Politik

"ZiB2"-Experte distanziert sich von eigenem Interview

Die ÖVP teilt wie wild einen Clip aus der "ZiB2". Der darin sprechende Experte muss sich nun distanzieren – und klärt auf, was er wirklich meinte.

Leo Stempfl
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Wirtschaftsstrafrechtsexperte Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien
Wirtschaftsstrafrechtsexperte Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien
ORF 2

Wirtschaftsstrafrechtsexperte Robert Kert von der Wirtschaftsuniversität Wien sollte in der "ZiB2" bei Armin Wolf Antworten darauf geben, worum es rechtlich bei der Chat-Affäre und den Korruptionsvorwürfen eigentlich geht. Der größte Teil des Interviews drehte sich um die Ermittlungen gegen die Meinungsforscherin B. und die Fellner-Brüder, als letzten Punkt wurde auch auf die Situation des Alt-Kanzlers Sebastian Kurz Bezug genommen.

Kert erklärte dort unter anderem, dass der reine Status als Profiteur eines Verhaltens (in diesem Fall von frisierten Umfragen) wohl nicht dazu ausreicht, als Bestimmungstäter zu gelten. Es bräuchte einen klaren Auftrag oder eine Anweisung.

"Das sehe ich momentan in dieser Anordnung zur Sicherstellung noch nicht gegeben. (...) Das allein reicht für die Bestimmungstäterschaft sicher noch nicht aus", befindet Dr. Kert am Ende des Interviews.

"Die Vorwürfe sind falsch"

Ein aufgelegter Elfer in der Verteidigungsstrategie des Kanzlers und der ÖVP. Prompt rückten der Twitter-Account von Sebastian Kurz selbst, ÖVP-Funktionäre, Mitarbeiter sowie der ÖVP-Blog aus und verbreiteten den "ZiB2"-Clip wie wild. "Die Vorwürfe gegen mich sind falsch und ich werde das beweisen", hielt Kurz etwa fest.

"Sebastian Kurz wurde letzte Woche mit falschen Vorwürfen konfrontiert", schrieb auch der Telegram-Bot der ÖVP. "Wenn du Sebastian Kurz weiter unterstützen willst, dann schicke diese Nachricht deinen Freunden und deiner Familie oder teile das Video direkt auf Facebook!"

"Nichts lag mir ferner als das"

Nur wenig später machte dann ein Screenshot eines Facebook-Kommentars die Runde. Auf ihm ist eine Antwort Robert Kerts zu sehen, mit der er offenbar auf sein eigenes Interview reagiert. Der Professor verwehrt sich gegen die Instrumentalisierung durch die als Beschuldigte geführte ÖVP (es gilt die Unschuldsvermutung).

"Leider verwendet es die ÖVP gerade als Argument dafür, dass Kurz unschuldig ist. Nichts lag mir ferner als das. Es ist auch nicht meine Aufgabe, das zu beurteilen."

Auch Kanzler-Nachfolger Alexander Schallenberg bezog sich in der "ZiB2" am Mittwoch auf das Interview vom Vortag und nannte es als Indiz, dass die Suppe wohl recht dünn sei. Das veranlasste wiederum "Faktiv" (das Faktencheck-Portal von "Profil") dazu, noch einmal bei Robert Kert nachzufragen, ob diese Schlussfolgerung nachvollziehbar ist.

Bestimmung oder Beitrag?

"Ich würde das nicht generell so sehen und das habe ich auch nicht gesagt. Persönlich bin ich der Meinung, es gibt einige Indizien, dass er in diesem System drin war. Die Strafverfolgungsbehörden stehen nun vor der Aufgabe, Beweise zu finden, die für oder gegen diesen Verdacht sprechen", stellt der Jurist klar.

Von strafrechtlichem Interesse ist aber nicht nur ein Bestimmungstäter, sondern auch ein Beitragstäter. Dazu reicht es laut Kert in "Faktiv", dass Kurz die strafbaren Handlungen guthieß. Was es dann braucht, ist ein Beweis dafür, dass der Alt-Kanzler über die Vorgänge Bescheid wusste. Die Chats würden das nahelegen. "Eine 104-seitige Anordnung einer Hausdurchsuchung gibt es auch nicht oft, das ist nicht nichts", sagt Kert abschließend. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

"Nicht nur der unmittelbare Täter begeht die strafbare Handlung, sondern auch jeder, der einen anderen dazu bestimmt, sie auszuführen, oder der sonst zu ihrer Ausführung beiträgt." (§ 12 StGB; Behandlung aller Beteiligten als Täter)
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