier unsere Demokratie mit Füßen getreten wird", schreibt Zuklin-Pollany in ihrem Beschwerde-Mail an "Heute". Sie habe erwirkt, dass diese Unregelmäßigkeit nach Auseinandersetzungen nun im Protokoll festhalten wurde. Es bestünde der naheliegende Verdacht, dass hier etwas manipuliert wurde.
Auf Anfrage von "Heute" antwortet Bürgermeister Christoph Kaufmann (ÖVP), dass bei einer Anfechtung der Wahl die Landeswahlbehörde zuständig sei, um die Wahl auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen: "Die Niederschrift der Sprengelwahlbehörde wurde der Gemeinderatswahlbehörde zur Kenntnis gebracht und im Protokoll festgehalten.
Im Falle einer Wahlanfechtung für diesen Sprengel muss die Landeswahlbehörde tätig werden und den Wahlvorgang auf seine Rechtmäßigkeit prüfen. "Mögliche Verfehlungen hätten auch rechtliche Konsequenzen, worauf die Stadtgemeinde bei allen Schulungen auch hingewiesen hat!", so Bürgermeister Christoph Kaufmann.
Und weiter: "Falls es zu einer Neuwahl in diesem Sprengel kommen sollte, würde der bisherige Gemeinderat seine Arbeit fortsetzen, bis das endgültige Ergebnis der Wahl feststeht. Dies wird aufgrund der Fristen wohl bis Juni dauern. Die Handlungsfähigkeit der Gremien wäre aber jedenfalls weiterhin gewährleistet.
Ich darf auch festhalten, dass die Gemeindewahlbehörde keinen Einfluss auf die Arbeit der Sprengelwahlbehörden hat. Ich selber habe als Parteiobmann nun die Verhandlungen mit den Parteien bis zum Ende der Einspruchsfrist ausgesetzt, da wir die weiteren Schritte und eine mögliche Wahlanfechtung abwarten wollen."
"Wir finden es unerträglich, wie in diesem Wahlsprengel mit unseren älteren Mitbürgern umgegangen wird", sagt Zuklin-Pollany. Schon früher sei es zu einigen grenzwertigen Situationen bei der Stimmabgabe gekommen: "Du kannst eh so schlecht lesen, soll ich dir beim Ausfüllen helfen?", solche Versuche hätte es gegeben, doch habe sie bisher immer direkt eingreifen können, sodass solche Angelegenheiten sofort geklärt werden konnten.
In einem Presse-Statement unterstützen die Grünen in Klosterneuburg ihre Beisitzerin und erachten es als richtig, die Wahl in diesem Sprengel zu wiederholen. Grünen-Fraktionsobmann Johannes Edtmayer äußerte die Befürchtung, dass durch die fehlende Aufsicht das Wahlgeheimnis gefährdet und möglicherweise Stimmen manipuliert wurden.
Man sei mit ÖVP-Bürgermeister Christoph Kaufmann sowie auch der, vielleicht von Mandatsverschiebung betroffenen, SPÖ im Gespräch. Gegenüber dem ÖVP-Bürgermeister hat Edtmayer, vorgeschlagen, die beiden betroffenen, von der ÖVP nominierten Wahlleiter nicht mehr einzusetzen. Außerdem forderte er für bei der mobilen Wahlkommission zukünftig Wahlzeugen unterschiedlicher Parteien einzusetzen. Eine Rückantwort sei noch ausständig.
Wie gerade erst bekannt wurde, kam die FPÖ den Grünen zuvor und focht die Wahl bereits an: "Ich habe dem Bürgermeister schon ein Mail geschrieben, nicht unterschrieben, aber einen offiziellen Zettel bekommt er auch noch", sagt FPÖ-Stadtrat Josef Pitschko. Er schrieb in seinem Mail: "Als zustellungsbevollmächtigter Vertreter der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) fechte ich innerhalb offener Frist die am 26. Jänner 2025 in Klosterneuburg durchgeführte Gemeinderatswahl insoweit an, als das Gemeinderatswahlergebnis auch die im Wahlsprengel 28 abgegebenen Stimmen berücksichtigt."
"Auch wir haben diese Option immer noch am Tisch liegen", kommentiert das Grünen-Fraktionsobmann Edtmayer, der das Vorpreschen der FPÖ differenziert betrachten will: "Die Aussicht, dass sich dadurch das Wahlergebnis ändert, ist äußerst gering." Deshalb mache eine Anfechtung wenig Sinn. So etwas koste viel Geld. Besser sei es von Bürgermeister Kaufmann zu verlangen, dass die betroffenen Wahlhelfer nicht mehr einsetzt werden: "So etwas darf nicht mehr vorkommen. Wir setzen uns für klare und strenge Regeln in Altersheimen ein und werden auch die nächste Wahl genau beobachten."