An sich ist Milch gesund. Sie ist reich an Kalzium, Protein, Magnesium und den Vitaminen A und D, die vor allem für unsere Knochengesundheit essenziell sind. Aber wie bei allem im Leben gilt: Die Dosis macht das Gift. Ein Zuviel kann gefährlich werden, wie ein außergewöhnlicher Fall aus den Niederlanden zeigt.
Weil er acht Tage unter Atemnot, übermäßigem Schwitzen, Harndrang und Durst gelitten hatte und sein Bauch geschwollen und aufgetrieben war, suchte ein 54-jähriger Mann aus Rotterdam (Niederlande) die Spitalambulanz auf. Zwei Tage zuvor hatte er seinen Hausarzt aufgesucht, der aufgrund eines erhöhten Blutzuckerspiegels zweimal täglich 500 mg Metformin zur Senkung desselben verschrieb, doch die Beschwerden des Patienten blieben bestehen.
Im Rahmen der Anamnese gab der Mann im Spital an, in den letzten zwei Tagen fast 22 Liter Vollmilch pro Tag getrunken zu haben, "um seinen Durst zu löschen", schreiben die Ärzte in einem Bericht über den Fall. Bei der Blutabnahme bemerkten sie, dass das Blut des Mannes blasser als normal war und "milchig zu sein schien". Sein Blutzuckerspiegel war extrem hoch: 1.350 Milligramm pro Deziliter (Normale Glukosewerte liegen normalerweise bei 70 bis 99 Milligramm pro Deziliter). Seine Triglyceride – eine Art Fett im Blut – waren mit 16.713 Milligramm pro Deziliter ebenfalls dramatisch erhöht; normale Triglyceridwerte liegen normalerweise nicht über 175 Milligramm pro Deziliter, so der Bericht.
Die Ärzte kamen zu dem Schluss, dass der Patient durch das Trinken übermäßiger Mengen Vollmilch seinen Blutkreislauf mit Fetten und Zucker überschwemmt und seine Triglyceridwerte in die Höhe getrieben hatte, was wiederum seine Bauchschmerzen verschlimmerte und seine Atmung beeinträchtigte.
Extrem hohe Triglyceridwerte können zum Chylomikronämie-Syndrom führen, einer Erkrankung, die mit Atembeschwerden und Bauchschmerzen einhergeht. Das Syndrom kann auch Gedächtnisverlust, Entzündung der Bauchspeicheldrüse und Verfärbung der Netzhaut verursachen.
Da der Blutzuckerspiegel des Mannes so hoch war, wurde er auf die Intensivstation verlegt und erhielt Kochsalzlösung und Insulin, das Hormon, das für den Transport des Zuckers in die Zellen verantwortlich ist. Seine ungewöhnlich hohen Triglyceride setzten ihn einem Risiko einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung aus, also leiteten die Ärzte einen Plasmaaustausch ein, um das überschüssige Fett zu entfernen, wodurch die Triglyceride des Patienten auf ein akzeptables Niveau gesenkt wurden.
Der Mann erhielt weiterhin Insulin und Metformin sowie ein Statin-Medikament zur Senkung des Cholesterinspiegels. Bei einem Kontrolltermin sechs Wochen später waren die Triglyceridwerte des Mannes mit 245 Milligramm pro Deziliter immer noch leicht erhöht, aber ansonsten war er bei guter Gesundheit.
Die Ärzte schätzten, dass der Patient während seines zweitägigen Milch-Exzesses aufgrund des Nährwerts von Vollmilch wahrscheinlich 1.980 Gramm Zucker und 1.496 Gramm Fett zu sich genommen hatte. Zum Vergleich: Die empfohlene Tagesmenge an Zucker für erwachsene Männer beträgt 36 Gramm, und die tägliche Aufnahme gesättigter Fette, wie sie in Vollmilch enthalten sind, sollte auf weniger als 22 Gramm begrenzt werden.
Als Folge seiner Maßlosigkeit sei der astronomische Anstieg der Triglyceridwerte des Patienten "einer der höchsten, der jemals gemeldet wurde", schrieben die Ärzte.