Am 27. April ist es so weit: Die Hauptstadt wählt einen neuen Gemeinderat sowie einen neuen Landtag. Neue Zahlen der Statistik Austria zeigen nun: Über 64 Prozent (fast zwei Drittel!) der in Wien lebenden Arbeiter sind aufgrund ihrer Staatsbürgerschaft nicht wahlberechtigt. Die Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch kritisiert, dass "hart arbeitende Menschen an den Rand der Demokratie gedrängt werden".
"Gerade mal ein Drittel der in Wien ansässigen Arbeiterinnen und Arbeiter dürfen noch mitwählen. In einigen Branchen sind sogar 80 Prozent des Personals ohne Wahlrecht. Damit ist die Wien-Wahl nur noch bedingt repräsentativ für die Wiener Bevölkerung", warnt SOS Mitmensch-Sprecher Alexander Pollak vor einer zunehmenden Demokratie-Schieflage."Der Rekord-Wahlausschluss in Wien steht für zunehmende soziale Ausgrenzung. Wir wollen dieser Entwicklung nicht tatenlos zuschauen. Daher geben wir Menschen ohne österreichischen Pass im Rahmen unserer 'Pass Egal Wahl' an mehr als 40 Standorten in Wien die Möglichkeit, zumindest symbolisch ihre Stimme abzugeben. Wir zeigen, dass eine sozial faire und inklusive Demokratie wichtig und auch möglich ist", erklärt Pollak.
Bei der Gemeinderatswahl haben laut neuen Zahlen der Statistik Austria rund zwei Drittel kein Stimmrecht. Der Grund: Die Staatsbürgerschaft. Für manche Berufsgruppen sehen die Zahlen noch dramatischer aus. 81,3 Prozent des Reinigungspersonals dürfen nicht mitwählen, auch 76,5 Prozent der Hilfsarbeiter am Bau sind von der Wahl ausgeschlossen. Im Bereich personenbezogener Dienstleistungen haben in Wien knapp 50 Prozent des Personals kein Stimmrecht, im Handel sind es 41,4 Prozent. Insgesamt sind in Wien 36,2 Prozent der unselbständig Erwerbstätigen ohne Wahlrecht bei der Gemeinderatswahl.
Die größte Hürde sei laut SOS Mitmensch der restriktive Zugang zur Staatsbürgerschaft, Österreich bilde hier im Europa-Vergleich das Schlusslicht. SOS Mitmensch verweist darauf, dass gemäß AMS-Gehaltskompass das Einstiegsgehalt sogar bei Vollzeitbeschäftigung bei rund 1.600 Berufen nicht ausreiche, um unter der Annahme durchschnittlicher Wohnkosten als Alleinerhalter:in einer Familie die Einkommenshürde für die Einbürgerung zu überspringen. In 115 Berufen schaffe man bei Vollzeitbeschäftigung auch die Einbürgerungshürde für Einzelpersonen nicht, so die Menschenrechtsorganisation.