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"Alaba? Ich kenne keinen ÖFB-Spieler beim Namen"

Heute Redaktion
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Bild: Michael Kooren / Reuters (X01210)

Hannes Halldorsson ist Nationaltorhüter von Island - und unser verücktester EURO-Gegner! Der 32-Jährige trainierte lange nur mit einer Mauer, spielte in seiner Jugend fünf Jahre gar nicht Fußball, ist heute berühmter Filmemacher auf der Schafsinsel und gibt im Heute-Interview zu, keinen österreichischen Teamspieler zu kennen.

Hannes Halldorsson ist Nationaltorhüter von Island – und unser verücktester -Gegner!

Der 32-Jährige trainierte lange nur mit einer Mauer, spielte in seiner Jugend fünf Jahre gar nicht Fußball, ist heute berühmter Filmemacher auf der Schafsinsel und gibt im „Heute“-Interview zu, keinen österreichischen Teamspieler zu kennen.

Herr Halldorsson, sie sind Islands Nationaltorhüter und seit der EM-Quali auch Nationalheld. Am 22. Juni treffen Sie im vielleicht entscheiden EM-Gruppenspiel auf Österreich. Vor welchem Spieler haben Sie den größten Respekt? 
„Ich kenne keinen beim Namen. Bitte nicht falsch verstehen, das ist nicht respektlos gemeint. Ich weiß, dass die meisten auf hohem Level spielen und sie ein starkes Team sind. Aber ich kenne keine Namen. Ich schaue nicht so viel Fußball.“

 

Alaba, Arnautovic, Janko? Sie wissen nicht, wer für Island gefährlich wird?

„Nein, noch nicht. Diese Frage ist für mich nicht zu beantworten. Wenn in Paris angepfiffen wird, bin ich aber über alle Spieler informiert.“ 

Ihre Karriere verlief ungewöhnlich. Stimmt es, dass Sie von 14 bis 19 Jahren nicht Fußball spielten?

„Ja. Meine Karriere ist wie eine Achterbahnfahrt. Mit 14 Jahren stieß ich beim Snowboardfahren mit meinem Vater zusammen. Wir wetteten, wer schneller einen Hang runterfährt und krachten zusammen. Meine Schulter war komplett kaputt, sie wurde erst mit 19 Jahren in einer Operation gerichtet. Ich war wieder fit, aber mein Kopf war nicht mehr beim Fußball. Filme zu machen, das machte mir mehr Spaß.“

 

Stimmt es, dass Sie in ihrer Jugend einige Jahre nur mit einer Mauer trainierten?

„Ja, das stimmt. Mein einziges Torhütertraining bestand darin, den Ball gegen eine Wand zu schießen und wieder zu fangen. Ich spielte bei einem kleinen Klub in Reykavik, da gab es kein Geld für spezifisches Torhütertraining. Darum nahm ich die Sache selbst in die Hand. Die Übung mit der Wand hatte ich von meinem Vater. Die verriet er mir, als ich noch ein Kind war. Ich tat das Stunden, Wochen, Monate, Jahre.“

 

Mit 21 Jahren hatten sie 105 Kilo. Was war der Wendepunkt in ihrer Karriere?

„Ein Foto. Es zeigte mich mit 105 Kilo. Tief in mir brannte aber noch das Feuer für den Fußball. Ich wollte mein Talent nicht vergeuden und dachte mir: Einmal probiere ich es noch. Ich rief den Coach eines isländischen Drittligisten an. In einer Trainingswoche überzeugte ich ihn. So begann meine Reise nach oben. Das 105-Kilo-Foto gibt es noch. Ich werde es aber nie herzeigen. Mein Wettkampfgewicht heute liegt bei 88 Kilo.“

 

Vier Jahre später waren sie Nationalgoalie. Sie sind aber auch – wie angesprochen – ein berühmter Filmemacher im Land. Sie drehen Kurzfilme, Werbungen. Christoph Waltz oder Arnold Schwarzenegger: Wit welchem Österreicher würden Sie lieber drehen?

"Wenn ich mit einem der zwei drehen könnte, würde ich als glücklicher Mann sterben. Könnte ich wählen, dann Arnie. Warum? Weil es Arnie ist.“

 

Der Nationalsport in Island ist Glima – eine Art Wrestling. Ist es das, was Österreich im letzten Gruppenspiel erwartet?

„Wir haben ein körperlich und mental starkes Team, das müssen wir bei der EURO ausspielen. Es wird nicht Glima sein, aber voller Einsatz.“

 

Island hat nur 300.000 Einwohner. Verraten Sie uns das Geheimnis des isländischen Fußballwunders?

„Es gibt mehrere Gründe. Der wichtigste ist aber die Einstellung der Isländer zur Arbeit. Isländer arbeiten hart, auch wir Fußballer. Durch neue Hallen können wir das ganze Jahr über trainieren, zudem ist der Level der Trainerausbildung hoch. Diese Kombination führte zum Erfolg.“

 

Von isländischen Sportlern hört man keine Skandale. Wäre im Nationalteam kein Platz für einen Mario Balotelli?

„Es wäre derzeit kein Platz für solche Spieler. Um mit Island Erfolg zu haben, muss jeder alles aus sich herausholen. Freundschaft, Kampfgeist – das ist gefragt. Ein extravaganter Spieler würde die Balance in unserem Spiel zerstören.“

 

2003 holte Island ein 0:0 gegen Deutschland. Das Match wurde berühmt, weil Rudi Völler später in einem Interview den TV-Reporter Waldemar Hartmann attackierte.

„Ich war im Stadion und kann mich gut erinnern, wie ich glücklich nach Hause ging und jedem am Telefon erzählte: ,Das war das aufregendste Match, dass ich jemals vom Nationalteam sah.’ Die Zuschauer im Stadion flippten komplett aus. Wir waren damals knapp dran, uns für ein Großereignis zu qualifizieren. Ich war 19 Jahre, hatte fünf Jahre nicht Fußball gespielt. Jetzt können sie sich vorstellen, wie viel es mir bedeutet, dass dieser Traum wahr wird – entgegen aller Vorhersagen.“