Ratgeber

3 goldene Regeln, um eine Kuh-Attacke zu vermeiden

Wer sich im Weidegebiet bewegt, wird früher oder später auf Rindviehherden treffen. Damit nichts passiert, gilt es, einige Regeln zu beachten.

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Kühe sind friedfertige Wesen – außer sie fühlen sich bedroht.
Kühe sind friedfertige Wesen – außer sie fühlen sich bedroht.
picturedesk.com/Ernst Weingartner

Die Sommerferien stehen vor der Tür. Aufgrund der Corona-Situation zeichnet sich diesen Sommer eine Zunahme der Gästezahl auf den heimischen Almen durch Wanderer, Biker, Spaziergänger und weitere Erholungsuchende ab. Das führt zwangsläufig zu vermehrten Begegnungen zwischen Menschen und Rinderherden – und das kann tödliche Folgen haben, wie der Fall jener Urlauberin zeigt, die 2014 im Tiroler Stubaital von Kühen totgetrampelt wurde. Der folgende Rechtsstreit der Hinterbliebenen gegen den Landwirt, dem schließlich vom OGH eine Teilschuld an dem Unglück bescheinigt hatte, hat weit über die Grenzen Österreichs hinaus hohe Wellen geschlagen. 

Trotzdem scheint vielen Wanderern und Urlaubern die Gefahr, die von Kühen ausgehen kann, immer noch nicht bewusst zu sein, oder von ihnen einfach ignoriert zu werden. Im Voldertal in Tirol hatte eine Frau ihre Hunde ohne Leine über eine Alm laufen lassen. Die Situation entgleiste, als die Vierbeiner auf die dort grasenden Kälber losgingen und diese über die Weide hetzten. Zum Glück für die Wanderin waren zu dem Zeitpunkt keine Muttertiere in der Nähe.

➤ Rinder sind grundsätzlich friedliche Tiere mit ausgesprochenem Familiensinn. Doch besteht für ihren Nachwuchs eine Gefahr, dann rückt die ganze Herde zur Verteidigung zusammen. Kommen dann Menschen – vor allem in Begleitung von Hunden – den Kälbern zu nahe, kann dies als Bedrohung wahrgenommen werden.

Auch in der benachbarten Schweiz hätten Landwirte bereits feststellen müssen, dass vermehrt Personen unterwegs seien, die sich gegenüber der Bewirtschaftung rücksichtslos verhielten, Hinweise ignorierten und wenig Verständnis aufbrächten, warnt die eidgenössische Beratungsstelle für Unfallverhütung in der Landwirtschaft. 

Doch es gibt drei einfache Verhaltensregeln, die bei einer Begegnung mit einer Rinderherde mehr Sicherheit bringen:

1
Distanz halten

Rinder haben wie Menschen eine Individualzone bzw. eine Sicherheitsdistanz. Wird diese unterschritten und fühlt sich das Tier dadurch bedroht, kann dies Verteidigungsreaktionen auslösen.

Generell kann gesagt werden, dass sich der Mensch innerhalb der Individualzone des Rindes befindet, wenn es seine aktuellen Tätigkeiten wie Fressen, Wiederkäuen oder Ruhen unterbricht und den Menschen plötzlich sehr aufmerksam beobachtet.

Besser Abstand halten.
Besser Abstand halten.
picturedesk.com/Ernst Weingartner

Wird die Sicherheitsdistanz weiter unterschritten, können auch Warnreaktionen wie Schnauben, Kopfschütteln oder Scharren hinzukommen, bevor die eigentliche Verteidigungsreaktion ausgelöst wird.

➤ Generell gilt es also, außerhalb der Sicherheitsdistanz zu bleiben, einen großen Bogen um die Herde zu machen und den Tieren so zu vermitteln: "Alles gut – ich bin keine Gefahr!"

2
Kälber nicht berühren

Eltern werden sofort reagieren, wenn ein unbekannter Mensch einfach das Kind im Kinderwagen oder auf dem Spielplatz anfasst. Genauso heftig wird auch eine Kuhmutter reagieren, wenn fremde Menschen auf ihr Kalb zugehen.

Daher gilt: Besonders um Kälber einen großen Bogen machen und nicht zwischen Kühen und Kälbern hindurchgehen. Generell sollten auch erwachsene Tiere nicht berührt und nicht gefüttert werden.

➤ Allein durch Schlenkern des Kopfes, um eine Fliege zu vertreiben, kann ein Rind im ungünstigsten Fall einen Menschen heftig verletzten.

3
Hunde an die Leine nehmen

Hunde werden – unabhängig ihrer Rasse – durch ihr Aussehen und ihr Bewegungsmuster von Rindern als potenzielles Raubtier eingeschätzt. Der Begleithund muss daher möglichst unauffällig, ruhig und in großer Distanz an der Rinderherde vorbeigeführt werden. Auf das Baden lassen in Tränken o.ä. ist zu verzichten.

Keinesfalls darf der Hund im Bereich der Herde frei laufen gelassen werden – denn auch wenn dies vielleicht beim eigenen Hund noch gut ausgeht, kann sich das dadurch aufgebaute Verteidigungsverhalten gegen die nächste Person mit oder ohne Begleithund richten. Im Zweifelsfall wird geraten, umzukehren und in Hundebegleitung eine alternative Route zu wählen.

➤ Besonders in Gebieten mit Großraubtiervorkommen (etwa Wölfe oder Bären) kann es sein, dass Rinderherden massiv stärker auf Hundebegleitung reagieren.

1
Verhalten im Notfall

Das Risiko eines Zwischenfalls ist eigentlich gering – wenn die drei obigen Regeln korrekt umgesetzt werden. Sollte es doch zu einer Notsituation komme, sei es wichtig, der Herde möglichst rasch, jedoch ohne zu rennen, und ruhig Platz zu machen, sich aus deren Sicherheitsdistanz zurückzuziehen und bei Bedarf hinter einem Zaun oder Ähnlichem Schutz zu suchen.

In unebenem Gelände empfiehlt es sich, hangaufwärts zu flüchten. Ein zu Boden geworfener Gegenstand wie eine Jacke kann die Aufmerksamkeit der Tiere kurzfristig von der Person ablenken und damit wertvolle Sekunden zur Rettung verschaffen. In Hundebegleitung richtet sich das Verteidigungsverhalten der Herde in erster Linie immer auf den Hund. Er sollte daher im Notfall sofort von der Leine gelassen werden, damit er flüchten kann, während man sich selbst zurückzieht und Schutz sucht.

Leider komme es in diesen Situationen jedoch oft dazu, dass der verängstigte Hund Schutz bei seinem Menschen suche und damit die aufgebrachte Herde zurückbringe. Keinesfalls darf der Hund in einer solchen Situation auf den Arm genommen werden – im Notfall gilt es immer, den Hund möglichst von sich fernzuhalten. 

"Vergesst's den Hund"

Auch Schauspieler Tobias Moretti (60), der selbst Almbauer ist, empfahl in einem Erklärvideo Hundehaltern, in Notsituationen die Leine loszulassen: "Vergesst's den Hund, der überlebt schon irgendwie. Wenn nicht, dann hat er halt Pech gehabt... aber das ist immer noch besser, als wenn ich selber hin bin, oder?"