Am Wiener Landesgericht mussten sich letzte Woche zehn Jugendliche wegen des Vorwurfs der geschlechtlichen Nötigung bzw. der Verletzung der sexuellen Selbstbestimmung verantworten. Das mutmaßliche Opfer war zum Tatzeitpunkt erst zwölf Jahre alt – hatte sich gegenüber den Burschen aber offenbar älter ausgegeben.
Nach zwei Verhandlungstagen sprach der Schöffensenat alle Angeklagten frei. "Das Beweisverfahren hat ganz klar zu Freisprüchen geführt", erklärte Richter Daniel Schmitzberger. Ausschlaggebend seien zahlreiche Widersprüche in den Aussagen des Mädchens gewesen, zudem habe sich der Vorwurf der Nötigung nicht erhärten lassen. Die Urteile sind nicht rechtskräftig.
Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer betont, es gehe darum, "den Angeklagten das Unrecht ihrer Tat vor Augen zu führen". Sie zeigte sich überzeugt, dass das Mädchen nicht einverstanden gewesen sei. Das Gericht folgte dieser Sicht jedoch nicht.
Kritik kam prompt von den SPÖ-Frauen. Bundesfrauengeschäftsführerin Ruth Manninger sprach von der "Gefahr einer dramatischen Opfer-Täter-Umkehr". Statt das Verhalten der Angeklagten werde das des damals 12-jährigen Mädchens und sogar das der Mutter diskutiert.
"Wir brauchen endlich eine klare Definition von einvernehmlicher Sexualität – Nur Ja heißt Ja", sagte Manninger. Länder wie Schweden oder Spanien hätten das längst umgesetzt, Österreich müsse nachziehen.
Manninger forderte auch ein gesellschaftliches Umdenken: "Die Scham muss die Seiten wechseln. Wir haben ein Problem mit Männergewalt, Besitzdenken und patriarchalen Denkmustern." Wichtig sei zudem die Sensibilisierung von Polizei und Justizwache.
Die SPÖ-Frauen verweisen auf den Nationalen Aktionsplan gegen Gewalt an Frauen, mit dem Lücken im Schutzsystem geschlossen werden sollen. "Jedes Opfer sexueller Gewalt soll sicher sein, dass das Recht auf seiner Seite ist", so Manninger.