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8 Titel auf 4 Kontinenten! "Ich bin der Bambikiller!"

Er ist Österreichs Wrestling-Aushängeschild, ein internationaler Superstar! Wir haben "Bambikiller" Chris Raaber zum Interview getroffen.

Heute Redaktion
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Chris "Bambikiller" Raaber ist Österreiches Wrestling-Aushängeschild Nummer eins! Er gehört zur absoluten Elite in Europa und hält acht Weltmeistertitel auf vier Kontinenten. Seit knapp 20 Jahren dominiert der 35-Jährige die Wrestling-Ringe rund um den Globus. Die 1,92m-Kampfmaschine aus der Steiermark wird mit Wrestling-Größen wie Rey Mysterio und Alberto El Patron in den nächsten Tagen durch Österreich touren.

Wir haben uns vor dem großen "Catch Wrestling World Grand Prix" mit dem Finale in Wien (2. September im Hallmann-Dome) mit dem Steirer zu einem ausführlichen Interview getroffen. Dabei erzählt uns der "Bambikiller", wie er zu seinem Namen gekommen ist, wie oft er trainiert und was er in seiner spärlichen Freizeit so treibt. Außerdem gibt es tiefe Einblicke in die Realität des Wrestling-Business.

"Heute": Chris, erzähl uns bitte zuerst einmal etwas über den bevorstehenden World Grand Prix mit dem großen Finale in Wien!

Chris "Bambikiller" Raaber: Das Event erstreckt sich über vier Tage und geht los in Salzburg, dann in Klagenfurt. Die Semifinali sind in Leibnitz und das Finale in Wien. Zusätzlich planen wir weitere Highlight-Matches. Mein WM-Titelkampf wird zum Beispiel in Leibnitz gegen Alberto El Patron sein, in Wien gibt es dann hoffentlich ein Käfig-Match, wenn alles gut geht. Die Stars sind weitgehend schon bekannt, Rey Mysterio ist sicherlich neben Alberto der größte Name. Wir sind sehr happy, dass wir das veranstalten können.

Wie kam es zu dem Kampf gegen Alberto el Patron?

Alberto ist ein Freund aus meiner WWE-Zeit, da haben wir in Tampa sehr viel gemeinsam unternommen. Letztes Jahr hat er mich herausgefordert, jetzt ist es dann soweit. Ich muss aber gerade im Training sehr aufpassen, weil ich mir innerhalb kurzer Zeit zwei Mal den Ellbogen gebrochen und die Trizeps-Sehne gerissen habe. Einmal ist es sogar in einem Fight mit Alberto passiert, das war in Katar, da ging es auch um einen WM-Titel. Jetzt habe ich immer den Ellbogen dick eingebunden, da darf ich auch ja nicht mit zu viel Gewicht hantieren, dass nichts passiert. In Wien hoffe ich dann wirklich auf einen Käfig-Kampf, wenn die Behörden mitspielen. Das ist ein bisschen kompliziert. Wenn es klappt, dann wird es aber der klassische WWF-Käfig, nicht so ein Hendlkäfig, wie in der aktuellen WWE. Wehtun tut beides, aber ich will das Hulk Hogan-Feeling.

Wer ist dein großes Idol?

Vom Können her, war es immer Fit Finlay. Den haben immer alle gehasst, aber ich fand ihn grandios. Ich habe mir mit zehn Jahren sogar ein eigenes Leiberl im Copyshop machen lassen. Grad in Wien haben mich die Leute angespuckt und Bier draufgeschüttet, weil Finlay so verhasst war. Vom österreichischen Standpunkt her ist es aber klar Otto Wanz. Er hat mich immer unterstützt und gefördert. Es ist nicht nur das, was man im Ring tut, sondern wie man sich im Drumherum verhält. Wie man zu den Kollegen, den Veranstaltern und den Fans ist, da habe ich sehr viel von ihm gelernt, er war ein super Mentor. Aber auch aktuelle Größen, wie zum Beispiel AJ Styles (Anmerkung: Heute-Redakteur hatte ein AJ-T-Shirt an) sind großartig, er ist sogar ein Freund von mir. Er ist eh sehr lieber, angenehmer Typ. Die größten Stars sind meistens die angenehmsten. Auch zum Beispiel Rey Mysterio oder Randy Orton. Es sind eher die Leute, die glauben, dass sie große Stars sind, die dann ein wenig mühsam sind.

Also herrscht da im Business auch ein Respekt vor eher unbekannteren Namen?

Immer wenn ich bei der WWE war, waren die Typen sehr nett. Die Leute sehen aber nicht den Österreicher, sondern die sehen, was man erreicht hat. Das zählt viel mehr. Was Europa betrifft, da können mit mir nicht viele mithalten können mit mir. Ich lebe seit 20 Jahren von dem Sport und habe über 38 Länder bereist. Noch niemand hat acht WM-Titel zur selben Zeit auf vier Kontinenten gehalten, das zählt halt auch. In Japan zum Beispiel wäre es undenkbar, dass ich mit irgendwelchen Youngsters trainiere, die werden raus geschickt, wenn ich ins Gym komme. Mich würde das nicht stören, aber dort ist die Kultur so. Die Young Boys tragen dir die Tasche in die Kabine, bringen dir etwas zu Essen, holen sogar die Schmutzwäsche aus dem Hotelzimmer und waschen sie. Das ist ihr Weg, um sich nach oben zu arbeiten. Respekt ist die größte Tugend im Geschäft, das ist auch die erste Sache, die ich meinen Schülern lerne.

Was nimmt man aus so großer internationaler Erfahrung mit?

Japan ist immer wieder geil! Im November bin ich wieder dort. Japanisches Wrestling hat einen sehr intensiven Stil. In drei Wochen hast du 15 Kämpfe, dazu kommt das Reisen im Tour-Bus oft sechs bis acht Stunden von A nach B. Da ist man am Ende schon sehr froh, wenn man sein Kuvert bekommt und du weißt, okay morgen fliege ich wieder nach Hause. In Südamerika herrscht wieder ein anderer Stil, das Lucha Libre ist nicht so meins, aber ich bin halt kein Highflyer. Trotzdem war ich in Kolumbien und Ecuador, Alberto hat mir jetzt auch eine Sache in Mexiko vermittelt.

Du hast ja auch eine Zeit lang bei der WWE verbracht. Wer war da der beste Wrestler gegen den du angetreten bist?

Alberto Del Rio, jetzt heißt er El Patron, war sicherlich der Beste, aber auch Bray Wyatt, Ryback, Curtis Axel, Bo Dallas, Wade Barrett und Sheamus die waren alle bei uns in der Entwicklungsliga in Florida.

Was denkt man sich, wenn man solche Namen jetzt in großen PPVs sieht?

Ich hätte auch mit dabei sein können, aber es war meine Entscheidung wieder zurückzukommen. Die WWE hat mir damals einen Vertrag angeboten, sie suchen den nächsten John Cena oder Randy Orton, da denkt man sich zuerst einmal: Na passt! Nach drei Wochen Training hieß es, dass ich nach ein bisschen Tour und Live-Show ein Gimmick fürs TV bekomme. In den drei Wochen habe ich aber nichts machen dürfen, nur Sessel hinstellen und Ring aufbauen. Dann habe ich gesagt: Hey, dafür habe ich nicht unterschrieben! Die WWE war aber auch nicht ganz das, was ich machen wollte. In Amerika ist man eine Nummer. Entweder sie benutzen dich als Person oder nicht. Für viele Wrestler reicht das und ist das Optimum, weil du jeden Montag deinen Minimum-Scheck bekommst. Aber für mich ist das nicht genug. Es schaffen leider nur einige wenige zu WWE-Weltruhm, die meisten bleiben aber auf der Strecke.

Du hast sicher mitbekommen, wie es der WWE-Legende Ric Flair grad geht...

Wir haben vorher gerade darüber gesprochen mit meinen Schülern. Ich habe ihn ein paar Mal getroffen. Mit seinem Sohn David habe ich gemeinsam bei Dory Funk Junior trainiert. Sechs Camps haben wir gemeinsam dort absolviert. So wie der Ric sein Leben gelebt hat, hat er sicher schon ein paar Leben verbraucht. Ich hoffe doch sehr, dass er das übersteht. Es wäre ein herber Verlust für die Wrestling-Welt. Er war auch so ein Vorbild, egal was er gemacht hat, da habe ich mir gedacht: Oida! Einfach Geil! Er war halt aber auch der erste an der Bar und der letzte, der heimgeht und das jeden Tag.

Kannst du mir deinen ganz normalen Alltag als österreichischer Wrestler beschreiben?

Meistens läutet um neun Uhr der Wecker, dann gibt's ein Frühstück mit der Familie. Danach geht es zu Training. Wenn ich nicht gerade auf Tour bin, versuche ich so viel Zeit, wie möglich mit meinem Sohn und der Familie zu verbringen. Wenn ich immer wieder vier Wochen weg bin, das summiert sich einfach alles. Wenn ein großer Kampf ansteht, dann wird gleich zwei Mal am Tag trainiert. Ich gehe zum Beispiel überhaupt nicht Laufen oder Radfahren, obwohl es mir sicher nicht sschaden würde. Ich mache das alles im Ring, In-Ring-Cardio! Ich gehe oft mit sechs Schülern in den Ring, da habe ich immer einen frischen Gegner, das brauche ich. Ich habe aber Asthma, da muss ich schon auch aufpassen. Ring- und Kraft-Training hält sich an Wichtigkeit die Waage. Ahja und ganz wichtig: Ich koche sehr gerne. Dafür nehme ich mir auch die nötige Zeit.

Kannst du vom Wrestling leben?

Wenn man nur in Österreich antritt, dann reicht es nicht. Aber, wenn man gewillt ist zu reisen, dann zahlt sich das schon aus. Wenn man sich ein bisschen einen Namen gemacht hat, dann kontaktieren die Promotions einen selbst. Ich habe zum Beispiel x-mal WWE-Tryouts abgelehnt. Es kommt auch immer wieder vor, dass man direkt bei Events von Veranstaltern kontaktiert wird. Dazu gibt es eine ganz besondere Geschichte: Bei einem Kampf in Japan habe ich mir direkt nach zwei Minuten den Knöchel gebrochen, habe aber 20 Minuten weiter gekämpft. Danach hat mich der Chef von Zero1, eine der größten Promotions in Japan, angesprochen. Ich wusste nicht, wer er ist, aber er hat mich gefragt, wie es dem Knöchel geht. Ich habe mich nicht getraut den Stiefel auszuziehen, weil es so geschwollen ist. Er hat nur gemeint, ob ich, sobald die Verletzung ausgeheilt ist, für ihn kämpfen mag. Der Fighting-Spirit hat ihn einfach beeindruckt. So bin ich dann zu meinem ersten WM-Titel in Japan gekommen. Man muss sich schon ein Standing erarbeiten, dann wissen die Booker schon, wer du bist.

Wie bist du eigentlich zu deinem Namen Bambi-Killer gekommen?

Als ich mit 15 mit dem Wrestling begonnen habe, wollten mich die alteingesessenen Veteranen nicht. Ich war ihnen zu jung und zu schmächtig. Irgendwann hat einer von ihnen gemeint: Das einzige, was du vielleicht besiegen kannst, ist vielleicht ein kleines Reh. Ich habe das nicht einmal böse aufgenommen, aber von da an war ich der Bambi-Killer. Ich kann mich noch an meinen ersten Kampf erinnern, wie mich der Ringsprecher angesagt hat, haben 800 Leute über den Namen gelacht. Am liebsten hätte ich gleich wieder umgedreht, aber in allen Newslettern ist mein Name drin gestanden. Als Chris Raaber wäre das nie passiert. Jeder nennt mich seitdem Bambi, sogar meine Frau und mein Sohn. Wenn ich in Amerika, Japan, Afrika, egal wo anrufe, melde ich mich als Bambi, das ist meine Trademark.

Bei uns in Österreich ist das Wrestling auch wieder im Vormarsch, wie schätzt du die Lage ein?

Früher hat es ja bei uns auch einen Boom gegeben mit dem Heumarkt und ähnlichen Sachen. Als dann der amerikanische Markt zu uns herüber geschwappt ist, war das dann alles nicht mehr gut genug. Aber jetzt kommt das schön langsam wieder zurück. Viele, die früher Wrestling geschaut haben, beginnen sich wieder für die heimischen Events zu interessieren. Es ist ja eigentlich unglaublich, dass ein Star wie Rey Mysterio selbst von sich aus gesagt hat, dass er gerne bei der Österreich-Tour dabei sein will.

Zum Schluss eine kleine Insider-Frage: Stimmt es, dass immer derjenige durch den Tisch fliegt, der ihn selbst aufgestellt hat?

Zuerst muss ich sagen, dass das Hardcore-Wrestling nicht so ganz mein Ding ist. Klar müssen hin und wieder Sessel und Tische dran glauben, das begeistert die Leute auch. Aber dieses extreme Zeug mit Leuchtröhren, Fleischhaken, was teilweise jetzt einen neuen Boom erlebt, das verstehe ich nicht. Da braucht man kein Wrestler sein, sondern einfach nur ein Typ mit geringer Schmerztoleranz. Leiter-Matches zum Beispiel sind auch sehr gefährlich, das schaut im TV immer sehr einfach aus, aber so eine Baumarkt-Leiter hat doch ihre 14 Kilo. Da darf nicht viel passieren, sonst kann man sich schwer verletzen. Genauso sind es auch ganz normale Klappstühle, da muss man schon einiges aushalten. Dazu habe ich auch eine Anekdote. Ich war in einer TV-Show in Ägypten zu Gast mit dem Samoaner Alofa, das Studio war komplett weiß, die Couch, der Teppich, einfach alles. Der Verrückte hat es dann lustig gefunden, mir am Ende einen Sessel überzubraten. Ich habe ein Cut erlitten und alles angeblutet. Elf Millionen Haushalte haben das live im TV gesehen, die Leute haben teilweise die Polizei gerufen. Ich bin dann komplett blutig zurück ins 5-Sterne-Hotel gefahren, die haben geblaubt, dass ich brutal überfallen worden bin. Wie Alofa dann zu mir ins Hotelzimmer gekommen ist, habe ich ihm das Cut gezeigt und er ist kas-weiß geworden. Auch die Klapp-Tische sind ganz normale Tische, aber ich kann das nicht bestätigen, dass es stimmt, dass immer der durchfliegt, der ihn selbst aufstellt. Aber ich werde das nochmal genau überdenken, vielleicht stimmt deine Theorie ja doch. Im TV sind es verdächtig viele Fälle, die so enden. Aber bei meinem letzten Kampf weiß ich, dass ich durch einen Tisch geschleudert wurde, den ich nicht selbst aufgestellt habe, der ist schon so dort gestanden. (lacht)

Danke für das Interview und viel Erfolg beim Catch Wrestling World Grand Prix!