Wien

"Wie Prypjat" – Video-Tour durch desolaten Gemeindebau

Die Wiener FPÖ kritisiert seit Jahren die verheerenden Zustände in der Thürnlhof-Siedlung. "Heute" traf die Beschwerdeführer jetzt zum Video-Rundgang.

"Das ist ein Schandfleck, der einer europäischen Hauptstadt nicht würdig ist. Die Bauten hier erinnern an Prypjat. Die Häuser dort sind aber verlassen, hier leben Wiener", so FPÖ-Wohnombudsmann Michael Niegl (Video oben). In seinen Händen hält er ein Foto eines bauähnlichen Plattenbaus der ukrainischen Geisterstadt, die infolge des Reaktorunglücks von 1986 geräumt wurde.

Bewohner zahlen immer mehr

"Letztes Jahr wurde die Miete dreimal erhöht und heuer steht im April wieder eine Mieterhöhung an. Auch Müll- und Abwassergebühren sind gestiegen", so Bezirksvorsteher-Stellvertreterin Katharina Krammer (FPÖ). Ab 1. April werden die Richtwertmieten um 8,6 Prozent steigen – mehr dazu hier. "Dann hat man noch hohe Heizkosten, weil von thermischer Sanierung ist man hier weit weg. Durch die steigenden Energiekosten hat man gleich die Drei- bis Vierfachbelastung", fügt Niegl hinzu.

Ein genauer Blick zeigt: Die Dämmung ist mangelhaft, die Fugen der Fenster sind oft nicht dicht. Im Stiegenhaus und in den Wohnungen sind unzählige Wasserflecken und Risse zu sehen. "Auch Schimmelbefall ist ein großes Thema", erzählt Krammer.

Besteht Einsturzgefahr?

Heruntergekommene Fassaden und provisorisch abgestützte Garagen sind längst nicht alle Probleme. Vielerorts versuchen Mieter, die Balkone zum Teil mit Schaumstoffplatten zu verstärken, weil sie Angst vor einem Einsturz haben. Besonders schlimm ist der Zustand der angrenzenden Wohnhausanlage in der Roschegasse 7. Hier ragt verrostetes Armierungseisen aus den Fertigbetonplatten.

Wohnbau-Experte Niegl, der ausgerechnet in diesem Gemeindebau aufgewachsen ist, schlägt Alarm: "Das Problem ist, wenn Wasser durch die Kapillarwirkung hineinsickert, rostet die Armierung und zersetzt sich. Die nachlassende Festigkeit ist ein statisches Problem, das dringend untersucht werden muss. Im schlimmsten Fall fällt das Haus zusammen wie ein Kartenhaus."

Laut Wiener Wohnen "keine Gefahr in Verzug"

Auf Anfrage von "Heute" gibt Wiener Wohnen Entwarnung: "Die Wohnhausanlage in der Roschegasse 7 befindet sich bereits in Vorbereitungsphase der Sanierung. Erste Untersuchungen wurden bereits veranlasst. Wiener Wohnen ist bekannt, dass die Fassade partielle, oberflächliche Abplatzungen des Außenputzes aufweist, deshalb befindet sie ich in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Eine statische Gefährdung bzw. Gefahr in Verzug ist nicht gegeben. Die Sicherheit unserer Mieter*innen ist das oberste Gebot für Wiener Wohnen, die Zustände unserer Objekte werden in regelmäßigen Abständen von Fachexpert*innen begutachtet und bewertet", so die Sprecherin.