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Wiener gehen wegen Propaganda-Film auf die Barrikaden

Der Film eines serbischen Regisseurs sorgt europaweit für Empörung. Nun canceln mehrere Kinos in Österreich die mutmaßlich kriegsverherrlichende Doku.

Robert Cajic

Der Film des bekannten proserbischen Nationalisten Boris Malagurski mit dem Namen "Republika Srpska: Borba za slobodu" ("Serbische Republik: Kampf für die Freiheit") sorgt nicht nur am Balkan für Entsetzen. Auch in Wien zeigt sich die Balkan-Community wenig begeistert von der bevorstehenden Film-Premiere. Schweizer Veranstalter sagten die Premiere des mutmaßlich kriegsverherrlichenden Films ab – "Heute" berichtete, Österreichs Kinos ziehen nun nach.

26.000 Unterschriften gegen Propaganda-Film

Dennis Miskić hat mit seinen erst 20 Jahren schon viel gesehen: Unter anderem diente der Wiener als erster österreichischer Wehrdiener im Srebrenica Memorial Center– wir berichteten. Schon im März sprach Dennis im "Heute"-Talk über die angespannte politische Situation in Bosnien-Herzegowina.

Der kontroverse Film über die "Serbischen Freiheitskämpfer" gießt nun Öl ins Feuer, denn: Laut der Organisation Open Eye against Racism, einem Zusammenschluss von Bosniaken und Nicht-Bosniaken in der Schweiz, verharmlose der Film den Genozid und die Gräueltaten, die vonseiten der Polizei und der Armee der "Serbischen Republik" im Zeitraum zwischen 1992 und 1995 begangen wurden. Deshalb wurde auf change.org eine Petition ins Leben gerufen, die bisher rund 26.000 Unterschriften zählt. 

"Relativierung und Leugnung des Völkermords"

In einem Schreiben, welches der 20-jährige Friedensdiener mit der Genozid-Überlebenden Selma Jahić und Cambridge-Absolventen Georgio Konstandi verfasste, wird Dennis deutlich: "Geschichtsrevisionistische Filme haben in unserer Gesellschaft nichts zu suchen." Der Film beschönige Kriegsverbrechen und setze die öffentliche Relativierung und Leugnung des Völkermordes seitens der Republika Srpska fort, heißt es in dem Text.

Auch "Heute"-Leserreporter Edis schimpft über die bevorstehende Ausstrahlung des Propaganda-Filmes: "Österreich hat den Völkermord von Srebrenica entschieden verurteilt. Dass nun so ein Film in Österreich gezeigt wird, darf nicht sein!", so der Wiener im Gespräch mit der Redaktion.

Filmabsagen in Graz und Villach

Erste Kinoveranstalter ziehen nun Konsequenzen: Auf Anfrage von "Heute" bestätigte das Mozartkino in Salzburg, den Dokumentarfilm nicht auszustrahlen. Man wusste zuvor anscheinend nicht genau, worum es in dem Malagurski-Film gehen würde, so ein Sprecher.

Und auch in Graz, Villach, Linz und Klagenfurt zogen die Veranstalter prompt die Reißleine – die Organisatoren cancelten die Veranstaltung und zogen die Filmausstrahlung zurück. Auch in der Wiener Lugner City hätte der Film am 5. November gespielt werden sollen – die Doku erscheint jedoch nicht mehr in der Programmliste. 

Ein Grund für das Zurückrudern der Kinos besteht wohl im § 283 des Strafgesetzbuches:
"Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefährden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren zu bestrafen.
Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht."

Regisseur weist Vorwürfe zurück

Malagurski ist die Kontroverse bekannt. "Europäische Veranstaltende, die meinen Film zeigen wollen, bekamen teils Hunderte von Anfragen, dies nicht zu tun. Einige bekamen auch Drohungen", sagt er gegenüber "20 Minuten". Was er nicht verstehe, sei, warum Leute einen Film zensieren wollen, den sie noch nicht mal gesehen hätten. Er arbeite nun daran, alternative Veranstaltende zu finden, die seinen Film zeigen wollen.

Die Vorwürfe weist er klar zurück. "Das Ziel des Films ist es, die Zusammenarbeit zwischen den in Bosnien lebenden Serben und Bosniaken zu unterstützen", sagt er. Der Völkermord werde dabei weder geleugnet noch verharmlost. Zudem sei er kein persönlicher Freund des Präsidenten Dodik und habe auch keine Fördergelder vom serbischen Staat oder der Republika Srpska erhalten.