Klimaschutz

Wegen Schneemangel droht massive Trockenheit in Europa

Einer der wärmsten Winter neigt sich dem Ende zu. Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer, warnen Klimaexperten.

Lydia Matzka-Saboi
Ponte della Becca, nahe Pavia. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken.
Ponte della Becca, nahe Pavia. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken.
PIERO CRUCIATTI / AFP / picturedesk.com

Die Vorzeichen verheißen nichts Gutes: In den Alpen ist in manchen Regionen bis zu 75 Prozent weniger Schnee gefallen. Auch geregnet hat es kaum. Geht es so weiter, dürfte schon bald Trockenheitsalarm herrschen. In Frankreich, der Schweiz, Italien und in Teilen Österreichs liege aktuell viel weniger Schnee als viele Jahre üblich, sagte der Meteorologe Klaus Haslinger von Geosphere Austria.

Zu wenig Schnee in den Alpen

In Italien schlägt die Umweltorganisation Legambiente Alarm und warnt, dass in den dortigen Alpen in den vergangenen Monaten 53 Prozent weniger Schnee als im langjährigen Mittel gefallen sei. Das Problem ist nicht nur der Mangel an Schnee, sondern auch der ausbleibende Regen. Im Becken des Po, des größten Flusses Italiens, sind die Niederschläge um 61 Prozent gesunken. In Frankreich wird nach mehreren praktisch regenfreien Wochen schon jetzt ein zweiter Dürre-Sommer in Folge befürchtet, berichtete die dpa.

Verantwortlich für den geringen Niederschlag sind blockierende Hochdruckgebiete über Westeuropa, die Regenfronten abdrängen. Es sei nicht das erste Mal, dass solche Wetterlagen für extrem regenarme Jahre sorgten, sagte Haslinger, berichtet die dpa. Schon vor 60 Jahren habe es über Jahre wegen einer bestimmten Temperaturverteilung über Land und Meer sehr wenig geregnet. "Damals fiel der Pegel der Donau auf ein Rekord-Tief", so der Meteorologe. Die globale Erwärmung begünstige diese Temperatur-Muster.

Grundwasserspeicher niedrig

"Wenn im Frühjahr das Wetter so ähnlich ist wie 2022 wird sich die Trockenheit deutlich verschärfen", warnt der Agrarmeteorologe an der Universität für Bodenkultur in Wien, Josef Eitzinger. Es zeichne sich ab, dass die Flüsse viel weniger Schmelzwasser transportieren werden. "Damit fehlt die Frühjahrsspitze, die auch wichtig für das Auffüllen von Grundwasser wäre."

In Frankreich weisen nach aktuellen Daten des nationalen Wassermonitorings von 422 beobachteten Grundwassergebieten schon jetzt 125 ein sehr niedriges Niveau auf, 120 ein niedriges Niveau und 97 ein mäßig niedriges Niveau.

Die Gletscher, wichtige Wasserreserven, verlieren weiter an Masse. Am Hohen Sonnblick in den Salzburger Tauern (3.100) wurde noch nie so wenig Schnee gemessen (127 cm). Bisheriger Negativrekord waren 150 cm im Jahr 1992. Die Grundwasserspeicher sind auch hierzulande niedrig. Viele Bauern müssten sich auf Einschränkungen bei der Bewässerung einstellen.

Schneedefizit Trockenheit von morgen

"Das Schneedefizit von heute ist die Trockenheit im nächsten Sommer und Herbst", sagte Manuela Brunner, Leiterin Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen beim WSL-Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos. Die Auswirkungen haben über die Jahrzehnte deutlich zugenommen.

Sie hat in einer Studie festgestellt, dass die Zahl der Dürren, die durch Schneeschmelzdefizite ausgelöst wurden, im Zeitraum 1994 bis 2017 um 15 Prozent höher war als in den Jahren 1970 bis 1993. Sie geht davon aus, dass der Trend sich fortsetzt, weil die Schneefallgrenze steige. Damit sinke die Menge an Wasserreserven, die im Schnee gespeichert seien.

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