Gesundheit

Das macht die Hitze mit unserem Körper

Die Gefahren des Klimawandels für die menschliche Gesundheit wurden bis heute übersehen. Was regelmäßige Hitzewellen mit unserem Körper machen.

Sabine Primes
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Extreme Hitze hat Auswirkungen auf Geist und Körper.
Extreme Hitze hat Auswirkungen auf Geist und Körper.
Getty Images/iStockphoto

Die aktuelle Hitzewelle in Kanada verlangt den Bewohnern alles ab ("HEUTE" hat berichtet). Am Dienstag wurden im Ort Lytton 49,5 Grad Celsius gemessen. Das ist die höchste Temperatur, die je in der Geschichte des Landes gemessen wurde. 

In ihrer Verzweiflung suchten die Menschen zum Teil in Tiefgaragen oder in ihren klimatisierten Autos Schutz vor der Hitze. Auch wenn sich die Temperaturen nun wieder zwischen rund 27 und 37 Grad einpendeln, die jüngste Hitzewelle hat ihren Schaden hinterlassen. Im Territorium British Columbia etwa meldeten die Behörden seit Freitag 133 Todesfälle, die im Zusammenhang mit der Hitze stehen, wie "CNN" berichtet.

"Überhitzt"

Die Medizinerin Claudia Traidl-Hoffmann schreibt in ihrem Buch "Überhitzt" über die Auswirkungen der Hitze auf den Menschen. In einem Interview mit dem Wissenschaftsmagazin GEO spricht sie darüber. 

Laut ihr sei die Hitze tatsächlich das gefährlichste Gesundheitsproblem. So genannte Hitzewellen, wie wir sie dieses Jahr bereits im Juni erlebten, haben stark zugenommen. Neun der zehn heißesten Jahre seit Beginn der Wetteraufzeichnungen traten nach der Jahrtausendwende auf. Zum Vergleich: Bei der Hitzewelle im Jahr 2013 starben in Europa 70.000 Menschen. Und die Situation in Kanada gibt einen erschreckenden Eindruck, was auch hier auf uns zukommen wird.

Alte, Kranke und Kinder am gefährdetsten Gruppen

Die am meisten Gefährdeten bei einer Hitzewelle seien alte Menschen und Kinder. Die Medizinerin erklärt, warum: "Bei älteren Menschen funktioniert die Hitzeregulation nicht mehr, bei kleinen Kindern noch nicht gut. Sie können nicht richtig schwitzen. Wir anderen sind bei Hitze einfach nur groggy, weil der Körper permanent damit beschäftigt ist, uns immer auf eine Kerntemperatur von 37 Grad runter zu kühlen. Sobald unser Körper auch nur ein halbes Grad wärmer oder kälter wird, sind wir nicht mehr in der Lage, hundert Prozent klar zu denken oder körperliche Leistungen zu erbringen".

Bei Menschen mit Vorerkrankungen könnten sich die Symptome verschlimmern – nicht nur bei "klassischen" Patienten mit Herz- oder Lungenproblemen. Menschen mit Neurodermitis, die sowieso permanent an Beschwerden wie Juckreiz und Brennen leiden, würden sich durch zusätzliche Hitze so fühlen, als hätten sie sich am ganzen Körper verbrannt. Bei vielen dreht der Blutdruck durch, bei Diabetikern gerät die Insulin-Produktion noch mehr durcheinander, sogar Demenz und psychiatrische Krankheiten würden sich an heißen Tagen verschlimmern, so die Medizinerin.

Einfluss auf Medikamente 

Die Hitze beeinflusst auch Medikamente und deren Einnahme. Medikamente wirken bei Hitze teilweise sehr unterschiedlich. Ob das nun Psychopharmaka sind oder Mittel gegen Bluthochdruck. Die Dosierung müsste man unter solchen Bedingungen eigentlich anpassen. "Das passiert bislang aber kaum, weil auch die Ärzteschaft erst langsam versteht, dass man da reagieren muss", sagt Traidl-Hoffmann.

"Mit Zukunftsängsten müssen wir umgehen lernen"

Das sei derjenige Bereich, in dem am meisten Nachholbedarf bestehe, hält Traidl-Hoffmann fest. Menschen könnten richtige Traumata erleiden, wenn sie von einer Naturkatastrophe direkt persönlich betroffen sind. Etwa, weil sie bei Starkregen von einer Flut weggeschwemmt oder schwer verletzt wurden oder ihr Haus zerstört wurde. So etwas könne schwere, jahrelang anhaltende psychische Probleme auslösen.

Das andere sind Zukunftsängste. Je mehr wir uns mit dem Thema Klimawandel beschäftigen, desto mehr tauschen Fragen nach der Zukunft auf: In was für eine Welt steuern wir? Welche Zukunft haben unsere Kinder? Wie sollen die mit diesen ganzen Problemen zurechtkommen, die wir ihnen hinterlassen? "Diese Gedanken sind deprimierend und können manche Menschen durchaus auch depressiv machen, aber eigentlich sind diese Ängste eine ganz normale Reaktion, mit der wir umgehen lernen müssen", so die Feststellung der Autorin.