Wien

Tapferer Liam: "Computer gibt mir meine Superkraft"

Der Zwölfjährige ist von Geburt an beeinträchtigt, kann nur die Augen steuern. Sein täglicher Begleiter ist ein Sprachcomputer, der ihm Türen öffnet.

Yvonne Mresch
Liam Weingartner (hier mit Mama Kerstin) ist von Geburt an beeinträchtigt, kann nur die Augen selbst steuern. Ein Sprachcomputer hilft ihm bei der Kommunikation.
Liam Weingartner (hier mit Mama Kerstin) ist von Geburt an beeinträchtigt, kann nur die Augen selbst steuern. Ein Sprachcomputer hilft ihm bei der Kommunikation.
Denise Auer

„Mein Sohn ist ein Kämpfer. Er hat ein großes Selbstbewusstsein, steht gern im Rampenlicht und weiß genau, was er will“, lacht Kerstin Weingartner (36) – und das obwohl der Zwölfjährige es schwerer hat als die meisten seiner Altersgenossen. Durch einen Sauerstoffmangel bei der Geburt leidet Liam Weingartner an infantiler Zerebralparese.

"Mein Sohn kommuniziert über einen Computer"

"Der Bereich in seinem Gehirn, der die Muskeln steuert, funktioniert nicht", erzählt seine Mutter. "Er kann eigentlich nichts selbstständig tun und nicht sprechen." Das hindert den lebensfrohen Jungen aber keineswegs daran, zu kommunizieren.

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    Dre 12-jährige Liam ist ein fröhliches und selbstbewusstes Kind. Später möchte er im IT-Bereich tätig sein.
    Dre 12-jährige Liam ist ein fröhliches und selbstbewusstes Kind. Später möchte er im IT-Bereich tätig sein.
    Denise Auer

    Möglich macht das ein PC mit Augensteuerung und Sprachausgabeprogramm, von dem Kerstin Weingartner erfuhr, als ihr Sohn 2,5 Jahre alt war. Sie gab der Technologie eine Chance und für Liam änderte sich alles. "Er hat damit Lesen, Schreiben und Rechnen gelernt, kommuniziert auf WhatsApp, schaut Youtube und das Wichtigste: Er kann uns sagen, wie es ihm geht und was er braucht“, so Weingartner.

    Berufswunsch? IT-Spezialist oder Youtube-Influencer

    Durch Bewegungen seiner Augen steuert der zwölfjährige die Tastatur und "drückt“ die gewünschten Tasten. Was andere mit dem Finger machen, passiert bei Liam über die Pupillen. Zu seinen liebsten Hobbys gehören Computerspiele wie "Need for Speed", wie er stolz sagt. "Weil ich schnelle Autos mag und driften kann. Der Computer gibt mir nämlich meine Superkraft." Den jungen Oberösterreicher hat mittlerweile die Liebe zur IT gepackt, besonders groß ist das Interesse an den Bereichen Softwareentwicklung und Programmieren. Später möchte er auch in diesem Bereich tätig werden. "Oder als Youtube Influencer!"

    "Hilfsmittel machen einen Unterschied"

    "Der Computer ist sein Leben“, sagt seine Mutter. "Ich wünsche mir, dass mehr Menschen mit Behinderung so eine Chance bekommen“, ergänzt ihr Sohn. Denn nicht alle Betroffene in Liams Situation haben die Möglichkeit dazu. Die Kosten für einen Sprach-Computer reichen bis zu 20.000 Euro, Förderungen sind in jedem Bundesland unterschiedlich und Anträge dafür aufwändig.

    Anlässlich des internationalen Tags der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember kritisieren die Diakonie und der Verbund "Lücken und Probleme" beim Zugang zu unterstützter Kommunikation und assistierenden Technologien: "Wir wollen einmal mehr darauf aufmerksam machen, welchen Unterschied das richtige Hilfsmittel im Leben einer Person mit Behinderungen machen kann. Gerade Beispiele wie Liam zeigen uns, welche Möglichkeiten Technologien bieten", so Direktorin Maria Katharina Moser. "Diese machen ein selbstbestimmtes Leben möglich."

    Diakonie fordert einheitliche und transparente Finanzierung

    Doch der Weg sei in Österreich "kompliziert, unübersichtlich und langwierig". "Es gibt keinen Rechtsanspruch auf die Finanzierung, bei der Antragstellung sind viele Ämter auf Landes- und Bundesebene beteiligt." Für die Betroffenen dränge häufig die Zeit, kritisiert Moser, die von einem Fall berichtet, in dem ein Patient vor der Genehmigung verstarb. Kommunikation sei ein Menschenrecht, stellt die Diakonie-Chefin klar und fordert eine österreichweit einheitliche und transparente Finanzierung.

    In Österreich leben etwa 63.000 Personen mit Sprachbehinderungen. Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2022 bis 2030 ist eine Vereinfachung der Versorgung mit Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderungen geplant. Viel zu lang, kritisiert die Diakonie. "Es ist höchste Eisenbahn", so Moser. Und auch Liam appelliert: "Gebt uns eine Chance!"

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