Politik

Warum einige Shops öffnen dürfen, Friseure aber nicht

Die neuen Lockdown-Regeln verwirren viele Bürger. So dürfen Schneider und Reisebüros öffnen, Friseure und Handyshops nicht. Warum das so ist.

Rene Findenig
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Friseure müssen auch im Lockdown II schließen.
Friseure müssen auch im Lockdown II schließen.
Clemens Pilz

Anders als im ersten Lockdown gibt es einige Ausnahmen für den Handel in der neuen Not-Verordnung der Regierung. Generell gilt: Das Betreten und Befahren des Kundenbereichs von Betriebsstätten des Handels und von Dienstleistungsunternehmen einschließlich Freizeiteinrichtungen ist untersagt. Aber: Weiterhin dürfen Kundenbereiche von "nicht körpernahen Dienstleistungsbetrieben" aufgesucht werden.

So müssen etwa Friseure, Nagelstudios, Piercingstudios, Massagestudios und Co. außer für medizinische Zwecke schließen. Offen halten dürfen aber KFZ-Werkstätten, Versicherungen, Putzereien, Änderungsschneidereien und Ähnliches. Warum das so ist, hat mehrere Gründe: Ein Hauptargument ist, dass in den geöffneten Betrieben kein direkter "körpernaher" Betrieb erfolgt, während das bei Friseuren und Co. jedoch schon der Fall ist.

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    Ausgangssperre! Ab Dienstag gibt es einen Lockdown der härtesten Art.
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    Konkret sind weiter geöffnet: Öffentliche Apotheken, der Lebensmittelhandel, Drogerien und Drogeriemärkte, der Verkauf von Medizinprodukten und Sanitärartikeln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln, Gesundheits- und Pflegedienstleistungen, Dienstleistungen für Menschen mit Behinderungen (die von den Ländern im Rahmen der Behindertenhilfe-, Sozialhilfe-, Teilhabe- bzw. Chancengleichheitsgesetze erbracht werden), veterinärmedizinische Dienstleistungen und der Verkauf von Tierfutter.

    Außerdem weiter offen sind: Der Verkauf und die Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten, der Agrarhandel (einschließlich Schlachttierversteigerungen sowie der Gartenbaubetrieb und der Landesproduktehandel mit Saatgut, Futter und Düngemittel), Tankstellen und Stromtankstellen einschließlich Waschanlagen, Banken, Postdiensteanbieter einschließlich deren Postpartner, Ticketschalter auf Bahnhöfen und in der U-Bahn, Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske, Abfallentsorgungsbetriebe, KFZ- und Fahrradwerkstätten und der Auto- und Fahrradverleih.

    Das Einkaufen ist generell nur von 6 bis 19 Uhr erlaubt. Auch hier gibt es Ausnahmen, nämlich bei Apotheken, Tankstellen und Lieferdiensten. Es dürfen in den offen bleibenden Geschäften allerdings nur Waren erworben werden, die dem "typischen Warensortiment des jeweiligen Geschäfts" entsprechen. Die Rewe-Gruppe, zu der auch Billa und Merkur gehören, dünnte deshalb das Angebot aus, andere stellen sich bisher gegen diese Maßnahme.

    Als wären die Maßnahmen-Unterschiedlichkeiten noch nicht genug, herrscht nun auch Wirbel um die unterschiedlichen Entschädigungszahlungen für die geschlossenen Betriebe. Die Regierung hat finanzielle Hilfe zwischen 20 und 60 Prozent des Umsatzes aus dem Vergleichsmonat im Vorjahr versprochen, zum Ungemach einiger Handelsvertreter. Sie fühlen sich gegenüber Hotels und Restaurants, die bis zu 80 Prozent ihres Umsatzes erhalten, im Nachteil. 

    "Nach außen hin könnte es unfair erscheinen, ist es aber nicht", versuchte Finanzminister Gernot Blümel am Montag eine Erklärung. Alleine aus verfassungsrechtlichen Gründen müsse man zwischen den Branchen differenzieren. Auch innerhalb des Handels gebe es Schwankungsbreiten. Konkreter wurde Bundeskanzler Sebastian Kurz am Dienstag: Der Verfassungdienst habe festgestellt, dass "eine gleiche Zahl beim Umsatzsersatz für unterschiedliche Branchen verfassungswidrig weil unfair wäre, weil die Margen und die Wiederverkaufsfähigkeit in den Branchen sehr, sehr unterschiedlich sind".

    Das Beispiel des Kanzlers: "Wenn Sie jeden Sonntag essen gehen und die Lokale sind für vier Wochen geschlossen, dann gehen sie nach einem Monat nicht doppelt so oft essen oder konsumieren im Wirtshaus doppelt so viel. Wenn Sie aber vorhaben, ein Auto zu kaufen und die Geschäfte sind 14 Tage zu, dann hat das Auto nach den zwei Wochen für den Händler fast denselben Wert und die Masse der Menschen wird sich das Auto genauso kaufen. Deshalb sind die Branchen nicht zu vergleichen."