Fussball
Warum blieb Robertson unbestraft, Alaba aber nicht?
David Alaba verschuldete gegen die Niederlande einen Elfmeter. Das eine vergleichbare Szene einen Tag später ungeahndet blieb, sorgt für Aufregung.
0:2! Österreich verlor am Donnerstag das zweite EM-Gruppenspiel gegen die Niederlande in Amsterdam. Das Unheil nahm schon früh seinen Lauf. Kapitän David Alaba verschuldete nach zehn Spielminuten einen Foul-Elfmeter, den Memphis Depay zum 1:0 einschoss. Der Gefoulte, Denzel Dumfries, sollte in der zweiten Hälfte den späteren Endstand besorgen (67.).
Das Elfmeterfoul war unstrittig. Alaba legte sich den Ball im eigenen Sechzehner zu weit vor, wollte gegen Dumfries mit einem Tackling retten, kam aber zu spät und stieg dem Niederländer innerhalb der Strafraumgrenze auf den Fuß.
Einen Tag später herrscht trotzdem Erregung. Denn: Auch im Spiel England gegen Schottland (0:0) ereignete sich rund 24 Stunden später eine verblüffend ähnliche Szene – allerdings mit gegenteiligem Ausgang. Liverpool-Legionär Andrew Robertson stieg in Schottlands Strafraum England-Stürmer Raheem Sterling auf den Fuß. Der Schiedsrichter ließ weiterspielen. Anders als im Österreich-Match schaltete sich der Video-Referee entweder nicht ein, oder Hauptschiedsrichter Antonio Mateu Lahoz entschied sich gegen die Möglichkeit, sich die Situation noch einmal in der Wiederholung anzusehen.
Unter großem Protest der Engländer lief das Spiel weiter und endete mit einem torlosen Remis. Angesichts des Alaba-Fouls stieß der strittige Vorfall auch bei Fans und Experten auf viel Unverständnis. In den sozialen Medien sind sich tausende Fußball-Anhänger einig: Hierfür hätte es wie bei Alaba einen Strafstoß geben müssen.
Auch ORF-Schiri-Experte Thomas Steiner war am Freitagabend dieser Meinung. Er findet: Das Schiedsrichterteam hätte sich die Situation zumindest in der Wiederholung aus verschiedenen Blickwinkeln ansehen müssen.
Der Ball war noch im Spiel. Robertson hatte mit seinem Schritt keine Chance, das Spielgerät zu erobern. Er stieg Sterling auf den Fuß, sodass sich dieser in der Zeitlupe sichtbar verdrehte, als der Manchester-City-Star versuchte, weiterzulaufen. Dementsprechend fällt es schwer, die Entscheidung des Inoffiziellen nachzuvollziehen. Auch viele österreichische Fans ärgern sich, die im Umkehrschluss grübeln, wie das Holland-Match ohne Elferpfiff aussehen hätte können.
Schiri-Experten unentschlossen
Einen Erklärungsansatz fand der Twitteraccount "Collinas Erben". Es handelt sich um einen beliebten deutschsprachigen Account, auf dem es sich Schiedsrichter-Experten zur Aufgabe gemacht haben, strittige Szenen und verbreitete Regel-Irrglauben des Fußballs aufzuklären.
"Collinas Erben" schreiben: "Anders als bei Alaba am Tag zuvor war der Kontakt von Robertson gegen Sterling kein Volltreffer. Sterling streift in der Folge noch mit seinem linken Fuß den Fuß von Robertson. Sind diese Kontakte ursächlich dafür, dass er ins Stolpern gerät und fällt?" Außerdem wird in den Raum gestellt, dass Sterling den Kontakt dankbar annimmt, es Indizien für eine schauspielerische Einlage gibt.
Der Account findet in seinem Fazit Argumente für und gegen einen Elfmeter. Die Entscheidung wird für "zumindest nicht eindeutig falsch" empfunden. Daher sei der Nicht-Eingriff des Video-Schiedsrichters zu rechtfertigen. Allerdings hätten "Collinas Erben" gerne eine Erklärung von der UEFA.