Gesundheit

Nicht alle Immunschwachen bilden Corona-Antikörper 

Menschen mit geschwächtem Immunsystem wird dringend zur Corona-Impfung geraten, denn für sie könnte eine Infektion lebensgefährlich werden.

Sabine Primes
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Das Immunsystem von immungeschwächten Menschen ist zu schwach und braucht die Impfung als Schutz.
Das Immunsystem von immungeschwächten Menschen ist zu schwach und braucht die Impfung als Schutz.
APA/dpa

Covid-19 kann für Menschen mit einem abgeschwächten Immunsystem durch immunsuppressive Therapien gefährlich sein und schwere Verläufe verursachen. Aber auch diese Patienten entwickeln nach einer Corona-Impfung eine gute Immunabwehr, wie Forscher der Wiener MedUni heraufgefunden haben. Allerdings wird für jene, die keine Antikörper bilden, eine dritte Impfdosis notwendig sein.

Mehr schwere Verläufe bei Immunsupprimierten

Betroffene von Autoimmunerkrankungen benötigen oftmals eine Therapie, die das Immunsystem schwächt oder unterdrückt. Gerade in dieser Gruppe kann es zu schweren Verläufen nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 kommen. Bis dato war unklar, ob eine Corona-Impfung eine ausreichende Immunantwort bewirkt - insbesondere bei Patienten, die sogenannte Autoimmunerkrankungs-Medikamente wie etwa Rituximab gegen Rheumatoide Arthritis erhalten.

Unter Autoimmunerkrankungen ist eine Fehlsteuerung des Immunsystems zu verstehen, bei der körpereigene Strukturen – Zellen und Organe – angegriffen werden. Daraus resultieren unterschiedlichste Krankheitserscheinungen, von Typ-1-Diabetes und Multipler Sklerose bis hin zu Psoriasis und Rheuma. Autoimmunerkrankungen sind nicht ansteckend. In vielen Fällen liegt eine genetische Veranlagung vor, die genauen Entstehungsursachen sind jedoch nach wie vor weitgehend ungeklärt. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

In einer gerade veröffentlichten Studie eines abteilungsübergreifenden Teams der Medizinischen Universität Wien unter Koordination der Klinischen Abteilung für Rheumatologie (Leitung: Daniel Aletaha) der Universitätsklinik für Innere Medizin III konnte diese Frage nun beantwortet werden.

50 Prozent bilden Antikörper, 50 Prozent nicht

Senior-Autor Michael Bonelli konnte mit seinem Studienteam zeigen, dass der Großteil dieser Patienten in der Lage ist, dennoch eine humorale und zelluläre Immunantwort zu entwickeln. "B-Zellen stellen eine wichtige Zellpopulation für die Entwicklung von Antikörpern dar. Wir konnten zeigen, dass Patienten unter B-Zell-depletierender Therapie (B-Zell-verringernder Therapie, Anm.) mit Rituximab in über 50 Prozent der Fälle dennoch Antikörper gegen SARS-CoV-2 entwickeln und ein möglicher zusätzlicher Schutz durch eine zelluläre Immunantwort besteht. Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, immunsupprimierte Patienten gegen SARS-CoV-2 zu impfen", sagt Bonelli.

Zelluläre und humorale Immunabwehr: Was ist der Unterschied?
Der Hauptunterschied besteht in den Elementen, welche in den Prozess der Immunreaktion involviert sind. Die zelluläre Abwehr erfolgt durch Zellen (vor allem T-Lymphozyten), wobei bei der humoralen Immunabwehr Antikörper beteiligt sind. Diese beiden Arten von Immunreaktionen können nicht völlig unabhängig voneinander betrachtet werden. Diese Zellen spielen eine wichtige Rolle in der Einleitung der Abwehrreaktion mit Antikörpern und diese Antikörper können wiederum von Bedeutung bei bestimmten zellvermittelten Reaktionen sein.

Ergebnisse der dritten Impfung stehen vor Veröffentlichung

"Die Erkenntnisse dieser Arbeit stellten die Grundlage für eine mittlerweile abgeschlossene randomisierte Booster-Impfstudie dar, in welcher wir untersuchten, ob jene Gruppe von Patienten unter Therapie mit Rituximab, die nach Standardimpfung eben keine Antikörper bilden konnten, durch eine dritte Impfung mit einem neuerlichen mRNA-Impfstoff oder einem Wechsel auf Vektor-Impfstoff doch noch humorale bzw. zelluläre Immunität entwickeln", meint dazu Aletaha. "Die Ergebnisse der ersten Impfstudie stehen kurz vor der Publikation und werden hoffentlich zur Schaffung von Richtlinien zur Impfstrategie gegen SARS-CoV-2 in immunsupprimierten Patientinnen und Patienten beitragen."

    Der Impfstoff "Comirnaty" von BioNTech/Pfizer basiert auf mRNA-Technologie und wird in zwei Etappen geimpft. Auch Kinder ab 12 Jahren können damit immunisiert werden.
    Der Impfstoff "Comirnaty" von BioNTech/Pfizer basiert auf mRNA-Technologie und wird in zwei Etappen geimpft. Auch Kinder ab 12 Jahren können damit immunisiert werden.
    Ronny Hartmann / dpa / picturedesk.com
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