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"Österreich hat keine Abfahrts-Trainingsstrecke"

Heute Redaktion
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Peter Schröcksnadel suchte nach keinen Ausreden für das jüngste Abfahrts-Debakel der alpinen Ski-Herren am Samstag in Gröden. Ganz im Gegenteil, denn der ÖSV-Präsident schwärmt von der aktuellen Speed-Truppe in höchsten Tönen. "Das ist die stärkste Abfahrtsmannschaft seit zehn Jahren", sprach Schröcksnadel Klartext. Verärgert ist er über die Trainingsbedingungen.

Peter Schröcksnadel suchte nach keinen Ausreden für . Ganz im Gegenteil, denn der ÖSV-Präsident schwärmt von der aktuellen Speed-Truppe in höchsten Tönen. "Das ist die stärkste Abfahrtsmannschaft seit zehn Jahren", sprach Schröcksnadel Klartext. Verärgert ist er über die Trainingsbedingungen.

Eine gewagte Ansage, schließlich war vor rund einem Jahrzehnt das berühmte "Wunderteam" mit Assen wie Hermann Maier, Stephan Eberharter, Fritz Strobl, Hans Knauß, Andreas Schifferer, Hannes Trinkl oder Michael Walchhofer für Österreich auf den Weltcup-Abfahrten unterwegs. "Das Potenzial ist ähnlich groß wie damals. Nur wird es halt noch nicht ausgeschöpft. Aber das wird noch kommen", sagte Schröcksnadel.

"Das ist eine Schande"

Beim Thema Abfahrt ließ der ÖSV-Boss kurz vor Weihnachten mit einer weiteren Ansage ordentlich aufhorchen. Der 72-Jährige beklagte nämlich die quasi gänzlich fehlende Trainingsinfrastruktur für Österreichs Abfahrer. "Es wird immer gefordert, dass wir alles gewinnen. Aber die Skination Nummer eins hat nicht eine einzige Strecke, auf der man Abfahrt trainieren kann. Das ist eine Schande", erklärte Schröcksnadel.

Er habe in dieser Sache bereits Gespräche mit Bundeskanzler Werner Faymann und Sportminister Gerald Klug geführt. "Die Sache läuft." Geht es nach Schröcksnadel, dann sollte es in Zukunft zumindest vier (im Osten, Südosten, Süden und Westen) permanente Abfahrtstrainingsstrecken geben. Ins Auge gefasst hat er dabei zunächst u.a. die Orte Lackenhof, Hinterstoder, Schruns, Jerzens und Saalbach.

In Sölden "sind ja die Amis"

Sölden sei kein Thema, "weil da sind ja die Amis", merkte Schröcksnadel an. Sölden fungiert ja als Partner des US-Teams, ein Umstand, der dem ÖSV-Boss von Anfang an ein Dorn im Auge war.

Der Kostenfaktor ist angesichts der Sicherheitsvoraussetzungen für ein "echtes" Abfahrtstraining gewaltig. Die Strecken würden größtenteils komplett neu angelegt werden, müssten dann beschneit und mit Sicherheitsnetzen ausgestattet werden und dementsprechend präpariert und gepflegt werden. Schröcksnadel bezifferte die Kosten mit "sechs, sieben Millionen Euro" - pro Strecke. Für Schröcksnadel sei dies eine Sache für den öffentlichen Sportstättenbau.

"Nur für uns alleine bringt es Vorteile"

Die Pisten würden dann logischerweise nicht für die normalen Skitouristen zugänglich sein. Und eine Vermietung an die Konkurrenten aus Kanada, Norwegen oder Italien sei ebenfalls nicht angedacht. "Wir wollen etwas für uns alleine haben. Nur so bringt es für uns auch einen Vorteil", weiß Schröcksnadel. Ausgenommen könnten kleinere Skinationen wie Ungarn oder Tschechien sein.

Denn Schröcksnadel ist der Ansicht, dass der "Erfahrungsaustausch" mit den anderen Nationen in den vergangenen Jahren ausschließlich der Konkurrenz weitergeholfen hat. "Dieser Erfahrungsaustausch ist immer nur in eine Richtung gelaufen. Mit dem Ergebnis, dass wir unseren Vorsprung auf die Konkurrenz eingebüßt haben."

"Ein Licht aufgegangen"

Dass Schröcksnadel erst nach 23 Jahren als ÖSV-Präsident einfällt, dass Österreichs Abfahrer in der Heimat keine einzige echte Trainingsstrecke zur Verfügung haben, sei seine Schuld und darüber ärgere er sich auch. Aber erst nach einem Unfall eines Nachwuchsläufers in Seefeld, in dessen Folge ein Streit um die Sicherheit und Verantwortung bei Trainingszwischenfällen entstanden war, sei ihm im Februar 2013 "ein Licht aufgegangen".

Dem aktuellen Abfahrtsteam wird diese Revolution wohl nur mehr bedingt zu Gute kommen, außerdem absolvieren Klaus Kröll und Co. ihre Sommertrainings ohnehin stets in Südamerika oder Neuseeland. Schröcksnadel sieht den Plan vielmehr als Zukunftsinvestition. "Wenn ein 16-jähriger Nachwuchsläufer sagt, er möchte morgen Abfahrt trainieren, dann soll er das auch können. Bis jetzt wird bei uns im Nachwuchs ausschließlich Slalom und Riesentorlauf trainiert. Mehr ist nicht möglich."