Jetzt liegt es schwarz auf weiß am Tisch: Wie von "Heute" vorab berichtet, einigten sich ÖVP, SPÖ und Neos auf ein Koalitionsabkommen – 152 Tage nach der Nationalratswahl. Es ist 211 Seiten lang, trägt den Titel "Jetzt das Richtige tun. Für Österreich." und bleibt inhaltlich vage. Großteils werden Überschriften angeführt, Details bleiben offen.
Die Parteichefs präsentierten ihre Vorhaben Mittwochvormittag im Parlament. Sämtliche geplanten Maßnahmen stehen noch unter Budgetvorbehalt. Die Ampel möchte aber "das Wohl unseres Landes über Partei- und Einzelinteressen" stellen. Eine Spitze in Richtung Herbert Kickl gibt es gleich auf Seite zwei. Der FPÖ-Chef verweigere die Kooperation und entziehe sich der Verantwortung.
Schon am Montag soll Christian Stocker (ÖVP) als neuer Bundeskanzler angelobt werden. Er will "Fleiß, Familie und Sicherheit" in seiner Amtszeit in den Fokus rücken: "Leistung und Eigenverantwortung sind der Motor unseres Wohlstands. Arbeit und Leistung müssen sich immer lohnen."
Die Austro-Ampel hat sich auf folgende Kernpunkte geeinigt:
Unternehmen können ihren Angestellten eine steuerfreie Prämie in der Höhe von bis zu 1.000 Euro auszahlen.
Wenn es zu Abweichungen vom vorgesehen Budgetpfad für Pensionsausgaben kommen sollte, dann werden die erforderlichen Versicherungsjahre für die Korridorpension ab 1.1.2035 in Halbjahresschritten erhöht.
Wer im Ruhestand weiterarbeitet, wird ab 1.1.2026 entlastet. Die Dienstnehmer werden von der Sozialversicherung befreit, der Steuersatz für das Einkommen wird bei 25 Prozent pauschal liegen.
Was bereits durchgesickert ist, ist nun Fakt: Der Klimabonus wird abgeschafft, die CO2-Abgabe bleibt. Für Pendler gibt es eine teilweise Kompensation in Form eines Absetzbetrages – allerdings erst 2026.
Bei Fahrrädern und Motorrädern wird das Kilometergeld auf 25 Cent je Kilometer reduziert.
Zigaretten werden einmal mehr teurer: Die Tabaksteuer für Tschick und ähnliche Produkte wird ebenso wie die Bundesgebühren angehoben.
In Schanigärten darf weiter geraucht werden.
Kreditinstitute müssen 2025 und 2026 rund 500 Millionen Euro für den Staatshaushalt beitragen. In den Folgejahren jeweils 200 Millionen Euro.
Die künftige Regierung "bekennt sich zu einer Bürokratiebremse", wie es in dem Papier heißt. Ein Deregulierungsbeauftragter mit zentraler Stelle zur Entbürokratisierung (wohl Sepp Schellhorn im Außenamt) wird bestellt.
Bei Beträgen bis zu 35 Euro wird der Ausdruck abgeschafft. Will ein Kunde jedoch einen Beleg, muss er ihm ausgestellt werden.
Nahversorger, die gänzlich digital oder in Randzeiten digital und ohne angestelltes Personal betrieben werden, werden aus dem Öffnungszeiten-Gesetz ausgenommen.
Bleibt 2025 bestehen. Wie es danach weitergeht, soll zeitnah evaluiert werden.
Ein zweites Kindergartenjahr wird verpflichtend. Das bestehende Modell der Bildungskarenz abgeschafft. Außerordentliche Schüler, die nicht ausreichend gut Deutsch sprechen, müssen im Rahmen einer Sommerschule verpflichtend ihre Sprachkenntnisse verbessern. Auch die Deutschförderklassen werden weiterentwickelt.
Die Mindestbefristung von Mietverträgen wird von drei auf fünf Jahren verlängert. Wie von "Heute" berichtet, darf der Zins 2025 gar nicht mehr erhöht werden, 2026 dann maximal um ein-, 2027 um höchstens zwei Prozent.
Die EU-Notfallklausel wird nicht gezogen. Man hat sich lediglich darauf verständigt, sie "falls notwendig" zu ziehen. Ziel: "Die Asylanträge im Inland auf null zu reduzieren". Der Familiennachzug wird vorübergehend gestoppt – per sofort. Errichtet werden sogenannte "Rückkehrverfahrenszentren" – die "zur Prävention des Abtauchens eines abgelehnten Asylwerbers entsprechende Einschränkungen in der Bewegungsfreiheit legitimieren". Bei Deutschkursen reicht bloße Anwesenheit nicht mehr aus, am Ende muss eine Prüfung bestanden werden.
Es gilt für Mädchen bis 14 Jahre und soll verfassungskonform umgesetzt werden. Das Höchstgericht hatte das türkis-blaue Modell 2020 aufgehoben.
Volle Sozialleistungen gibt es für Asylanten künftig erst nach einer Wartefrist von bis zu drei Jahren. Davor ist eine Integrationsphase vorgeschrieben. Generell wird jedoch das Konzept der Sozialhilfe überarbeitet, es soll sich an den strengen Regeln der oberösterreichischen Landesregierung orientieren.
Die Bezahlung junger Rekruten wird erhöht.
ÖVP:
Bundeskanzleramt
Bundesministerium für Inneres
Bundesministerium für Landesverteidigung
Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus
Bundesministerium für Familie, Jugend, EU und Integration
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
Staatssekretariat im Bundeskanzleramt
Staatssekretariat im Bundesministerium für Finanzen
Staatssekretariat im Bundesministerium für Wirtschaft, Energie und Tourismus
SPÖ:
Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
Bundesministerium für Finanzen
Bundesministerium für Justiz
Bundesministerium für Frauen, Wissenschaft und Forschung
Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie
Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Staatssekretariat im Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
Staatssekretariat im Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Staatssekretariat im Bundesministerium für Inneres
Neos:
Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
Bundesministerium für Bildung
Staatssekretariat im Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten
Die ÖVP wird mit Christian Stocker künftig den Bundeskanzler stellen und zusätzlich vier Ministerien führen. Dazu kommen drei Staatssekretäre (siehe Infobox). SP-Vizekanzler Andreas Babler bekommt ein Ressort für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport. Die Roten erhalten sechs Ressorts und bekommen drei Staatssekretäre zuerkannt. Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wird Außen-, ihr Vize Christoph Wiederkehr Bildungsminister. Dazu kommt noch ein pinker Staatssekretär am Minoritenplatz.
Die Neos-Mitglieder müssen den Pakt am Sonntag noch mit Zwei-Drittel-Mehrheit absegnen. Spott kam schon im Vorfeld von FPÖ-Chef Herbert Kickl: Er spricht "von einem offenen Erpressungsversuch in Sachen Zustimmung gegenüber der Neos-Basisversammlung". Kickl: "Das gab es glaube ich noch nie: Ein sogenanntes 'Regierungsprogramm', bevor überhaupt eine Regierung steht.