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"Marketing in Salzburg wichtiger als der Fußball"

Heute Redaktion
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Nach 22 Jahren hängte Alex Manninger seine Torwart-Handschuhe an den Nagel. Im "Kicker"-Interview nimmt er sich jetzt kein Blatt vor dem Mund.

Interviews mit Alexander Manninger haben Seltenheitswert. Nicht, dass der heute 40-Jährige nach 22 Jahren als Fußball-Profi bei elf Klubs in vier verschiedenen Ländern und Ex-Kollegen wie Gian-Luigi Buffon oder Thierry Henry nichts zu erzählen hätte. Doch egal zu welchem Thema, Interview-Anfragen blockte sein Management stets ab.

Aber jetzt genießt der gelernte Tischler, der bei Weltklubs wie Arsenal, Juventus oder zuletzt Liverpool unter Vertrag stand, seinen ersten Sommer ohne Vorbereitung. Und all die freie Zeit nützte er jetzt, um der deutschen Fachzeitschrift Kicker eine Audienz in seiner Heimatstadt Salzburg zu gewähren.

"Was sich heute abspielt, ist fast unmenschlich"

Im Interview nahm sich Manninger dann kein Blatt vor dem Mund. So rechnete er zum Beispiel schonungslos über sein Engagement bei Red Bull Salzburg vor zwölf Jahren ab. "Von diesem Jahr hat sich jeder mehr versprochen. Aber für den Verein war Marketing wichtiger als Fußball, es gab Fototermine am Tag vor dem Spiel", berichtet er. "Ich fühlte mich nicht wohl, es kam berechtigte Kritik auf. Solche Umfaller gibt es einfach, dann schüttelt man sich die Hand und geht weiter."

Die Entwicklung des Fußballs, die er in seinen 22 Jahren als Musterprofi hautnah miterlebt hat, stößt ihm generell sauer auf. "Es ist verrückt. Zu meiner Zeit war es noch nachvollziehbar, weil der Fußball im Vordergrund stand", erzählt der 34-fache ÖFB-Teamkicker. "Was sich heute abspielt ist fast unmenschlich. Fußball ist nicht mehr nur Sport, sondern auch irrsinniges Marketing."

"Toptalenten von heute hat der Schuh noch nie gedrückt"



Manninger hielt weiters fest, dass die Youngsters von heute Welten von ihm damals trennen. "Den Toptalenten von heute hat der Schuh noch nie gedrückt. Sie haben nie gearbeitet und wissen nicht, was es bedeutet, nicht Fußballer zu sein", schildert er seine Eindrücke. "Sie kennen diesen Existenzstress nicht, weil sie mit 16 schon so viel verdienen wie der am besten bezahlte Tischler."

Seine eigene Zukunft hält sich Manninger jetzt offen - sein Interessensfeld ist breit gestreut. "Ich scheue mich auch nicht, wieder früh um sieben aufzustehen und etwas dazulernen. Aber es ist auch möglich, dass ich etwas mit Fußball mache. Vielleicht vermisse ich bald den Rasengeruch oder den Druck zu gewinnen."

(AK)