Österreich

Nach Häfn-Chats – Justiz kennt Zahl der Drogen nicht

"Heute" deckte auf, im Häfn landen haufenweise Drogen. Angeblich auch durch geschmierte Wachen. Die Politik kennt die genauen Zahlen aber nicht.

31.08.2021, 06:52
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Chats belegen - Drogen gelangen bis in die Häfn-Zelle.
zVg, picturedesk.com

Nicht nur karge Kost, sondern auch Koks, "Spice" und MDMA stehen bei vielen Häftlingen in Österreich auf dem Menüplan. In einer Justizanstalt in Oberösterreich soll sich zwischen Häftlingen in den vergangenen Wochen ein regelrechter Drogenkrieg entwickelt haben. Schulden und Meinungsverschiedenheiten sollen zu schlimmen Schlägereien geführt haben. "Wir fühlen uns nicht mehr sicher", meinte ein anonymer Insasse gegenüber "Heute". 

    Foto der angepriesenen Ware – inklusive 300 Euro für Beamten in der Wäscherei
    zVg

    Auf Screenshots von Chats ist klar zu sehen, wie dort Drogen über die Wäscherei nach drinnen kommen sollen. Der Leiter der oberösterreichischen Justizanstalt meldete sich ebenfalls in "Heute" zu Wort. "Ja, wir haben ein Problem mit Drogen…" Gerade in seiner Anstalt soll es auch vermehrt zu Rettungseinsätzen nach Überdosierungen gekommen sein – "Bei uns war im letzten Monat 18 Mal die Rettung da wegen Drogenkoma," meinte der anonyme Insasse. Der Leiter bestätigte das so nicht, gab aber zu: "Ja, ein Häftling landete auf der Intensivstation."

    Drogenproblem wird Fall für Politik

    Trotzdem kennt man im Justizministerium die aktuellen Zahlen der Drogenvorfälle nicht, kritisiert der Sicherheitssprecher der FPÖ, Christian Lausch. Denn der Politiker bekommt auf seine Anfragen zu den genauen Zahlen im Parament stets die Antwort: "Eine automationsunterstützte Auswertung solcher Fälle aus den elektronischen Registern der Verfahrensautomation Justiz ist nicht möglich."

    "Wir haben ein größeres Drogenproblem in österreichischen Gefängnissen, als es seit Jahren dargestellt wird."

    Der Nationalratsabgeordnete vermutet: "Wir haben ein größeres Drogenproblem in österreichischen Gefängnissen, als es seit Jahren dargestellt wird." Der FP-Mandatar weiter: "Man kann aber den Insassen bei all den Freiräumen - wie Handys, Laptops - gar keinen Vorwurf machen. Zudem gibt es in Justizanstalten eine höhere Drogenqualität als etwa auf der Straße."

    Das bestätigte auch der Leiter der oberösterreichischen Justizanstalt indirekt, indem er sagte: "Wir haben unter den Häftlingen leider echte Drogenexperten – die wissen teilweise vermutlich besser bescheid als manche Ärzte."

    Bei 54 Kontrollen mit der Polizei und des Bundesheeres zwischen 1. September 2019 und 1. August 2020 waren 86 Hunde im Einsatz. Nur fünf Mal wurden Drogen gefunden. Wegen Corona waren lange keine Einsätze möglich. Während eine genaue Menge der gefundenen Drogen fehlt…

    Bei Handys kennt man Zahlen

    …liegen bei den Ordnungsstrafverfahren gegen Inhaftierte (Handys und Drogen) exakte Auflistungen vor. Zwischen 1. Jänner und 30. April diesen Jahres wurden österreichweit (nur) 45 Verfahren gegen 72 Personen eingeleitet. Spitzenreiter sind die Justizanstalt Graz-Karlau (10,19) und die JVA Hirtenberg (6, 14).

    Bei Häftlings-Handys kennt man ebenso die ganz genauen Zahlen – es waren im selben Zeitraum 1450 Stück. Die meisten wurden (wieder) in Graz-Karlau aufgegriffen –  300 an der Zahl, danach folgt der Häfn in Hirtenberg mit 219 illegalen Telefonen. In Innsbruck gab es 207 Aufgriffe. In der Justizanstalt Josefstadt (dem größten Gefängnis Österreichs) konnten 19 Mobiltelefone gefunden werden – nur das eines geheimen Twitter-Users offenbar (noch) nicht.

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      Sabine Hertel, Google Maps, zVg