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"Anstandswauwau" für FIFA-Boss Sepp Blatter

Heute Redaktion
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Bild: Arnd Wiegmann / Reuters

Der umstrittene FIFA-Chef Joseph Blatter kommt den zahlreichen Forderungen nach seinem Rücktritt nicht nach und treibt stattdessen seine eigenen Reformen im angeschlagenen Fußball-Weltverband weiter voran.

Das Exekutivkomitee ernannte am Dienstag den deutschen Richter Joachim Eckert und den US-Staatsanwalt Michael Garcia anstelle des favorisierten Argentiniers Luis Moreno Ocampo zu den Vorsitzenden der beiden Kammern der neuen Ethikkommission, die den    voranbringen soll.

"Ich bin ein glücklicher Präsident, weil unserer Reformprozess weitergeht. Ich als Präsident werde diesen Reformprozess weiter begleiten", sagte Blatter in Zürich. Die neuesten Enthüllungen im FIFA-Bestechungsskandal und auch sein möglicher Rücktritt waren nach Angaben des Schweizers kein Thema bei der Sitzung des Exekutivkomitees. "Über die Position des FIFA-Präsidenten kann nur der Kongress entscheiden", sagte Blatter.

"Anstandswauwau" für Blatter

Der 64-jährige Eckert, der auf Wirtschaftsverfahren spezialisiert ist, soll ein Sportgericht der FIFA leiten. Garcia arbeitet in den USA als Ankläger und war in dieser Funktion unter anderem auch im Doping-Prozess gegen die frühere Sprint- Olympiasiegerin Marion Jones tätig. Er soll in der Ethikkommission einer Art Kontrollausschuss vorsitzen. "Die Vorsitzenden der beiden Kammern sind komplett unabhängig", sagte Blatter. Die FIFA werde allen Entscheidungen der neuen Ethikkommission folgen.

Eine Einmischung durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat sich die FIFA strikt verbeten. "Das IOC soll sich zunächst seine eigenen Sachen anschauen", sagte der im November 2011 eingesetzte Anti-Korruptions-Beauftragte der FIFA, Mark Pieth, der "Sport Bild" (Mittwoch) in einem Interview. "Die haben nach Salt Lake City einen Schritt gemacht, aber einen halbherzigen. Die Wahl der Personen ins Integritäts-Komitee überzeugt mich nicht. Bei der Frage, woher sie kommen, spielt der IOC-Präsident eine viel zu große Rolle. Da sind wir beim Thema Unabhängigkeit", meinte der Strafrechts-Professor aus der Schweiz.

Gegen Vorverurteilung

Nach den neuesten in der vergangenen Woche hatte das IOC angekündigt, sich am kommenden Wochenende bei einer Sitzung in London mit dem Skandal bei der FIFA beschäftigen zu wollen. IOC-Vizepräsident Thomas Bach sprach sich jedoch am Dienstag gegen eine Vorverurteilung des schwer unter Druck geratenen FIFA-Chefs Joseph Blatter aus. "Herr Blatter hat wie jeder andere Mensch das Recht, sich vor den zuständigen Gremien zu verteidigen", sagte Bach der Nachrichtenagentur dpa.

Der ehemalige FIFA-Präsident Joao Havelange und dessen brasilianischer Landsmann Ricardo Teixeira hatten vor Jahren von der inzwischen insolventen Schweizer Marketingfirma ISMM/ISL rund 14 Millionen Schweizer Franken (heute umgerechnet etwa 12 Millionen Euro) Schmiergeld kassiert. "Ich weiß und wusste nichts von weiteren Personen", erklärte Blatter nun auf die Frage, ob es in der ISL-Affäre weitere Schmiergeldzahlungen gegeben habe. ISL soll aber geschätzt 138 Millionen Schweizer Franken (ca. 115 Mio. Euro) an rund ein Dutzend Funktionäre gezahlt haben.