Coronavirus

Wird SO Corona-Impfung doch bald für alle zur Pflicht?

Nur jeder siebte Wiener nahm an den Massentests teil, in ganz Österreich waren es nur zwei Millionen. Auch die Impfbereitschaft ist nicht allzu hoch. 

Roman Palman
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Impfung
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Kay Nietfeld / dpa / picturedesk.com

Haben die Österreicher ein Motivationsproblem? Bei den Massentests schwankte die Teilnahmequote zwischen 38 Prozent in Niederösterreich und 13,5 Prozent in Wien, der Schnitt lag etwa bei einem Viertel. Auch der ab Jänner erwarteten Corona-Impfung stehen Herr und Frau Österreicher skeptisch gegenüber.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober pocht im Gegensatz zu einigen Landeshauptleuten auf eine Freiwilligkeit der Impfung. Mit welchen Mitteln und Anreizen man die Bürger dennoch zur Teilnahme bringen könnte, schilderte IHS-Chef und Verhaltensökonom Martin Kocher am heutigen Montag bei ORF-Moderator Armin Wolf in der "ZIB2":

Anreize für Coronatests

"Wir sind in Österreich hinter den Erwartungen geblieben. Es hat nicht so funktioniert, wie erhofft", konstatierte der Experte im Hinblick auf die ernüchternde Bilanz der ersten Massentest-Runde im Land. Wie er erklärt, habe es gleich an mehreren Stellen gehakt. Zum einen ortet er Verbesserungspotenzial in der Kommunikation der Regierung, die relativ kurzfristig die Thematik aufgegriffen hatte und zum anderen habe vermutlich auch das umständliche Anmeldesystem eine weitere Hürde dargestellt.

IHS-Leiter Martin Kocher bei einer Pressekonferenz im Juni 2020
IHS-Leiter Martin Kocher bei einer Pressekonferenz im Juni 2020
Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

Und: "Vielleicht ist der individuelle Anreiz nicht groß genug". Der reine Befund sei in dem Wissen, dass man sich kurz darauf genauso infizieren könne vielleicht zu wenig gewesen. Die von verschiedenen Stellen bereits ins Spiel gebrachten Gutscheine oder Zahlung etwa in Höhe von 50 Euro könnten die Bereitschaft erhöhen, ist sich Kocher sicher: "Das klappt schon. Aber das wäre nur für die Massentests gedacht". Gleichzeitig müssten aber andere Hemmschwellen, wie etwa der bürokratische Aufwand gesenkt werden.

Freitesten von Corona-Beschränkungen?

Und andersrum? (Massen-)Testverweigerer abzustrafen hält der Verhaltensökonom für den falschen Weg. "Auf lange Sicht wirken eher die positiven Anreize besser. Ich wäre da sehr vorsichtig, beim Großteil der Menschen wäre es besser mit positiven Anreizen zu arbeiten."

Aber, so Kocher, auch das Freitesten von Corona-Beschränkungen könnte ein solcher positiver Anreiz sein. Er selbst nennt die Möglichkeit, mit negativem Testergebnis wieder Restaurants oder Konzerte besuchen zu können.

"Fatale Folgen" durch Impfpflicht

Beim Thema Impfen rät der Experte zu Vorsicht vor solchen positiven Anreizen. Anfänglich rechnet er trotz bisheriger Umfragen wonach sich nur ein Fünftel der Teilnehmer gegen Corona impfen lassen will, mit einem Ansturm, der höchstwahrscheinlich die vorhandene Menge an Impfdosen übersteige. Mit zusätzlichen Anreizen könne dabei ein falsches Signal gesetzt werden, der den intrinsischen Wert der Impfung, nämlich nicht an Covid-19 erkranken zu können, untergrabe.

Eine Impfpflicht hält Kocher für fatal. Im Vergleich zur Pocken-Impfpflicht bis in die 1970er Jahren würden sich die Leute heutzutage "nicht mehr so leicht durch eine Pflicht überzeugen" lassen. "Vielleicht ist auch der Kollateralschaden durch so eine Pflicht größer", spekuliert der Experte: Es wäre fatal, wenn man 10 bis 20 Prozent der Bevölkerung dadurch gegen sich aufbringe.

Verlangt Wirtschaft bald Impfung?

Auch wenn es keine staatlich angeordnete Impfpflicht geben sollte, könnte die Corona-Impfung über die Hintertür vielleicht doch für die Bürger Österreichs notwendig werden. Denn, so der Wirtschaftsforscher, Privatunternehmen könnten die Nutzung ihrer Dienstleistung auf Geimpfte beschränken. Als Beispiel nennt er den Tourismus, wo etwa nur bereits Corona-Immune zu den Reisedestinationen befördert werden könnten.

Dritter Lockdown "nicht undenkbar"

Deutschland fährt ab Mittwoch wieder herunter, die SPÖ fordert bereits einen neuen Lockdown. Wäre dieser für Österreich über Weihnachten vernünftig, wollte Wolf abschließend noch wissen. 

"Das kann man pauschal so nicht beantworten. Deutschland ist aber auf einem steigenden Niveau, Österreich ist stabil." Jetzt müssten die Infektionszahlen runtergebracht werden. Das sei eine "Gemeinschaftsaufgabe der Bevölkerung".

Ein Lockdown verursache pro Woche eine Milliarde Euro Schaden für Österreichs Wirtschaft. Doch wenn die Pandemie im Land außer Kontrolle gerate, dann sei der Schaden wohl um einiges höher, so die Einschätzung des Ökonoms. Ein weiterer Lockdown sei deshalb nicht undenkbar. Nachsatz: "Nichts ist mehr undenkbar".

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