Wetter

Experte warnt vor "Super-Gewitterzellen" in Österreich

Die Gewittersaison in Österreich ist in vollem Gange und in der schwülwarmen Luft bleibt die Unwettergefahr auch in den nächsten Tagen erhöht. 

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In ganz Österreich werden wieder heftige Unwetter erwartet. (Symbolbild)
In ganz Österreich werden wieder heftige Unwetter erwartet. (Symbolbild)
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Der Juni 2022 war bislang sehr gewitterreich. Hotspots des Landes waren dabei die Steiermark und Oberösterreich. Bis zum Dienstag wurden österreichweit 308950 Blitze geortet. Dies entspricht ungefähr dem Durchschnitt der letzten 13 Jahre, es fehlt jedoch noch mehr als eine Woche bis zum Ende des Monats.

Tief QIARA in Österreich angekommen

Österreich liegt am Mittwoch an der Vorderseite des Tiefs QIARA mit Kern über Frankreich in einer südlichen Strömung. Damit erfasst die feuchtwarme, energiereiche Luft wieder nahezu das gesamte Land. In der Folge sind neuerlich teils schwere Gewitter möglich. Am Donnerstag streift ein Höhentrog die Osthälfte der Republik und in der schwül-warmen Luft geht es vor allem in der Mitte unbeständig weiter. Am Freitag nähert sich aus Westen bereits das nächste Tief und die Unwettergefahr nimmt im Tagesverlauf zu. Das schwülwarme und gewitteranfällige Wetter setzt sich somit bis auf weiteres fort. Lediglich am Samstag gelangen wir kurzzeitig unter leichten Hochdruckeinfluss.

Der Warnlagebericht für Österreich.
Der Warnlagebericht für Österreich.
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Gewitter ziehen weiter über Österreich

Da die Prognose weitere Gewitterlagen verspricht, geht man davon aus, dass der Monat Juni am Ende eher überdurchschnittlich gewittrig ausfallen wird. Selbst der Rekord vom Juni 2018 mit 447746 Blitzentladungen ist in Reichweite.

Die Blitzdichte in Österreich im Juni 2022.
Die Blitzdichte in Österreich im Juni 2022.
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Die detailgenaue Wetterprognose für über 50.000 Orte weltweit findest du auf wetter.heute.at

Gemessene Entladungen pro Bundesland.
Gemessene Entladungen pro Bundesland.
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Blitzanzahl im Juni.
Blitzanzahl im Juni.
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Allgemein spricht man von einem Gewitter sobald ein Donner hörbar ist, allerdings können Gewitter eine sehr unterschiedliche Struktur aufweisen. Je nach Windscherung und vertikaler Schichtung der Atmosphäre weisen sie zudem eine unterschiedliche Intensität und Lebensdauer auf.

Die Einzelzelle

Für die Entstehung von Gewittern sind grundsätzlich drei Zutaten notwendig: Ausreichend Feuchtigkeit in der Grundschicht der Atmosphäre, eine genügend starke Temperaturdifferenz mit der Höhe und einen Auslöser (wie beispielsweise eine Kaltfront oder eine bodennahe Windkonvergenz). Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind und Luft aufsteigt, dann beginnt der enthaltene Wasserdampf zu kondensieren. Die dadurch freigesetzte Energie sorgt für weiteren Auftrieb, wodurch sich die allzubekannten Gewitterwolken – auch Cumulonimbus genannt – bilden. Durch das Auf- und Abwirbeln kollidieren Eispartikel miteinander, was zu einer Ladungstrennung führt. Dadurch überwiegt in den unteren und oberen Wolkenschichten eine positive Ladung bzw. in den mittleren Wolkenschichten eine negative Ladung. Durch Blitzentladungen kann dieser Ladungsunterschied ausgeglichen werden.

So entsteht eine Einzelzelle.
So entsteht eine Einzelzelle.
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Der einsetzende Niederschlag wird von Verdunstungsprozessen begleitet, wodurch Abwinde entstehen. Da Auf- und Abwind jedoch räumlich nicht genügend voneinander getrennt sind, behindern die Abwinde die Aufwinde und kappen die Zufuhr weiterer "Gewitternahrung" ab. Das Gewitter schwächt sich ab und zerfällt. In der Regel weisen solche Gewitter eine Lebensdauer von etwa 30 Minuten auf und werden von Platzregen sowie manchmal auch von kräftigen Böen und kleinem Hagel begleitet.

Die Multizellen

Gewitter weisen oft eine zumindest schwach ausgeprägte mehrzellige Struktur auf, damit werden sie per Definition zu einer Multizelle. Diese Gewitter sind insgesamt langlebiger als ordinäre Gewitter und können bei passenden Bedingungen zu großen Gewitterkomplexen heranwachsen: Wenn die Winde in der Höhe eine stärkere Windgeschwindigkeit aufweisen als die Winde in Bodennähe (also wenn es vertikale Windscherung gibt), können bei einem Gewitter die Aufwindzone von der Abwindzone getrennt werden. Dadurch wird die Zufuhr an feuchtwarmer Luft nicht unterbrochen. Bei solchen Gewitterkomplexen kann man in der Regel mehrere Gewitterzellen in unterschiedlichen Entwicklungsstadien beobachten: Vollständig ausgebildete Gewitter, sich neu entwickelnde Zellen sowie auch bereits zerfallende Zellen.

in Multizellengewitter.
in Multizellengewitter.
ubimet.com/© NOAA

Je nach Windscherung, Luftschichtung sowie auch topographischem Einfluss können Multizellen sehr unterschiedliche Strukturen und Verlagerungsrichtungen aufweisen, beispielsweise können sie sich manchmal sogar entgegen der vorherrschenden Windströmung in mittleren Höhen verlagern. Bei starker Windscherung entwickeln sich manchmal sogar mehrere hundert Kilometer lange Gewitterlinien. Multizellen können zu Starkregen, Sturmböen und Hagel führen.

Gewitterlinie am IR-Satellitenbild (inkl. Blitze) am 29. Juni 2021.
Gewitterlinie am IR-Satellitenbild (inkl. Blitze) am 29. Juni 2021.
ubimet.com

Die Superzellen

Superzellen sind deutlich seltener als ordinäre Gewitter und Multizellen, sie sorgen aber oft für erhöhte Unwettergefahr. Es handelt sich dabei um meist langlebige, kräftige und alleinstehende Gewitter, welche einen beständigen rotierenden Aufwind aufweisen („Mesozyklone“). Superzellen entstehen bei ausgeprägter Windscherung: Bei einer starken vertikalen Windzunahme bilden sich nämlich quer zur Strömung horizontal liegende Luftwalzen. Der Aufwind eines entstehenden Gewitters saugt diese Luftwalze ein und kippt ihre Achse in die Senkrechte, wobei sich der Drehimpuls nach und nach auf den gesamten Aufwindbereich überträgt. Auf Zeitraffern lässt sich diese dadurch erkennen, dass die Gewitterwolke um eine vertikale Achse rotiert.

Die Zufuhr feuchtwarmer Luft wird dabei durch den räumlich getrennten Abwindbereich, in dem der Niederschlag ausfällt, nicht gestört. Superzellen können für schwere Sturmböen, Starkregen, großen Hagel und in manchen Fällen auch für Tornados sorgen. Superzellen präsentieren sich aber je nach Feuchtigkeitsangebot unterschiedlich, so gibt es LP-Superzellen klassische Superzellen und HP-Superzellen.

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    In der Sommerhitze bilden sich immer wieder kräftige Gewitter in Österreich, so auch am Montag. 
    In der Sommerhitze bilden sich immer wieder kräftige Gewitter in Österreich, so auch am Montag.
    Getty Images