"Wollten halt chillen"

1.500 Einbrüche – Systemsprenger grinsen sich in Haft

Wegen zahlreicher Delikte müssen sich zwei Systemsprenger (14, 16) am Dienstag vor Gericht verantworten. Beide wurden jetzt schuldig gesprochen.
06.05.2025, 13:59
Loading...
Angemeldet als Hier findest du deine letzten Kommentare
Alle Kommentare
Meine Kommentare
Sortieren nach:

Kommentare neu laden
Nach oben

Am Dienstag fand in Wien ein Prozess gegen einen erst 14-jährigen sogenannten "Systemsprenger" und seinen 16-jährigen Komplizen statt. Der jüngere Serbe und der Syrer weisen zwar keinen Schulabschluss, allerdings eine beachtliche kriminelle Historie auf. Hunderte Einbruchsdelikte im Rahmen einer kriminellen Vereinigung sollen auf ihre Kappe gehen – auch nach seinem 14. Geburtstag am 23. März soll der zuvor noch Strafunmündige mehrfach Autos gemeinsam mit teils minderjährigen Komplizen geknackt, gefahren und geschrottet haben.

Zahlreiche Delikte angeklagt

Die Staatsanwältin schilderte einen der "verhängnisvollsten Vorfälle" in ihrem Eröffnungsplädoyer. Da sollen die beiden am 28. März in Wien-Liesing mit einem Nothammer in eine Werkstatt eingebrochen sein. In weiterer Folge hätten die Burschen Autoschlüssel gestohlen und einen schwarzen Mercedes Vito und roten Toyota in Betrieb genommen. Auf der Spritztour ließen sie den Vito wegen eines platten Reifens stehen und stiegen in den Toyota um.

Um 2:45 Uhr wurde das rote Auto jedoch von der Polizei entdeckt, es gab eine wilde Verfolgungsjagd auf regennasser Fahrbahn. Mit über 100 km/h auf spiegelglatten Straßenbahnschienen rasten sie dabei auf Polizeibeamte zu. Eine Polizistin konnte sich gerade noch retten. Anschließend überschlug sich das Auto, wobei sich ein Mitfahrer den Arm brach und die restlichen Burschen zu Fuß flüchteten – wir berichteten.

Ein Video zeigt den entsprechenden Polizeieinsatz in Wien >>

Zum Motiv sagte der Erstangeklagte, der laut seinem Verteidiger ein "armer Teufel" ist: "Ich wollte halt chillen und bisschen einen Kick haben". Es sei so etwas wie eine Freizeitbeschäftigung gewesen.

Strafantrag wurde erweitert

Der Zweitangeklagte, der 16-jährige Syrer, sagte bei der Verhandlung, dass ihm die Einbrüche "einfach in den Kopf gekommen" seien. In bis zu 40 Geschäfte sei er eingebrochen – "in wie viele weiß ich nicht". Das Geld habe er eigentlich "nicht gebraucht", er habe es dann "unnötig ausgegeben". Auch sein Verteidiger hebt hervor, dass der Jugendliche eigentlich aus "gutem Haus" komme. Er hätte einfach zu viel Freizeit gehabt und nicht gewusst, wie er sie nutzen soll.

Mit einem gestohlenen Automatik-Fahrzeug – "das ist am einfachsten zu fahren" – fuhren die Burschen als Gruppe auf den Kahlenberg ("dort gibt es eine schöne Aussicht"), brachen in einen Kiosk ein. Dann kam es zu einem Unfall: "Es war so kurvig, wir sind dann vor der Polizei weggefahren und sind gegen eine Mauer gefahren." Da hatten Sie Glück, das hätte schlimmer ausgehen können", bemerkte die Richterin richtigerweise an.

Als ein Lichtbild einer Überwachungskamera von einem Autohaus gezeigt wird, erkennen beide den Erstangeklagten darauf, wie er eine Autotüre öffnet. Der muss auf der Anklagebank grinsen, scheint stolz auf seinen Coup zu sein. Auf die Wahnsinnsfahrt, bei der sich ein Komplize den Arm brach, angesprochen, meinte er: "Ich würde mich heute bei ihm entschuldigen." – "Ein Auto ist wie eine Waffe, wenn man es falsch verwendet. Und Sie haben es falsch verwendet", klärte ihn die Richterin auf.

Angeklagte nahmen Sache offenbar nicht ganz ernst

Als ein junger Zeuge (ebenfalls einer der berüchtigten Systemsprenger) eintrat – er wurde 2012 geboren – mussten die Angeklagten grinsen. Alle Beteiligten schienen das Prozedere lustig zu finden, nahmen den Senat sichtbar nicht ernst. "Schauen Sie mich an", ermahnte die Richterin den kichernden Zeugen und die Angeklagten. "Reißen Sie sich zusammen", schimpfte auch die Staatsanwältin.

Weil der Bub offenbar nicht die Wahrheit sagte, wurde die Befragung abgebrochen. Auch ein weiterer Minderjährige, der in diesem Prozess als Zeuge geführt wurde, brachte keinen großen Erkenntnisgewinn. "Wissen Sie was, ich verweigere einfach die Aussage", gab er patzig zu Protokoll. Beim Herausgehen erklärte der 13-Jährige der Richterin noch herablassend, dass sie die Zeitbestätigung behalten könne.

Ein Polizist erklärte, dass die ganze Gruppe, zu denen die Angeklagten gehören, 1.500 Einbrüche verübt hätten. Der Zweitangeklagte befindet sich aktuell in U-Haft. Dort soll es zu mehreren Zwischenfällen gekommen sein.

Richterin fällt Urteil

Das Urteil: Beide Jugendliche sind schuldig. Die Schuldsprüche erfolgten wegen Dutzender Einbrüche, Widerstand gegen die Staatsgewalt, unerlaubten Gebrauchs mehrerer Fahrzeuge, Urkundenunterdrückung, schweren gewerbsmäßigen Diebstahls, Einbruchs im Rahmen einer kriminellen Vereinigung und fahrlässiger Körperverletzung schuldig gesprochen.

Der Erstangeklagte (14-Jährige) bekommt 9 Monate und zwei Wochen Freiheitsstrafe. Davon werden ihm allerdings 6 Monate und zwei Wochen bedingt nachgesehen. Der Zweitangeklagte bekommt 15 Monate teilbedingt. 5 Monate muss er tatsächlich einsitzen. "Es gab wirklich viele Einbrüche", so die Richterin in der Begründung.

Nur 5 Monate Gefängnis

Während der Urteilsverkündung kam es zu einer Störaktion. Von den Freunden der Angeklagten wurde die Tür des Saals aufgerissen. "Die wollen lustig sein", ärgerte sich ein Sozialarbeiter und hielt vor der Tür eine Standpauke. Es bleibt abzuwarten, ob die teilbedingten Strafen den Angeklagte die vollen Konsequenzen ihres Verhaltens klar machen würden. Dennoch spricht die Richterin von "strengen Bandagen". Die Urteile sind nicht rechtskräftig.

{title && {title} } red,ct, {title && {title} } 06.05.2025, 13:59
Mehr zum Thema