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"Es gibt 5 Paris-Favoriten! Thiem ist aber nicht dabei"

Heute Redaktion
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Bild: Kein Anbieter

Tennis-Star Dominic Thiem, zweitbester Sandplatz-Spieler 2017, traf in Paris ein. Am Montag starten die French Open. Sein Trainer Günter Bresnik im Talk.

"Heute": Herr Bresnik, wer ist ihr Favorit bei den French Open?

Bresnik: „Es gibt fünf Favoriten: Allen voran Rafael Nadal, dann Stan Wawrinka, Novak Djokovic und Andy Murray – der Fünfte ist Alexander Zverev. Bei ihm ist die Frage, ob er das körperlich schon aushält."

Das ist jetzt Understatement. Ihr Schützling Dominic Thiem fertigte zuletzt Rafal Nadal ab und kommt als zweitbester Sandplatzspieler nach Paris.

„Es ist Schwachsinn, Dominic als Paris-Favorit zu bezeichnen. Es ist nicht ausgeschlossen, aber: Ich bin Realist. Dominic spielt gut, er spielt aber nicht regelmäßig gut. Paris ist außerdem ein ganz anderes Kapitel."

Inwiefern?

„Es geht auf fünf Sätze. Alles ist viel körperlicher. Kraft und Ausdauer sind mehr gefragt, die psychische Belastung ist höher. Damit wird der Kreis der Favoriten kleiner. Je länger ein Spiel dauert, desto größer ist der Vorteil von richtigen Männern. Ein Beispiel: Kyrgios kann Nadal oder Djokovic bei jedem Turnier schlagen – nicht in Paris. Dort kämpft ein Löwenrudel um den Titel. Dominic ist ein junger, kräftiger Löwe, Aber er ist noch kein Anführer."

Das ist Zverev auch nicht.

„Er ist anders. Er hat dieses Scheiß-mir-nix. Dominic hinterfragt immer alles, andere denken weniger. Dominic lernt langsamer, dafür aber stetig."

Hat er nach der 1:6, 0:6-Abfuhr gegen Djokovic gegrübelt?

„Das Spiel war eine Vernichtung, aber nicht aussagekräftig. Djokovic spielte in Höchstform, Dominic in Unterform. Er hatte null Energie und beim ersten Ballwechsel 195 Puls. Nach zwei Minuten war also allen klar: Das wird nix. Wenn beim Auto der Tank leer ist, steht es – der Mensch bewegt sich noch. Den Grund für seine Leere kenne ich noch nicht. Ich grüble also, nicht er. Und ich bin auf der Suche."

Wie läuft diese Suche ab?

"Gespräche, viele Gespräche. Ich rede mit Experten. Das Phänomen ist nicht ganz neu bei Dominic. Aber in einem Halbfinale gegen Djokovic – da schießt dir normalerweise das Adrenalin ein. Er saß nach dem Match enttäuscht in der Umkleidekabine. Sein erster Satz war: ,Ich habe mich wirklich bemüht. Ich hatte null Energie. Darum kann ich das Match auch nicht ernst nehmen.' Da hat er Recht."

Wie ernst nimmt Nadal Thiem jetzt in Paris?

"Das Team Nadal hat Dominic seit vier Jahren am Radar – seit dem Match gegen Tsonga in der Stadthalle. Dominic hat Nadal in Rom in Bestverfassung besiegt. Er hat genau das umgesetzt, was wir besprochen haben. Er ist dabei von seinem Erfolgssystem weggegangen, mit dem er zuvor Matchbälle abgewehrt hat. Er hat sein Spiel umgestellt – das war eine herausragende Leistung. Das wird im Team Nadal natürlich registriert. Dort gibt es den Onkel, der alles analysiert – und noch vier, fünf Leute mehr."



Fürchten Sie, dass beim Spiel gegen Djokovic viele Gegner genauer hinsahen und Schwächen bei Dominic entdeckten?

"Das ist normal. Als junger Spieler bist du in der Auslage, du wirst studiert. Ich wusste zum Beispiel, dass das Spiel gegen Querrey schwer wird. Sein Trainer Craig Boynton ist ein Top-Mann. Er hat mir schon Acapulco erklärt, was Dominic kann und was nicht. Dann brauchst du als Trainer halt noch einen Spieler, der die Ideen am Platz auch umsetzen kann."

(mh)