Die Schweizer Supermarktkette "Migros" – neben "Coop" einer der zwei großen Platzhirsche im Schweizer Einzelhandel (ähnlich wie "Spar" und "Billa" in Österreich) – macht eine richtungsweisende Entscheidung aus dem Jahr 2014 rückgängig.
Damals hatte die Einzelhandelsgenossenschaft stolz mit der Schweizer Bahn (SBB) verkündet, einen guten Teil der via Basel aus Deutschland und Frankreich kommenden Tiefkühlimporte ab dem Verteilzentrum Neuendorf (Kanton Solothurn) auf die Schiene zu verlagern. "Die Bahn ist für lange Strecken unser bevorzugtes Transportmittel", hieß es damals in der Mitteilung, wonach jährlich 300.000 Lastwagenkilometer eingespart würden.
Jetzt ist damit Schluss. Schuld sein dürfte die Ankündigung von SBB Cargo über bevorstehende Preiserhöhungen, schreibt die "Neue Zürcher Zeitung" in ihrer Online-Ausgabe. Die Supermarktkette "Migros" begründet die Einstellung des Tiefkühltransports auf der Schiene ironischerweise mit dem selben Argument, wie seine Einführung vor über zehn Jahren: "Ökologische Gründe" seien neben logistischen Fragen entscheidend gewesen für die Entscheidung, von nun an wieder voll auf den Lastwagentransport zu setzen.
Der Schienentransport habe vier Mal so lange Transportzeiten zum Ergebnis gehabt, als es auf der Straße der Fall gewesen wäre. Zehn Stunden lang seien die Kühlaggregate in der Nacht durchgelaufen, während Lkw für die selbe Distanz nur 2,5 Stunden gebraucht hätten. Dieser CO2-Ausstoß sei in Hinblick auf die Nachhaltigkeit "unverhältnismäßig", argumentiert die Migros nun. Dazu wären Lärmbeschwerden gekommen, da die Container nicht mit Bahnstrom sondern mit Dieselaggregaten gekühlt worden waren. Akkubetriebene Kühlaggregate hätten sich bei Tests nicht bewährt.
Was bei der Ankündigung 2014 noch nach einem fast revolutionären Schritt klang, wird nun plötzlich ganz klein: Es gehe lediglich um 170 Paletten Kühlwaren pro Tag, was fünf Bahncontainern entspricht. Durch die Rückkehr auf die Straße würden "nur" sechs zusätzliche Lkw-Fahrten verursacht, heißt es nun von Migros.
Nichtsdestotrotz macht der Schienentransport beim Schweizer Einzelhändler nach wie vor einen großen Teil der zurückgelegten Warenkilometer aus. 22.000 Güterwägen, also 60 pro Tag, verlassen das Verteilzentrum Neuendorf täglich im Auftrag der Migros mit SBB-Güterzügen. Man arbeite zur Zeit an einem Rahmenvertrag mit SBB Cargo, die Partnerschaft langfristig und "nachhaltig" auf eine ökologische Schiene zu bringen.